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Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Titel: Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Autoren: Werner Kraus Hans von Storch
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Schweizer Gemeinden Listen von Getreidepreisen mit Wetterdaten verglich, die er wiederum aus verschiedensten Quellen zusammenstellte. Pfister zeigte auf, dass das Klima und die Klimaveränderung eine lange menschliche Geschichte haben, und die Menschen wiederum eine lange Geschichte der Anpassung an wechselnde Klimas. Bei der nächsten Tagung erhielt dann der Wissenschafts- und Politikforscher Roger Pielke jr. aus Boulder, Colorado, diesen Preis. Was Pfister für die Geschichte des Klimas getan hatte, zeigte Pielke an zeitgenössischen Beispielen, indem er einzelne von schweren Stürmen verursachte Schadensfälle analysierte. Dabei konnte er zeigen, dass die zwischenzeitlich stark ansteigende Kurve der Schadensstatistiken nicht unbedingt auf eine durch den Klimawandel angestiegene Sturmtätigkeit zurückzuführen war, sondern auf gesellschaftliche Ursachen wie dichtere Besiedlung in gefährdeten Gebieten, etwa Küsten und Flussniederungen. Der Brückner-Preis war somit ein Anzeichen, dass bereits damals die Klimadebatte differenzierter geführt wurde und sich die große Klimaerzählung bei näherer Betrachtung immer weiter auffächerte.
    Die anekdotische Referenz an diese Klimakonferenzen, auf denen die kulturellen und gesellschaftlichen Dimensionen des Klimas ins Spiel kamen, weist schon auf die erstaunliche Bandbreite des Themas hin. Kaum verlässt das Klimamodell das Büro des Klimaforschers und kommt ans Licht der Öffentlichkeit, schon ist es aufgeladen mit schwer unter Kontrolle zu bekommenden gesellschaftlichen Bedeutungen. Anstatt Klarheit zu schaffen und die Fragen zu beantworten, die dieses beunruhigende Phänomen aufwirft, stiften die Nachrichten aus der Klimaforschung Verwirrung und neue Fragen. Sie liefern einen nicht enden wollenden Gesprächsstoff, über den sich die Gesellschaft darüber verständigt, in welcher Welt wir eigentlich leben. Wie das Beispiel der Brückner-Preisträger zeigt, geht es weniger darum, immer wieder Klima und Gesellschaft auseinanderzudividieren, sondern darum, das Übergreifende, den fortlaufenden Dialog zwischen beiden zu entziffern und weiterzuführen.
Die Klimaerzählung an den globalen Lagerfeuern
    Den Dialog, der zu diesem Buch geführt hat, führen wir seit 2009 auch in der Öffentlichkeit. Mehr als ein Jahrzehnt nach der Klimakonferenz in Hamburg besteht unsere Zusammenarbeit unter anderem darin, dass wir gemeinsam mit zwei Soziologen und einem weiteren Klimawissenschaftler einen Klimablog namens „Die Klimazwiebel“ betreiben. 1 Viele unserer Ideen haben wir dort entwickelt und mit einer oftmals anonymen Öffentlichkeit aus interessierten Laien und anderen Wissenschaftlern weitergesponnen.
    Klimablogs (siehe Kapitel 6) spielen eine wichtige Rolle in der Klimadebatte, vor allem seit die Klimawissenschaften selbst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts unter Beschuss geraten sind. Diese Blogs bieten ein Forum, das Wissenschaft und interessierte Öffentlichkeit miteinander ins Gespräch bringt. Die meisten von ihnen beziehen explizit Position in der inzwischen massiv polarisierten Klimadebatte und vertreten entweder die Seite der Skeptiker oder die der Warner. Gemeinsam ist ihnen in der Regel die Überzeugung, dass die Naturwissenschaften Lösungen und Antworten auf die alsnachgeordnet verstandenen gesellschaftlichen Probleme und Fragen haben. Die „Klimazwiebel“ bildet hier eine Ausnahme mit dem Versuch, die verfeindeten Lager ins Gespräch sowie die Sozial- und Kulturwissenschaften ins Spiel zu bringen. Ihr Anliegen ist es, die verhärteten Fronten der Klimadebatte und das enge Korsett der rein naturwissenschaftlichen Klimaerzählung aufzubrechen.
    Ein Eintrag von Werner Krauß vom Juni 2012 auf der „Klimazwiebel“ ist mit „Am Lagerfeuer der Klimazwiebel“ betitelt. Der Anlass war ein Artikel auf Spiegel Online , in dem eine Nachricht aus der amerikanischen Klimaforschung aufgegriffen wird, dass an Messstationen in der Arktis die symbolische Grenzmarke von 400 ppm in der Kohlendioxidkonzentration überschritten worden sei. Eine steil nach oben ansteigende Kurve illustriert den Artikel. Der Ethnologe nimmt die Meldung zum Anlass, über die große Klimaerzählung nachzudenken:
    „Wir sind, so der Soziologe Bruno Latour, nie modern gewesen. Noch immer sitzen wir ums Lagerfeuer und erzählen uns mythische Geschichten und versuchen die Angst zu bannen, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt. Diese Angst trägt heute den Namen Klimawandel. Stellen wir uns für
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