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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar
Autoren: H.P. Lovecraft
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führt. Aus Marmor und Porphyr sind die Häuser und mit gleißendem Gold gedeckt, das die Sonnenstrahlen reflektiert und so die Pracht der Städte erhöht, wenn von fernen Gipfeln glückselige Götter auf sie herniederschauen. Am schönsten von allem ist der Palast des mächtigen Monarchen Dorieb, den einige für einen Halbgott, andere für einen Gott halten. Hochgebaut ist der Palast des Dorieb, und zahlreich sind die Marmortürme auf seinen Wällen. In seinen weitläufigen Hallen versammeln sich große Menschenmengen, und hier hängen die Trophäen der Zeitalter. Und das Dach besteht aus purem Gold, riesige Säulen aus Rubin und Azur stützen es, und auf ihm thronen solch gemeißelte Götter−und Heldenfiguren, daß, wer in diese Höhe hinaufblickt, meint, den wahrhaftigen Olymp zu schauen. Und der Fußboden des Palastes ist aus Glas, unter dem die kunstvoll erleuchteten Wasser des Narg fließen, voll munterer Fische, die jenseits der Grenzen des liebreichen Cathuria nicht bekannt sind.«
    So pflegte ich mir selbst von Cathuria zu schwärmen, doch immer riet mir der bärtige Mann, zu den glücklichen Gestaden von Sona−Nyl zurückzukehren; denn Sona−Nyl sei den Menschen bekannt, Cathuria hingegen habe niemand jemals geschaut.
    Und am einunddreißigsten Tag, den wir dem Vogel folgten, sahen wir die Basaltsäulen des Westens. Sie waren in Nebel gehüllt, so daß keiner darüber hinausschauen oder ihre Spitzen sehen konnte, die, wie manche wirklich behaupten, bis in den Himmel reichen. Und der bärtige Mann beschwor mich, wieder umzukehren, doch ich achtete seiner nicht; denn aus den Nebeln jenseits der Basaltsäulen glaubte ich die Klänge der Sänger und Lautenspieler zu vernehmen; süßer als die süßesten Lieder Sona−Nyls waren sie und mir zum Preise gesungen; mir zum Preise, der ich weit fort vom Vollmond gereist war und im Lande der Phantasie geweilt hatte. So segelte das Weiße Schiff zum Klang der Melodie in die Nebel zwischen den Basaltsäulen des Westens. Und als die Musik abbrach und die Nebel stiegen, schauten wir nicht das Land Cathuria, sondern eine reißende, unwiderstehliche See, über die unsere hilflose Barke zu einem unbekannten Ziel getragen wurde. Bald drang an unsere Ohren der ferne Donner stürzender Wasser, und vor unseren Augen tauchte voraus am fernen Horizont die Gischt eines monströsen Kataraktes auf, in dem die Ozeane 7
    der Welt ins bodenlose Nichts taumeln. Da sprach der bärtige Mann mit Tränen auf den Wangen zu mir: »Wir haben das schöne Land Sona−Nyl verschmäht, das wir nie mehr schauen werden. Die Götter sind mächtiger als die Menschen, und sie haben gesiegt.« Und ich verschloß die Augen vor dem Krachen, von dem ich wußte, es würde kommen, und verbannte den Anblick des himmlischen Vogels, der seine spöttisch−blauen Schwingen über dem Rand des Sturzbachs schlug.
    Aus jenem Krachen erwuchs Dunkelheit, und ich hörte das Kreischen von Menschen und von Wesen, die keine Menschen waren. Aus Osten tosten stürmische Winde heran, die mich vor Kälte erstarren ließen, als ich mich auf der klammen Steinplatte zusammenkauerte, die unter meinen Füßen entstanden war. Beim zweiten Krachen schlug ich die Augen auf und fand mich auf der Plattform jenes Leuchtturms wieder, von dem ich vor so vielen Äonen abgesegelt war. Unten in der Dunkelheit zeichneten sich die gewaltigen, verschwommenen Umrisse eines Schiffes ab, das an den grausamen Felsen zerschellte; und als ich über die Verheerung hinblickte, sah ich, daß das Licht zum erstenmal erloschen war, seit mein Großvater seine Wartung übernommen hatte.
    Und in den späteren Nachtwachen, als ich das Turminnere aufsuchte, entdeckte ich einen Kalender an der Wand, der noch dasselbe Datum zeigte wie zu der Stunde, da ich davonsegelte. Mit der Dämmerung stieg ich den Turm hinab und suchte auf den Felsen nach Schiffstrümmem, doch ich fand nur dies: einen seltsamen toten Vogel, dessen Farbe die des azurnen Himmels war, und eine einzige, zerbrochene Spiere von einem Weiß, das das der Wellenkämme oder das des Bergschnees übertraf.
    Und danach erzählte mir der Ozean seine Geheimnisse nicht mehr; und obwohl der Mond seitdem viele Male voll und hoch vom Himmel schien, kehrte das Weiße Schiff aus dem Süden nie wieder.
    Celephais
    Im Traum sah Kuranes die Stadt im Tal und die Meeresküste dahinter und den schneeigen Gipfel, der die See überschaut, und die buntbemalten Galeeren, die aus dem Hafen nach entfernten Gefilden
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