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Die Kundschafter

Die Kundschafter

Titel: Die Kundschafter
Autoren: Hans Kneifel
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geröteten Schnüre gedankenlos aus seiner Hand herunterhängen und warf einen, wie es schien, angsterfüllten Blick auf Buruna. »Wir kommen aus Ugalos. Wir sind Bußgänger«, sagte der Mann fast trotzig.
    »Noch lange kein Grund, sich gegenseitig blutig zu schlagen«, bemerkte Mythor finster.
    »Wir geißeln uns, um das Böse zu vertreiben. Wir gehen zu den Caer-Priestern. Ich bin Anid Levere, und meine Schwären schmerzen.«
    »Mich schmerzt, wenn ich daran denke, dass ihr jetzt beinahe in einem brennenden Wald umgekommen wäret«, sagte Buruna vorwurfsvoll. »Könnt ihr mit den Peitschen auch noch etwas anderes bewirken als blutige Striemen?«
    »Wir haben das gelbe Fieber. Es kam über uns. Die Bauern...«, begann Levere.
    Mythor schnitt ihm mit einer Handbewegung die Rede ab. »Die Bauern fürchten sich vor euch. Vor dem Fieber und vor eurem selbstquälerischen Aufzug. Wir kamen noch rechtzeitig. Ist Ugalos vom gelben Fieber betroffen?«
    Anid stieß hervor: »Wir warteten nicht, bis alle gestorben waren. Wir sind schon lange unterwegs. Wir hungern und haben lange nicht geschlafen.«
    »Ihr werdet die Caer nicht erreichen«, sagte Mythor und erkannte, dass sich die Bauern abermals drohend zusammenrotteten. Es waren etwa zwei Dutzend, mit abenteuerlichen Geräten bewaffnet. Der junge Mann wies auf die Bauern und sagte entschieden: »Sie werden euch etwas zu essen geben. Sicher nicht gern. Ihr werdet versprechen müssen, dass ihr euch dem Vieh und den Höfen nicht nähert.«
    Mit dem Wolf an seiner Seite ritt er auf die Bauern zu und an der Kette seiner Freunde vorbei, die sich schützend zwischen den beiden Gruppen aufgestellt hatten. Hinter ihm galoppierte die Frau mit den wippenden dünnen Zöpfen. Die Bauern starrten die Ankommenden schweigend an.
    »Hört zu, Landleute«, sagte Mythor schroff, »es ist nicht gut, wenn besonnene Männer arme Kreaturen töten. Sie sind krank. Sie haben versprochen, sich euch nicht zu nähern. Gebt ihnen etwas zu essen! Legt es weit von ihnen entfernt nieder, dann steckt ihr euch nicht an.«
    »Herr«, sagte der Bauer trotzig mit rauer Stimme. »Wir wissen nicht, wer du bist. Deine Worte klingen, als wüsstest du etwas. Wir alle sterben, wenn wir einen solchen Aussätzigen anfassen.«
    »Sie ziehen nach Darain, den Caer entgegen«, sagte Mythor. »Vermutlich werden sie die Caer eher anstecken als euch! Sie haben versprochen, nichts zu berühren, was euch gehört. Gebt ihnen Brot, etwas Milch und ein paar Früchte! Einer von euch soll es irgendwo dort hinlegen. Einverstanden?«
    Ein jüngerer Mann im Fellwams knurrte halblaut: »Gut. Ich sammle etwas und bringe es ihnen. Hinter den Wald. Aber sie sollen von der Quelle wegbleiben. Waschen kann sich das Gesindel am Bach.«
    Mythor setzte ein dankbares Lachen auf und versicherte: »Du bist ein Edelmann, mein Freund. Ich danke dir im Namen von denen dort, die übler dran sind als ihr und wir zusammen.«
    Die anderen Bauern nickten sich zu, warfen immer wieder verstohlene Blicke auf Buruna, dann musterten sie das Gläserne Schwert und gingen langsam davon. Mythor ritt zu den wartenden Pilgern zurück und berichtete, was er erreicht hatte.
    Anid Levere blickte ihn an, als sei ihm eine rettende Fee erschienen. »Wie ist dein Name? Ich werde dich und euch alle niemals vergessen können!«
    »Ich bin Mythor. Ich hoffe, dass ihr geheilt seid, wenn wir uns wieder treffen«, sagte der junge Krieger. »Setzt euren Marsch unauffällig fort und meidet die Gehöfte! Dann gelangt ihr lebend zu den Caer. Und, wer weiß, vielleicht vergeht das Fieber, wenn ihr in einem sauberen Bach badet? Nötig hätte es jeder von euch.«
    Anid tat etwas Seltsames. Er packte seine Geißelschnüre und schlang sie sich wie einen Gurt um die Hüften.
    »Ich werde dir ewig dankbar sein!« versicherte er. »Herr Mythor!«
    Mythor winkte ab. »Zieht weiter! Und hört auf, euch zu geißeln. Der Blutverlust und die Erschöpfung töten euch eher als die gelbe Pest.«
    Levere winkte. Die anderen hinkten hinter ihrem Anführer her. Im Acker schwelten die verlöschenden Fackeln. Langsam und nachdenklich ritt Mythor zu seinen Freunden zurück. »Wir werden keinen leichten Weg haben«, sagte er zu den Salamitern. »Das Land ist tatsächlich vom Krieg überzogen.«
    »Es wird noch viel schlimmer kommen«, warf Lamir ein.
    »Diesmal darfst du die Spitze übernehmen, ze Chianez!« schlug Mythor vor. »Deine Augen sind schärfer als die des Schneefalken!«
    Sie ritten in der
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