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Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation

Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation

Titel: Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation
Autoren: Andrew Newberg
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Wenn eine Verhaltensweise erst einmal angelernt ist, wird sie im unbewussten Langzeitgedächtnis gespeichert und kann von dort aus fast ohne bewusste Anstrengung aktiviert werden. Selbst wenn wir ein neues, effektiveres Verhalten gelernt haben, wird zuerst das früher Gelernte ausgelöst.
    Das menschliche Gehirn hat einen sehr hohen Energiebedarf, der sich noch steigert, wenn neue neuronale Schaltkreise eingebaut werden sollen, die unser Gesprächsverhalten verändern. Jede Veränderung in unserer Lebensweise wird vom Gehirn als Belastung eingestuft, weshalb die Mitfühlende Kommunikation besonderen Wert auf Strategien zum Stressabbau legt.
    Stress stört die neurologischen Mechanismen der Spracherzeugung und Sprachwahrnehmung. Wenn wir gestresst sind, werden die Emotionsschaltkreise des limbischen Systems aktiv, während die Aktivität derjenigen der Sprachzentren im Stirnhirnlappen nachlässt. Kommunikationsstudien haben gezeigt, dass Stress und Anspannung die Gesichtsmuskeln auf eine Weise kontrahieren, deren Anblick uns misstrauisch wirken lässt. Entspanntes Verhalten dagegen vermittelt den Eindruck von Offenheit, Zutrauen und Vertrauenswürdigkeit.
    Wenn wir unter Stress stehen, verändert sich auch der Ton unserer Stimme, die dann gereizt und frustriert klingt. Das erzeugt im Gehirn des Zuhörers sofort eine Abwehrreaktion, die ein fruchtbringendes Gespräch unmöglich macht, noch bevor es begonnen hat.
    Wie integriert man Stressabbau und Entspannung in einen Dialog, besonders wenn man mitten in der Arbeit ist? John Watkins, Inhaber einer Software-Entwicklungsfirma, macht es so: Er beginnt den Tag, indem er sich mit seinen sechs Abteilungsleitern im Kreis aufstellt. Die erste Minute wird mit Gähnen und Strecken verbracht. Das vertreibt Ablenkungen und Verärgerung aus dem Denken. Dann hat jeder dreißig Sekunden, um zu beschreiben, woran er gerade arbeitet. Wenn er von Problemen berichtet oder Hilfe braucht, können andere Anwesende mit positiven Vorschlägen reagieren. Auch sie müssen sich aber an die Dreißig-Sekunden-Regel halten, einen entscheidenden Bestandteil der Mitfühlenden Kommunikation. Kritik darf nicht formuliert werden, denn schon ein einziger negativer Gedanke kann den Prozess der Zusammenarbeit für den Rest des Tages stören.
    Dieses Ritual wirkt vielleicht ziemlich seltsam für ein großes Unternehmen mit Millionen Dollar Jahresumsatz, aber die Ergebnisse sprechen für sich selbst: In weniger als zwanzig Minuten legt das Team die wichtigsten Ziele des Tages fest und bringt kreative Vorschläge ein, die zügig bewertet, verändert und umgesetzt werden können.
    Als Johns Firma von einem unabhängigen Forschungsteam getestet wurde, ergab sich – nach einem Jahr der Anwendung dieser Strategie – ein signifikanter Anstieg der Kollegialität und der persönlichen Zufriedenheit, außerdem ein messbarer Rückgang der individuellen Angst- und Stressgefühle. Der Krankenstand verringerte sich, und die Loyalität gegenüber dem Unternehmen nahm zu, was sich in einer geringeren Personalrotation bemerkbar machte. Im Wesentlichen bedeutet weniger Stress größeres Glück, und wie eine wichtige Forschungsstudie an über zweitausend Abteilungen zehn großer Unternehmen kürzlich zeigte, sind glückliche Menschen fleißiger. Sie sind außerdem einfallsreicher, kreativer und produktiver. 4
    Die Windungen des Gesprächsflusses
    Die Mitfühlende Kommunikation hat eine lange Geschichte. Sie begann 1992 als informelles Experiment, das Mark mit einer Gruppe transpersoneller Psychologen und Therapeuten in Los Angeles entwickelte. Damals gab es erst drei »Regeln«: Entspannen Sie sich, sprechen Sie langsam und sagen Sie abwechselnd alles, was Ihnen in den Sinn kommt, ohne Zensur.
    Der Grundgedanke war einfach: Wenn man aus der Tiefe seines Wesens sprechen konnte statt mit eingebauter Abwehr, wie es gewöhnlich geschieht, dann könnten wir unsere Gefühle und Wünsche ehrlicher, weniger gereizt und sensibler vorbringen. Wenn wir uns gestatten, spontan aus diesem tieferen, inneren Ich heraus zu sprechen, ohne der Unterhaltung ein bestimmtes Thema vorzugeben, dann kann das Gespräch für die Beteiligten relevanter und bedeutsamer werden. Wir bekämen so vielleicht einen angstfreien Zugang zu tieferen emotionalen Wahrheiten und könnten zu gesteigerter Vertrautheit und Vertrauen gelangen.
    Wenn wir die Mitfühlende Kommunikation lehren, dann teilen wir die Schüler in Paare ein und lassen sie zunächst einige
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