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Die Kundschafter

Die Kundschafter

Titel: Die Kundschafter
Autoren: Hans Kneifel
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gewählten Richtung weiter. Immer wieder sahen sie in der Entfernung einzelne Bauernhöfe. Noch waren die meisten Äcker und Felder gut bewirtschaftet und teilweise abgeerntet. Wenn erst die Mehrzahl der Krieger und Söldner Corians auf ihrem Marsch zum Hochmoor hier vorbeigekommen waren, würde es anders aussehen.
    Einmal sagte der Barde: »Mir fällt kein Lied ein. Und schon gar kein fröhliches.«
    »Es ist die verdammte Stimmung«, meinte Cesano grämlich. »Nun, vielleicht gibt uns heute ein Bauer etwas von seinem Bier.«
    Mythor sah weit voraus, anscheinend an einem dreieckigen, hellen Felsen angelehnt, eine geduckte Gruppe strohgedeckter Häuser. Aus einigen Kaminen stiegen dünne Rauchsäulen auf.
    »Der Hof liegt auf unserem Weg!« meinte Buruna. »Endlich einmal wieder ruhig schlafen.«
    Wenn es ein größerer Bauernhof war, würde es dort mehr Männer geben. Also würden sie vor den acht Wanderern keine Angst haben. Dieser Umstand und die Tatsache, dass sie mit Silber und Gold zahlen konnten, waren hilfreich und versprachen tatsächlich eine ruhige Nacht. Auch die Tiere hatten Ruhe nötig.
    »Sieht gut aus!« bemerkte Lamir. »Sehr friedlich!«
    »Hoffen wir's!«
    Die Pferde und selbst das schwarze Einhorn schienen den Stall, das Heu und die Nähe friedlicher Menschen zu wittern. Sie wurden ohne Zutun der Reiter schneller und streckten die Hälse. Die Reiter sahen hinter Zäunen, Gattern und dichten Reihen beschnittener Büsche hektische Bewegungen. Einige Frauen trieben Getier in die Ställe. Männer spähten in die Richtung der kleinen Gruppe. Undeutliche Schreie ertönten.
    Viele schmale Pfade vereinigten sich und bildeten schließlich einen breiten, schlammigen Weg, der über die schmale Bohlenbrücke bis zu dem Viereck zwischen den Hausfronten führte. Die Hufe erzeugten einen harten, dröhnenden Wirbel auf den Holzbalken. Mythor sprang ab und ging auf die drei Männer zu, die sich vor dem breitesten Eingang mit Äxten in den Händen aufgestellt hatten. Die Bauern starrten ihn finster an.
    Mythor breitete die Arme aus, zeigte den Männern die Handflächen und sagte höflich: »Wir bitten um ein Nachtlager, und vielleicht dürfen wir an euren Tischen essen. Wir bezahlen mit Silbermünzen, und zwar vorher. Und wenn euch Söldner überfallen, kämpfen wir mit euch gegen sie. Wir...«
    »Ihr seid keine Söldner? Woher kommt ihr?«
    »Von Burg Anbur, von Graf Corian. Wir hassen die Caer und ihre Dämonenpriester nicht weniger als ihr. Wir kämpfen auch gegen sie. Aber wir kämpfen für uns selbst, nicht im Lohn anderer.«
    Der älteste Bauer trug einen weißen Bart, in den er schwarze Steine eingeflochten hatte. Er stellte die blitzende Axt mit einem krachenden Geräusch auf die Steinschwelle des Hauses, hielt Mythor die geöffnete Hand entgegen und sagte: »Wenn eure Worte die Wahrheit sind, so waren sie gut gesprochen. Drei kleine Silbermünzen, und ihr könnt alles haben, was ihr braucht.«
    In dem Augenblick, als Mythor die Münzen in die Hand des Ältesten legte, veränderte sich die Szene vor den Gehöften. Knechte und Mägde erschienen und kümmerten sich um die Tiere, ebenso wie um die Gäste.
    Mythor schnippte mit den Fingern und schrie zum Schneefalken hinauf: »Lass die Tauben in Ruhe! Und du…«, er wandte sich an Hark, der seinen Hinterlauf an einem Zaunpfahl hob, »...erschreckst weder die Menschen noch die Hunde. Nur wenn Söldner kommen, heulst du. Verstanden?«
    Hark hob den Kopf, stieß ein schauerliches Heulen aus und verschwand im Gebüsch. Die Knechte schirrten die Pferde aus, aber beim Anblick des Einhorns wussten sie nicht, was zu tun war.
    Mythor führte Pandor in die große Scheune, in der letzte Sonnenstrahlen die tanzenden Staubkörner auffunkeln ließen.
    *
    Daren, so hieß der Älteste der Bauernsippe, war auf seine Weise ein Mann voller Erfahrung und Klugheit. Er stützte die Ellbogen schwer auf den mächtigen, weißgescheuerten Tisch und sagte: »Es ist so bei allen Bauern seit Anbeginn der Geschichte. Wir wären reich wie die Fürsten und wohlgenährt wie die Herrscher, wenn...«
    »Wenn?« fragte Gapolo ruhig. Jeder von ihnen hatte einen großen Becher bitteres, fast schwarzes Bier vor sich stehen. In den Holzschalen dampfte eine braune Suppe, die nach geschmortem Fleisch und zahlreichen frischen Würzkräutern roch. Lamir zog seinen spitzen Dolch und rammte ihn vor sich in die Tischplatte.
    »Wenn nicht ein einzelner Mann, ein einfacher Bauer, immer das Spielzeug wäre.
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