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Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Autoren: Rick Riordan
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Seite, wie bei Vögeln, sondern mitten auf dem Rücken – lang, horizontal und borstig, wie ein paar auf den Kopf gestellte Stahlbürsten. Falls das Ungeheuer damit überhaupt fliegen konnte, mussten sie sich wie Schmetterlingsflügel bewegen. Der Fries war einmal bunt gewesen. Auf dem Fell der Kreatur waren noch rote und goldene Flecken zu erkennen; doch selbst ohne Farbe wirkte der Greif gespenstisch lebensecht. Seine Knopfaugen schienen mir zu folgen.
    »Greife waren Beschützer«, sagte ich und erinnerte mich an etwas, das Dad mir einmal erzählt hatte. »Sie bewachten Schätze und so was.«
    »Toll«, meinte Sadie. »Soll das heißen, sie griffen … ähm, zum Beispiel Diebe an, die in Museen einbrachen und Artefakte klauten?«
    »Es ist bloß ein Fries«, erwiderte ich. Aber ich bezweifelte, dass sich nach dieser Erklärung irgendjemand besser fühlte. Die ganze ägyptische Magie dreht sich schließlich darum, dass Worte und Bilder sich in etwas Reales verwandeln.
    »Da drüben.« Walt deutete in die Mitte des Saals. »Das ist sie, oder?«
    Wir machten einen großen Bogen um den Greif und gingen auf die Statue zu, die dort stand.
    Der Gott war ungefähr zweieinhalb Meter groß. Er war aus schwarzem Stein gemeißelt und trug typisch ägyptische Kleidung: Schurz und Sandalen, der Oberkörper war nackt. Sein Kopf war der eines Widders, von den Hörnern waren im Lauf der Jahrhunderte Stücke abgebrochen. Er trug eine frisbeeförmige Krone – eine Sonnenscheibe, aus Schlangen geflochten. Vor ihm stand eine wesentlich kleinere menschliche Figur. Die Gottheit hielt die Hände über den Kopf des kleinen Kerls, als wolle sie ihn segnen.
    Sadie musterte mit zusammengekniffenen Augen die Hieroglypheninschrift. Seit sie der Gastkörper für den Geist von Isis, der Göttin der Magie, gewesen war, konnte Sadie verblüffenderweise Hieroglyphen entziffern.
    » CNM «, las sie. »Das würde man vermutlich Chnum aussprechen. Reimt sich auf Ka-wumm ?«
    »Ja«, sagte ich. »Das ist die Statue, die wir brauchen. Laut Horus birgt sie das Geheimnis, wie man die Sonnenlitanei findet.«
    Leider hatte Horus diesen Punkt nicht genauer ausgeführt. Als wir so vor der Statue standen, war mir schleierhaft, wie sie uns helfen sollte. Ich betrachtete die Hieroglyphen und hoffte auf einen Hinweis.
    »Wer ist der Knirps, der vor ihm steht?«, fragte Walt. »Ein Kind?«
    Jaz schnipste mit den Fingern. »Nein, ich weiß es! Chnum erschuf auf der Töpferscheibe Menschen. Ich wette, genau das macht er hier: einen Menschen aus Ton formen.«
    Sie sah Bestätigung heischend zu mir. Die Wahrheit war, ich konnte mich nicht an diese Geschichte erinnern. Sadie und ich waren zwar eigentlich die Lehrer, Jaz kannte sich jedoch oft besser aus als ich.
    »Ja, stimmt«, sagte ich. »Menschen aus Ton. Genau.«
    Sadie betrachtete stirnrunzelnd Chnums Widderkopf. »Sieht ein bisschen aus wie in diesem alten Comic … Bullwinkle, oder? Könnte der Elchgott sein.«
    »Er ist nicht der Elchgott«, sagte ich.
    »Aber wenn wir nach der Sonnenlitanei suchen«, fuhr sie fort, »und Re ist der Sonnen gott, was sollen wir dann mit einem Elch?«
    Sadie kann einem echt auf die Nerven gehen. Hab ich das schon erwähnt?
    »Chnum war eine der Erscheinungsformen des Sonnengottes«, erklärte ich. »Re hatte drei verschiedene Persönlichkeiten. Morgens war er Chepre, der Skarabäusgott; tagsüber Re; und bei Sonnenuntergang, wenn er in die Unterwelt eintauchte, war er Chnum, der widderköpfige Gott.«
    »Ganz schön verwirrend«, sagte Jaz.
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Sadie. »Carter hat auch verschiedene Persönlichkeiten. Bei ihm reicht das Spektrum von morgens Zombie über nachmittags fauler Sack bis zu –«
    »Sadie«, fuhr ich dazwischen, »halt die Klappe.«
    Walt kratzte sich am Kinn. »Ich finde, Sadie hat Recht. Es ist ein Elch.«
    »Danke« , sagte Sadie.
    Walt grinste sie widerwillig an, doch er wirkte immer noch abwesend, irgendetwas anderes schien ihn zu beschäftigen. Ich ertappte Jaz dabei, wie sie ihn mit besorgtem Gesichtsausdruck musterte, und fragte mich, worüber sie vorher geredet hatten.
    »Schluss jetzt mit dem Elchgedöns«, sagte ich. »Wir müssen diese Statue ins Brooklyn House schaffen. Sie birgt irgendeinen Hinweis –«
    »Aber wie finden wir den?«, fragte Walt. »Du hast uns übrigens immer noch nicht erklärt, wozu wir unbedingt diese Sonnenlitanei brauchen.«
    Ich zögerte. Es gab eine Menge, was wir unseren Auszubildenden noch
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