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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik
Autoren: Noah Gordon
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würden Sie also die Zustimmung zur Nierenverpflanzung unterschreiben?«
    »Er ist schon genug zerstückelt worden. Aber wenn es das Kind einer anderen Mutter rettet…«
    »Das hoffen wir«, sagte Adam. Als er sich die Zustimmung gesichert hatte, dankte er ihr und entfloh.
    »Unser Herr hat Seinen ganzen Körper für Sie und für mich hingegeben«, hörte er den Priester noch im Fortgehen sagen. »Übrigens auch für Paul.«
    »Ich habe nie behauptet, daß ich die Muttergottes bin, Vater«, sagte die Frau.
    Seine Niedergeschlagenheit würde vielleicht verfliegen, wenn er sich dem hoffnungsvolleren Teil des Falles zuwendete, dachte Adam.
    Im Zimmer 308 saß Bonita Garland, Susans Mutter, in einem Sessel und strickte. Wie gewöhnlich, wenn ihn das Mädchen von ihrem Bett aus sah, zog es die Decke über die eichelförmigen kleinen Brüste unter dem Nachthemd bis zum Hals herauf, eine Geste, die zu bemerken er sorgfältig vermied. Von zwei Kissen gestützt, las Susan Mad, was ihn irgendwie erleichterte. Vor Wochen, als sie in einer langen schlaflosen Nacht an die plätschernde Blutwäschemaschine angeschlossen war, die in periodischen Abständen ihr Blut von den angesammelten Giften reinwusch, hatte er gesehen, wie sie Seventeen durchblätterte, und hatte sie damit aufgezogen, daß sie diese Zeitschrift las, obwohl sie selbst kaum vierzehn war.
    »Ich wollte sie mir auf keinen Fall entgehen lassen«, hatte sie, eine Seite umblätternd, gesagt.
    Jetzt stand er, übersprudelnd vor guten Neuigkeiten, am Fußende ihres Bettes. »Hallo, Schätzchen«, sagte er. Sie machte eben eine Periode glühender Schwärmerei für englische Musikgruppen durch, ein Spleen, den er schamlos ausnützte. »Ich kenne ein Mädchen, das behauptet, ich sähe wie der Bursche aus, der immer auf dem Umschlag dieser Zeitschrift zu sehen ist. Wie heißt er?«
    »Alfred E. Neumann?«
    »Ja.«
    »Sie sehen viel besser aus.« Sie legte den Kopf schief, um ihn zu betrachten, und er sah, daß sich die dunklen Ringe unter ihren Augen vertieft hatten, ihr Gesicht schmäler geworden war und um die Nase feine Schmerzlinien trug. Als er dieses Gesicht zum erstenmal gesehen hatte, war es lebhaft und spitzbübisch gewesen. Auch jetzt versprach es, obwohl sich die Sommersprossen scharf gegen die fahl werdende Haut abzeichneten, noch immer eine große Anziehungskraft, wenn sie einmal erwachsen sein würde.
    »Danke«, sagte er. »Du solltest mit deinen Komplimenten mir gegenüber lieber vorsichtig sein. Ich könnte es mit Howard zu tun kriegen.« Howard war ihr Freund. Die Eltern hatten ihnen verboten, miteinander zu gehen, hatte sie Adam eines Abends anvertraut, aber sie taten es trotzdem. Manchmal las sie Adam Stellen aus Howards Briefen vor.
    Er wußte, daß sie versuchte, ihn auf Howard eifersüchtig zu machen, und war gerührt und geschmeichelt.
    »Er wird mich dieses Wochenende besuchen.«
    »Warum bittest du ihn nicht, statt dessen nächstes Wochenende zu kommen?«
    Sie erstarrte, aufgeschreckt durch das heimliche Warnsystem chronisch Kranker. »Warum?«
    »Du wirst gute Neuigkeiten für ihn haben. Wir haben eine Niere für dich.«
    »O Gott.« Jubel stand in Bonita Garlands Augen. Sie legte ihre Strickerei nieder und sah ihre Tochter an.
    »Ich will sie nicht«, sagte Susan. Ihre dünnen Finger verbogen die Deckblätter der Zeitschrift.
    »Warum nicht?« fragte Adam.
    »Du weißt nicht, was du redest, Susan«, sagte ihre Mutter. »Wir haben so lange darauf gewartet.«
    »Ich habe mich an die Dinge gewöhnt, so wie sie sind. Ich weiß, was ich zu erwarten habe.«
    »Nein, das weißt du nicht«, sagte er sanft. Er löste ihre Finger von der Zeitschrift und hielt sie in seinen Händen.
    »Falls wir nicht operieren, wird es schlechter. Viel schlechter. Nach der Operation wird es besser. Keine Kopfschmerzen mehr. Keine Nächte mehr an der verdammten Maschine. Bald kannst du in die Schule zurück. Du kannst mit Howard tanzen gehen.«
    Sie schloß die Augen. »Versprechen Sie mir, daß nichts schiefgeht?«
    Jesus. Er sah, daß ihm ihre Mutter zunickte.
    »Natürlich«, sagte er.
    Bonita Garland ging zu dem Mädchen und nahm es in die Arme.
    »Liebling, es wird einfach großartig laufen. Du wirst sehen.«
    »Mammi.«
    Bonita drückte den Kopf ihrer Tochter an die Brust und begann sie zu wiegen. »Susie – Kleines«, sagte sie. »Oh, mein Gott, haben wir Glück.«
    »Mammi, ich habe nur so viel Angst!«
    »Du hast gehört, daß dir Dr. Silverstone sein Wort gibt.«
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