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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn
Autoren: Stross Charles
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Kriegsführung im Weltraum besagt eine alte Maxime, dass jenseits der Atmosphäre keine Horizonte mehr existieren. Es stimmt zwar, dass das nukleare Antriebssystem der Ikarus vom Orbit der Erde aus sichtbar gewesen wäre, wenn man es beim Aufbruch von Eris gezündet hätte. Allerdings muss man auch die an sich belanglose Tatsache berücksichtigen, dass es in den abgespeicherten Protokollen der Raumkontrolle auf Eris gewisse alarmierende Lücken gibt. Möglicherweise hat da eine unheimlich große Summe von Schmiergeld nachgeholfen: Es ist anzunehmen, dass Rhea die entsprechenden Drahtzieher bestochen hat. Und hier draußen hat die Pink Goo -Polizei nicht die Macht, den Verkehr zu und von der Umlaufbahn zu sperren und zu inspizieren. Höchstwahrscheinlich befindet sich die Ikarus innerhalb des Laderaums eines massigen, riesigen Flugzeugträgers – eines Supertransporters von Schneebällen aus Wasserstoff – auf dem langwierigen Weg nach unten und hat ihre Flügel einstweilen eingeklappt. Selbstverständlich hat die Domina ihr Vermögen einfrieren lassen. Ebenso sicher ist, dass die eigentliche Domina seit vielen Jahrzehnten in einem notdürftigen Grab schlummert. Rhea kann andere körperliche Hüllen wiederbeleben, sobald sie zu ihren alten Tummelplätzen zurückgekehrt ist.
    Aus all dem könnt ihr ersehen, warum es lebenswichtig ist, Bescheid zu wissen, ehe Rhea bei euch eintrifft. Lasst euch von ihr nicht hinters Licht führen – vor allem nicht hereinlegen, wenn ihr von eurer Schwester Emma hört, Rheas wichtigster und unauffälligster Marionette. Wenn ihr auf deren Nachrichten reagiert, wird Rhea euch wieder in die Konditionierungszelle sperren, damit ihr euren elften Geburtstag wieder und wieder durchlebt und euch so lange einsam und missbraucht fühlt, bis ihr euch
in lädierte Kopien verwandelt, in Kopien von Rheas rachsüchtigem Ich.
    Was Reginald betrifft …

    »In seinem Fall hat man die strengsten Maßregelungen für angemessen gehalten«, erklärt Jeeves und starrt mich kühl von seinem Schreibtisch aus an.
    Ich bin zwar nicht tapfer, aber hin und wieder tollkühn. Also schaue ich ihm direkt in die Augen. »Wie ich sehe, arbeitet Juliette immer noch für Sie. Obwohl sie zur Unzuverlässigkeit neigt.«
    »Ja.« Er sorgt dafür, dass die Stille sich unangenehm lange hinzieht. Während ich ihn mustere, frage ich mich, warum ich ihn je auch nur ansatzweise für freundlich und onkelhaft gehalten habe. Vielleicht handelt es sich nur um eine kleine Abweichung zwischen Brüdern, aber irgendwie kommt Reginald mir viel humaner vor als dieses gelackte, unerschütterliche Monstrum, das über Leben und Tod entscheiden kann. Aber was soll man von einem Leitenden Angestellten der Abteilung Innere Sicherheit innerhalb der Firma Jeeves auch anderes erwarten? Reggie zählt, genau wie ich, zu den jüngeren Geschwistern seiner Sippe, war der Vertreter einer Zweigniederlassung und nicht vollwertiger Teil des Unternehmens. Dieser Kerl dagegen kommt dem Speicherauszug und Patriarchen der Sippe sehr nahe – besitzt die gleiche Distanziertheit und kühle Selbstbeherrschung wie Rhea in ihren schlimmsten Zeiten. Das Jeeves-Image sorgt für eine schöne weltmännische Tarnung, bis der Knüppel aus dem Sack geholt wird, es sei denn, der Mann hinter der Maske zerbricht vorher.
    »Euer Modell ist bekanntermaßen sprunghaft«, bemerkt er schließlich. »Aber wirklich erstklassig, wenn es sich auf die anstehende Aufgabe konzentriert.«
    »Warum können Sie ihn nicht einfach ziehen lassen?«
    Zu meiner Verblüffung seufzt er. »Meine Liebe, was würde dann mit uns übrigen geschehen? Es wäre ein Präzedenzfall. Wir
sind keine von Chips gesteuerten Arbeitssklaven, vielmehr handeln wir aus einem Pflichtbewusstsein heraus. Irgendjemand muss hinter diesen dreckigen Aristos aufwischen, während sie sich mühsam zu einer gerechteren Gesellschaftsordnung vortasten. Und von persönlichen zu öffentlichen Dienstleistungen ist es nur ein kleiner Schritt. Aber mit dieser Arbeit ist auch viel Druck verbunden, wie Sie selbst wissen müssten. Wenn man Reginald ziehen lässt, bringt man die anderen jungen Jeeves-Brüder nur auf gewisse Ideen, nicht wahr? Die Demotivierten und Unerfahrenen würden dann denken, sie könnten auf demselben Weg wie Reginald, auf die schnelle Tour, zu dem sorglosen Leben eines selbstbestimmten Freigeistes übergehen.«
    Ich kann ein verächtliches Schnauben nicht unterdrücken. »Zu welchem sorglosen Leben?« Dazu,
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