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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik
Autoren: Noah Gordon
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überzeugt, daß Garland bereits Dr. Kender gefragt hatte.
    Der Mann wollte unbedingt eine positive Voraussage hören, irgendein kabbalistisches Zeichen als Bestätigung, daß sie die Sache in der Hand hatten, und Adam wußte plötzlich, wie ohnmächtig sie in Wirklichkeit waren.
    »Der chirurgische Teil verlief glatt«, sagte er. »Es war eine gute Niere. Es spricht viel für uns.«
    »Was unternehmen Sie als nächstes?«
    »Auf sie aufpassen.«
    Garland nickte. »Ein kleines Zeichen der Dankbarkeit.« Er zog eine Brieftasche heraus. »Krokodilleder. Aus meiner Firma.«
    Adam war verlegen.
    »Ich habe auch Dr. Kender eine geschenkt. Bitte keinen Dank. Ihr gebt mir mein Mädchen wieder.« Die verängstigten blauen Augen glänzten, schwammen, gingen über. Beschämt schaute der Mann weg, zu der ausdruckslosen Wand.
    »Mr. Garland, Sie sind todmüde. Ich gebe Ihnen ein Rezept für ein Beruhigungsmittel, und dann gehen Sie heim.«
    »Ja. Bitte.« Er schneuzte sich. »Haben Sie Kinder?« Adam schüttelte den Kopf.
    »Sie sollten sich das Erlebnis nicht entgehen lassen. Wir haben sie adoptiert, wissen Sie das?«
    »Ja. Ja, ich weiß.«
    »Ich habe mit Bonnie darum gekämpft. Fünf Jahre lang. Ich schämte mich. Aber dann endlich bekamen wir sie, sechs Wochen alt…« Garland nahm das Rezept, wollte noch etwas sagen, schüttelte den Kopf und ging.
     
    Die Transplantation war am Freitag durchgeführt worden. Am nächsten Mittwoch war sich Adam sicher, daß sie es geschafft hatten.
    Susan Garlands Blutdruck war zwar noch immer hoch, aber die Niere funktionierte wie angeboren.
    »Ich hätte nie gedacht, daß ich je Herzklopfen bekäme, nur weil jemand nach einer Leibschüssel verlangt«, sagte ihm Bonita Garland.
    Es würde noch eine gute Weile bis zur Genesung ihrer Tochter dauern. Die Wunde plagte sie, und das Mädchen war durch die Medikamente geschwächt, die man anwandte, damit ihr Körper die Niere nicht abwies. Susan war deprimiert. Sie fuhr bei gutgemeinten Bemerkungen auf und weinte nachts. Am Donnerstag lebte sie während eines Besuchs von Howard auf, der sich als magerer und entsetzlich schüchterner Junge entpuppte.
    Es war Howards Wirkung auf Susan, was Adam auf die Idee brachte.
    »Welchen Disc-Jockey im Radio hat sie am liebsten?«
    »Ich glaube, J. J. Johnson«, sagte ihre Mutter.
    »Warum rufen Sie ihn nicht an und bitten ihn, Samstag abend Susan einige Platten zu widmen? Wir können Howard einladen, sie zu besuchen. Sie wird zwar nicht tanzen oder auch nur ihr Bett verlassen können, aber unter den Umständen könnte es ein annehmbarer Ersatz sein.«
    »Sie sollten Psychiater werden«, sagte Mrs. Garland.
     
    »Ein Ball für mich allein?« fragte Susan, als sie es ihr erzählten.
    »Ich muß mir die Haare waschen lassen. Sie sind schmutzig.« Ihre Stimmung schlug derart um, daß Silverstone, hingerissen, telephonisch einen Blumenstrauß bestellte, für rote Rosen Geld ausgab, das er anderen Zwekken zugedacht hatte, mit einer Karte:
    »Viel Spaß zum Ball, Schätzchen.«
    Am Freitag war ihre Stimmung gut, sank jedoch gegen Abend.
    Als Adam auf Visite vorbeikam, erfuhr er, daß sie bei der Schwester verschiedene Beschwerden vorgebracht hatte.
    »Was ist los, Susie?«
    »Mir tut’s weh.«
    »Wo?«
    »Überall. Mein Bauch.«
    »Etwas Schmerzen mußt du schon in Kauf nehmen. Schließlich hast du eine schwere Operation hinter dir.« Er wußte, daß man in den Fehler verfallen konnte, einen Patienten zu sehr zu verzärteln. Er untersuchte die Wunde, an der nichts Auffallendes zu bemerken war. Ihr Puls ging schneller, aber als er ihr die Manschette anlegte und den Blutdruck maß, grinste er vor Genugtuung. »Normal. Zum erstenmal. Wie gefällt dir das?«
    »Gut.« Sie lächelte schwach.
    »Jetzt schau, daß du schlafen kannst, damit du morgen abend frisch für deinen Ball bist.«
    Sie nickte, und er eilte davon.
    Sechs Stunden später entdeckte die Stationsschwester, die mit Medikamenten in Susans Zimmer kam, daß das Mädchen in den stillen Nachtstunden innerlich verblutet war.
     
    »Dr. Longwood will den Fall Garland bei der nächsten Sitzung des Todeskomitees erörtern«, sagte Meomartino am nächsten Tag beim Mittagessen.
    »Das halte ich für unfair«, sagte Adam.
    Sie saßen mit Spurgeon Robinson zusammen an einem Tisch an der Wand. Adam stocherte in dem gräßlichen Schmorfleisch herum, das es im Krankenhaus jeden Samstag gab. Spurgeon aß seines teilnahmslos, während Meomartino es buchstäblich in sich
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