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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels
Autoren: Rachel Hore
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Katalog und flüchtete sich nach nebenan in den Lagerraum, um Bücher für die Auktion in Gruppen zu sortieren. Das hatte sie schon immer als beruhigend empfunden, als Aufgabe, in die sie eintauchen konnte und die ihr den Kopf freimachte. Als sie über die Sammlung von Starbrough Hall nachdachte, fiel ihr plötzlich ihre alte Freundin Cecelia ein. Sie hatten sich an der Universität kennengelernt; aber während Jude sich irgendwann ins echte Arbeitsleben gestürzt hatte, vergrub Cecelia sich immer noch in Universitätsbibliotheken und forschte über die naturwissenschaftliche Umwälzung im späten achtzehnten Jahrhundert. Als sie sich das letzte Mal auf einen Drink getroffen hatten, vor einem Jahr oder so, hatte Cecelia erwähnt, dass sie an einem Buch über die Astronomie in jener Zeit schrieb. Ja, Jude erinnerte sich genau und nahm sich vor, sich wieder bei ihrer Freundin zu melden.
    Es schien nicht viel Zeit vergangen zu sein, als Suri den Kopf durch die Tür steckte. »Ich bin dann mal weg, Jude. Wir fahren direkt zu meinen Eltern nach Chichester. Ist bestimmt schrecklich viel Verkehr. Schönes Wochenende!«
    »Verdammt, es ist ja schon fast sechs. Ich darf auch nicht mehr so lange bleiben!« Das Lager hatte keine Fenster, was verwirrend sein konnte.
    »Heute Abend gehen wir mit ein paar Freunden von Caspar essen«, sagte sie, als sie mit Suri ins Hauptbüro zurückging. »Hab ich dir schon erzählt, dass wir in ein paar Wochen alle zusammen nach Frankreich in Urlaub fahren? Dabei habe ich seine Freunde erst zwei Mal gesehen. Ich bin verrückt, findest du nicht?«
    »Eher mutig, wenn du die Leute nicht kennst«, erwiderte Suri, unschlüssig, ob Jude Zustimmung von ihr erwartete oder nicht. »Und was ist, wenn ihr euch nicht versteht?«
    »Wir kommen bestimmt gut miteinander aus«, sagte Jude und versuchte, zuversichtlich zu klingen. »Sieht so aus, als könnte man mit den Leuten Spaß haben. Und mit genügend Wein lässt sich das Getriebe immer ölen.«
    Als Suri gegangen war, räumte Jude ihren Schreibtisch auf, stellte die Bücher mit raschen, geübten Bewegungen ins Regal zurück und rückte die Papierstapel gerade. Sie konnte nicht entscheiden, ob ihr gefiel, was sie in Suris Blick gelesen hatte – eine Art Mitleid. Suri mit ihren sechsundzwanzig Jahren, die neuerdings mit einem jungen Mann verlobt war, den sie an der Uni kennengelernt hatte, betrachtete das Leben noch voller Unschuld. In ihrer Welt war alles wunderbar, voller Farbe und Hoffnung und Glück, und Jude liebte sie dafür. Selbst Inigo mit seinen herablassenden Äußerungen schaffte es nur selten, Wolken über Suris zauberhaft schimmernder Aura aufziehen zu lassen. So war ich auch mal, dachte Jude in einem Anflug von Selbstmitleid.
    Um halb sieben drängte sie sich durch die Menschenmengen, die ziellos durch den Sommer schlenderten und die schmale Straße neben der Charing Cross Railway Station verstopften, die zur U-Bahn-Station Embankment hinunterführte.
    Selbst wenn sie ihn nicht gekannt hätte, wäre ihr die Gestalt, die am Pfeiler lehnte und irgendetwas in ein Blackberry tippte, aufgefallen. Caspar war ein kräftig gebauter Mann in dunkelblauem Designeranzug und gestärktem weißem Hemd. Das dunkle, wellige Haar hatte er nach hinten gekämmt und eine Fingerspitze Gel hineingerieben. Er war fünf Jahre älter als Jude mit ihren vierunddreißig, attraktiv und quicklebendig. Vor ein paar Monaten hatte sie ihn bei einer Freundin kennengelernt, die sie zu einer Party eingeladen hatte. Mit ihren knapp einsfünfundsiebzig und der üppigen Figur passte sie äußerlich ganz ausgezeichnet zu ihm. Er fühlte sich von ihren sanften braunen Augen angezogen und von der rotblonden Haarwolke auf ihrem Kopf, die sie im Nacken mit einer Spange zusammengeklammert hatte. »Schön wie eine Madonna bist du. Du hast traurig ausgesehen«, hatte er geantwortet, als sie ihn spaßeshalber einmal gefragt hatte, warum er sich an jenem Abend zu ihr hingezogen gefühlt hatte, »aber dann hast du gelächelt. Es gibt so viele Leute, die nur mit den Lippen lächeln. Aber du hast mit den Augen gelächelt, so als ob es dir etwas bedeutet. Das hat mir gefallen.«
    Ihr hingegen hatte es gefallen, wie mühelos er sich unter diesen schicken Großstädtern bewegen konnte, wie er es ganz offensichtlich genoss und mit Haut und Haaren in ihre Welt gehörte. Er war nie verheiratet gewesen, und nur wenige Freunde aus seinem weitverzweigten Netzwerk hatten sich irgendwo häuslich
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