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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels
Autoren: Rachel Hore
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Stimmung für Astronomie zu bringen?
    Als sie die Milch in den Kühlschrank stellen wollte, fiel ihr Blick auf ein Foto ihrer Nichte, das an der Tür befestigt war. Summer. Der Name passte zu dem schönen honigfarbenen Haar des Kindes und seinen blauen Augen, zu seiner versponnenen Leichtigkeit. Kaum zu glauben, dass Summer im August schon sieben Jahre alt wurde. Es wäre wunderbar, wenn sie sie am nächsten Wochenende sehen könnte. Jude schnappte sich das Telefon und drückte die Kurzwahl von Claires Arbeitsplatz.
    »›Star Bureau‹«, meldete sich ihre Schwester mit forscher Stimme. Zusammen mit einer Freundin führte Claire einen kleinen Laden in Holt, einem Marktflecken in Norfolk. Sie verkauften allerlei Geschenke, die mit Sternen und Astrologie zu tun hatten. Als hübschen Nebenerwerb boten sie einen Service an, der es den Leuten möglich machte, einem Stern einen Namen zu geben, zum Beispiel den eines geliebten Menschen. Für einen bescheidenen Betrag erhielten sie eine Urkunde, auf der der Ort und die amtliche Seriennummer des Sterns angegeben waren. Dazu gab es ein gerahmtes Gedicht, das Claire selbst verfasst und »Stardust« genannt hatte, Sternenstaub. Jude fand, dass das Versmaß in der dritten Zeile etwas holprig war, wusste aber, dass ihre Meinung hier wie bei vielen anderen Dingen nicht willkommen war.
    »Ich bin’s, Jude. Steckst du gerade mitten in der Arbeit?«
    »Oh, du bist es! Warte mal kurz ... Linda, das nehme ich mit ins Büro ... es ist meine Schwester«, hörte Jude, als Claire mit ihrer Geschäftspartnerin sprach, und dann: »Ich sollte mich lieber beeilen, Jude. Der ganze Ort ist voller Touristen. Komm schon, Katze, beweg dich.« Jude stellte sich die gertenschlanke Claire vor, ihr elfenhaftes Gesicht, wie sie Pandora fortscheute, die schwarz-weiße Katze, die sie manchmal zur Arbeit mitnahm. »Ich wollte dich auch gerade anrufen, Jude. Hast du Lust, uns zu besuchen und ein paar Tage zu bleiben? Summer hat nach dir gefragt.« Summer, nicht Claire, bemerkte Jude, schob den Gedanken aber als kleinlich beiseite.
    »Ehrlich gesagt hatte ich vor, am nächsten Wochenende zu kommen. Bist du dann zu Hause?«
    »Lass mich mal sehen. Am Samstag bin ich mit Piers in Dubai und am Sonntag mit Rupert auf den Salomon-Inseln. Ach, sei nicht albern, natürlich bin ich zu Hause. Wann fahre ich schon mal irgendwohin? Ich kann mir das auch gar nicht leisten.«
    Jude nahm die altbekannte Schärfe in der Stimme ihrer Schwester wahr, und ihr Lachen klang auch nicht besonders überzeugend. Das »Star Bureau« musste sich mächtig anstrengen, um einen bescheidenen Gewinn zu erwirtschaften, und mit einem nicht unerheblichen Teil dieser Einkünfte zahlte Claire die Hypothek ihres kleinen Hauses ab. Claire hatte zwar nie offen gezeigt, dass sie auf die finanzielle Sicherheit ihrer Schwester eifersüchtig war, aber nach diesem unübersehbaren Wink mit dem Zaunpfahl bekam Jude trotzdem wieder ein schlechtes Gewissen. Was immer dazu führte, dass sie Claire ab und zu einen Scheck anwies. Um den Stolz ihrer Schwester nicht zu verletzen, erklärte sie, Claire solle davon etwas für Summer kaufen.
    »Also könnte ich mich dann am Freitag und Samstag bei dir einmieten? Sonntag muss ich früh wieder los.«
    »Klar, es wäre toll, dich zu sehen. Wenn du nichts dagegen hast, dir mit Summer das Zimmer zu teilen.«
    »Ich genieße es, in Summers Zimmer zu schlafen. Sie schnarcht nicht so wie du. Übrigens, wie geht es meiner lieben Nichte?«
    »Es geht ihr gut.« Jude bemerkte die leichte Unsicherheit in der Stimme ihrer Schwester. »Letzte Woche hat sie beim Lesen einen Zauberstern gewonnen.«
    »Einen Zauberstern?«
    »Den bekommt man, wenn man vorher schon fünfundzwanzig normale Sterne geholt hat.«
    »Die wunderbare Summer.«
    »Und sonst, ach, ich mach mir ein bisschen Sorgen um sie.«
    »Oh nein, warum denn?«
    »Sie schläft schlecht. Hat nach wie vor Albträume. Vielleicht ist es doch nicht so gut, wenn du mit ihr in einem Zimmer schläfst. Denk mal drüber nach.«
    »Was sind denn das für Träume?«
    »Weiß ich auch nicht so genau. Sie erzählt mir immer nur, ›Mummy, ich konnte dich gar nicht sehen.‹ Das ist alles.«
    Erinnerungen aus Judes Kindheit blitzten auf. Wo bist du, Maman? Ich kann dich nicht sehen. Aufwachen in einem kleinen Schlafzimmer in London, das Licht der Straßenlaterne scheint durch blasse Gardinen, und drinnen fliegt ein Insekt brummend gegen die Scheibe.
    Jude zwang ihre Aufmerksamkeit
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