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Die Katze, die für Käse schwärmte

Die Katze, die für Käse schwärmte

Titel: Die Katze, die für Käse schwärmte
Autoren: Lilian Jackson Braun
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glücklich und unbelastet zu leben. Er kehrte zu seiner Schreibmaschine zurück:
Wie erkennt man einen Niemand? Man sieht einen Fremden, der anonym eine gute Tat begeht und verschwindet, ohne ein Dankeschön abzuwarten. Jemand, von dem man es nicht erwartet hätte, sagt spontan einen witzigen oder weisen Satz. Ich erinnere mich an einen alten Mann, der mit einem Gehstock im Stadtzentrum von Pickax unterwegs war. Der Wind blies mit fünfundsechzig Stundenkilometern und Böen bis zu neunzig Kilometern pro Stunde. Wir suchten Schutz in einem Hauseingang, und er sagte: »Vor dem Amtsgebäude hat mich der Wind umgeworfen, aber es macht mir nichts aus; er ist schließlich Teil der Natur.«
    Als das Telefon zum dritten Mal läutete, meldete sich Qwilleran recht barsch; sein Tonfall änderte sich jedoch, als er die melodische Stimme von Polly Duncan hörte. »Wie geht es dir?« fragte er besorgt. »Ich habe schon einmal angerufen, aber es hat niemand abgehoben.«
    »Lynette hat mich zur Herzklinik in Lockmaster gebracht«, sagte sie lebhaft, »und der Arzt ist ganz erstaunt, wie rasch ich mich erhole. Er sagt, das kommt daher, daß ich immer gesund gelebt habe, abgesehen von der Tatsache, daß ich mich zu wenig bewege. Ich muß jetzt jeden Tag Spazierengehen.«
    »Gut! Wir werden gemeinsam Spazierengehen«, sagte er. Doch er dachte: Das sage ich ihr schon seit Jahren; auf mich hat sie nicht gehört. »Ich komme heute abend zur üblichen Zeit, Polly. Brauchst du irgend etwas aus dem Kaufhaus?«
    »Das einzige, was ich brauche, ist ein gutes Gespräch – nur wir beide. Lynette geht heute aus. À bientôt, Lieber.«
    »À bientôt.«
    Bevor er sich wieder seiner Abhandlung über Niemande zuwandte, nahm Qwilleran sich einen Augenblick Zeit, um sich über Pollys gute Nachrichten zu freuen. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie ihn mitten in der Nacht angerufen und um Hilfe gebeten hatte, an ihren verängstigten Blick, als die Sanitäter sie auf eine Trage legten, wie mulmig ihm im Wartezimmer der Intensivstation zumute gewesen war, und wie lange er in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses in Minneapolis gewartet hatte. Jetzt genas sie allmählich im Haus ihrer Schwägerin, sehnte sich aber nach ihrer eigenen Wohnung. Er machte sich eine Tasse Kaffee und schrieb dann:
Ich selbst habe schon im Süden unten begonnen, Niemande zu sammeln. Der erste war ein dreizehnjähriger Junge, der für eine achtköpfige Familie kochte. Der nächste war eine Busfahrerin, die bremste, einen anderen Bus anhielt und persönlich einen verwirrten Fahrgast in den richtigen Bus setzte.
    Die nächste Störung war ein Anruf von John Bushland, dem Fotografen. »Sag mal, Qwill, erinnerst du dich, wie ich mal versucht habe, deine Katzen in meinem Studio zu fotografieren? Wir bekamen sie nicht mal aus ihrem Tragkorb heraus.«
    »Wie könnte ich das vergessen?« erwiderte Qwilleran. »Es war der Kampf des Jahrhunderts – zwischen zwei erwachsenen Männern und zwei entschlossenen Katzen. Wir haben verloren.«
    »Also, ich würde es gern noch mal versuchen – in deinem Haus, wenn es dir nichts ausmacht. Es gibt wieder einen Wettbewerb für einen Katzenkalender. In ihrem eigenen Revier würden sie sich wohler fühlen; vielleicht kann ich Schnappschüsse machen.«
    »Klar. Wann willst du es versuchen? Bei Tageslicht oder am Abend?«
    »Natürliches Licht ist besser für die Augenfarbe. Wie wäre es morgen früh?«
    »Komm doch so gegen neun Uhr vorbei«, schlug Qwilleran vor. »Dann sind sie vollgefressen und mit sich und der Welt zufrieden.«
    Schließlich schaffte er es, seine Abhandlung auf tausend Worte auszudehnen. Der letzte Absatz lautete:
Eine Warnung an alle, die jetzt anfangen, Niemande zu sammeln: Erwähnen Sie Ihre kostbaren Sammelstücke niemals gegenüber den Medien. Andernfalls werden Ihre besten Stücke über Nacht zu Berühmtheiten, und einen berühmten Niemand gibt es nicht.
    Allen Widrigkeiten zum Trotz wurde der Autor von ›Qwills Feder‹ rechtzeitig fertig, um an der Sitzung in der Zeitungsredaktion teilnehmen zu können. Wie immer verabschiedete er sich von den Katzen und sagte ihnen, wohin er ging und wann er zurück sein würde. Je mehr man mit Katzen sprach, davon war er überzeugt, um so klüger wurden sie. Seine beiden Kandidaten für den Mensa-Club hielten jedoch gerade ihr Nachmittagsschläfchen; sie hoben nur benommen den Kopf, warfen ihm einen kurzen, glasigen Blick zu und schliefen weiter.
    Er ging zu Fuß in
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