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Die Last der Schuld

Die Last der Schuld

Titel: Die Last der Schuld
Autoren: Shannon K. Anja; Butcher Hackländer
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versteh ich nicht.«
    Lana hatte niemandem erzählt, dass er zugleich der Mann war, der ihre Folter tatenlos mit angesehen hatte, anstatt etwas dagegen zu unternehmen. Als verdeckter Ermittler hatte er herauszufinden versucht, welche Grundschule die Terroristen in die Luft jagen wollten. Er hatte seine Tarnung nicht aufgeben können, nur um sie oder einen anderen Amerikaner ihrer Gruppe zu retten. Hätte er das versucht, wären womöglich Hunderte von Kindern gestorben.
    Lana konnte durchaus nachvollziehen, dass er keine andere Wahl gehabt hatte, und hätte er sie damals gefragt, ob sie bereit wäre, für diese Kinder zu leiden, so hätte sie, ohne zu zögern, Ja gesagt. Doch das hieß noch lange nicht, dass sie diesen Mann wiedersehen wollte, um all den Horror und die Schmerzen erneut zu durchleben.
    Ihr Leben wandte sich allmählich zum Besseren. Zwar keineswegs gut, aber immerhin akzeptabel. Sie konnte im Moment keinerlei Rückschläge verkraften – sie mochte nicht daran erinnert werden, was sie diese drei Tage gekostet hatten.
    Â»Die Sache ist ziemlich kompliziert.« Lana verschluckte sich fast an dieser maßlosen Untertreibung.
    Â»Was will er hier?«
    Â»Ich hab keine Ahnung. Aber er wird es mir sicher verraten, sobald wir allein sind.« Schon bei dem Gedanken erfasste sie eine böse Vorahnung, die sie innerlich erschaudern ließ. Sie wollte nicht mit ihm allein sein. Die Situation erinnerte sie zu sehr an jene Zeit im Krankenhaus, erfüllt von Schmerz und Angst, als er ihre Rettungsleine gewesen war. Sie wollte sich nicht an diesen dunklen Ort zurückbegeben. Niemals. Nicht einmal in Gedanken.
    Â»Er sieht nicht gerade danach aus, als wäre er gern hier«, sagte Stacie.
    Â»Nein, weil er nicht dumm ist.«
    Â»Soll ich ihn für dich abwimmeln?«
    Â»Wenn ich der Meinung wäre, dass du das könntest, würde ich das Angebot dankbar annehmen, aber ich fürchte, das wird nicht funktionieren. Ich werde mir anhören, was er zu sagen hat, und dann soll er von hier verschwinden.«
    Â»Ich wollte sowieso noch ein paar Dinge erledigen«, verkündete Stacie entgegenkommend. »Aber nur, wenn du wirklich mit ihm allein sein willst.«
    Sie wollte keineswegs mit ihm allein sein, aber die starre Linie seines Kiefers ließ darauf schließen, dass Caleb nicht verschwinden würde, bevor er seinen Teil gesagt hatte. Und je schneller sie ihn loswürde, umso besser. »Geh nur«, erwiderte sie. »Ich komme schon klar.«
    Lana begleitete Stacie aus dem Lagerraum. Caleb stand immer noch genau so da, wie sie ihn zurückgelassen hatten. Er sah sie mit feierlicher Miene an, und Lana musste ihren Blick erneut abwenden. Sie wusste nicht, wie sie die nächsten fünf Minuten überleben sollte, aber sie wusste, sie würde es irgendwie schaffen. Ihr Genesungsprozess hatte sie diese Lektion immer wieder aufs Neue gelehrt.
    Stacie machte sich hastig aus dem Staub, und Lana steuerte auf die Kaffeemaschine zu. Sie konnte diesem Mann nicht gegenübertreten, ohne sich vorher zumindest mit Koffein vollzupumpen. Sie schüttete sich eine Tasse Kaffee ein und machte auf dem Absatz kehrt, um zu ihrem Schreibtisch zurückzugehen, als sie um ein Haar gegen seine muskulöse Brust gerannt wäre. »Verdammt noch mal! Schleichen Sie sich nicht so an!«
    Â»Entschuldigung, Madam.« Er trat einen Schritt zurück, doch sie fühlte sich immer noch von ihm bedrängt. Dieser Mann hatte wirklich die Gabe, einen Raum mit seiner Präsenz auszufüllen.
    Lana schauderte, als er sie erneut Madam nannte. So nannten die Leute für gewöhnlich ihre Mutter, und Lana wollte nicht wie ihre Mutter behandelt werden. »Nennen Sie mich Lana.«
    Â»Lana«, wiederholte er, doch zu ihrer Bestürzung klang dies nur noch schlimmer. Zu hören, wie seine tiefe Stimme ihren Namen sagte, erfüllte sie mit düsteren Erinnerungen voll Qual und Schrecken. Sie wurde in jene furchtbare Zeit im Krankenhaus katapultiert, als um sie nichts existierte außer ihrem Schmerz und dem Klang seiner Stimme, die ihren Namen sprach. Sie spürte erneut jene Höllenqual, die ihr fast den Verstand geraubt hatte. Sie roch den Gestank der Klinik, ihr Blut, die Wärme seiner Haut. Sie sah nichts als Schwärze – ein gieriger Rachen, der sie mit Haut und Haaren zu verschlingen drohte.
    Eine nur allzu bekannte Welle von Panik stieg in ihr auf.
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