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Die Kampagne

Titel: Die Kampagne
Autoren: David Baldacci
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weit gegangen war. Dieses Viertel gehörte zu den am besten bewachten der Stadt; man tat eben alles, um die Steuereinnahmen weiter fließen zu lassen.
    Shaw sah eine weitere Tür in der hinteren Wand und drehte sich weg: Aus dem Nebenzimmer waren laut und vernehmlich die Geräusche eines anderen, offenbar sehr beschäftigten Kunden zu hören. Die Stundenzimmer befanden sich unmittelbar nebeneinander, getrennt durch eine Rigipswand, manchmal auch nur durch einen Vorhang. Für dieses Geschäft benötigte man nicht sonderlich viel Platz oder Aufwand.
    »Du siehst sehr gut aus«, sagte die Frau auf Holländisch. »Und du bist groß«, fügte sie hinzu und schaute zu Shaw hinauf. »Bist du überall so üppig ausgestattet? Ich bin da unten nämlich nicht so groß.« Unverhohlen starrte sie auf seinen Schritt.
    »Spreekt u Engels?«, fragte Shaw.
    Sie nickte. »Ja, ich spreche Englisch. Zwanzig Minuten kosten dreißig Euro, aber ich mache auch eine Stunde für fünfundsiebzig. Ein Sonderangebot, extra für dich«, fügte sie hinzu. Sie reichte ihm eine Liste auf Niederländisch, doch unten stand der Text auch in anderen Sprachen, darunter Englisch, Französisch, Japanisch, Chinesisch und Arabisch. »Das sind die Dinge, die ich mache - oder auch nicht.«
    Shaw gab ihr das Blatt zurück. »Ist dein Freund da?«, fragte er. »Ich warte schon seit Langem darauf, ihn endlich kennenzulernen.« Er schaute zur zweiten Tür.
    Die Frau musterte ihn erneut, diesmal jedoch auf andere Weise. »Ja, er ist hier.«
    Sie drehte sich um und führte Shaw zur Hintertür. Ihre nackten Pobacken waren fest, als sie mit übertriebenem Hüftschwung vor ihm herstolzierte. Shaw war nicht sicher, ob sie es aus Gewohnheit tat oder weil ihre Stilettos zu locker saßen.
    Die Frau öffnete Shaw die Tür, winkte ihm hindurchzugehen und überließ ihn einem alten Mann, der an einem kleinen Tisch vor einer schlichten Mahlzeit saß: eine Käseecke, ein Stück Dorsch, eine Handvoll Brot und eine Flasche Wein.
    Das Gesicht des Mannes war eine verwitterte Landschaft aus Rissen und Spalten; der weiße Bart war zottelig, der kleine Bauch weich und rund. Die Augen lugten unter schneeweißen Haarbüscheln hervor, die dringend gestutzt werden mussten.
    Mit festem Blick schaute er Shaw an; dann deutete er auf den Tisch. »Hunger? Durst?«
    Es gab einen zweiten Stuhl, doch Shaw beschloss, sich nicht zu setzen. Der Alte hätte ihn womöglich erschossen, hätte er versucht, es sich bequem zu machen, denn der Mann hielt eine Waffe in der linken Hand, genau auf Shaw gerichtet. Außerdem waren die im Vorfeld besprochenen Instruktionen eindeutig gewesen. Man setzte sich nicht. Und man aß und trank auch nichts, wenn man leben wollte.
    Shaw hatte seinen Blick bereits durch den winzigen Raum schweifen lassen. Es gab nur eine Tür: die, durch die er gekommen war. Er hatte sich so positioniert, dass er sowohl die Tür als auch den Mann im Auge behalten konnte ... und dessen Waffe.
    Shaw schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich hab schon im De Groene Lanteerne gegessen.« Das war ein billiges Restaurant, wo man traditionelle holländische Küche in einem dreihundert Jahre alten Schankraum servierte, der auch so aussah.
    Nachdem die dämliche Parole ausgetauscht war, stand der Mann auf, zog ein Stück Papier aus der Tasche und reichte es Shaw.
    Shaw schaute sich die Adresse und die anderen Informationen auf dem Zettel an, zerriss ihn und warf die Fetzen in die Toilette an der Wand; dann zog er ab. Wie auf ein Stichwort setzte der Mann einen alten, speckigen Hut auf, warf sich einen geflickten Mantel über und ging.
    Shaw konnte noch nicht gehen. Sexuelle Begegnungen dauerten ein wenig länger, selbst bei Teenagern. Und man wusste nie, wer einen gerade beobachtete. Na ja, genau genommen wusste Shaw es. Es waren mehrere.
    Shaw ging zurück in den Hauptraum, wo die Frau sich katzenhaft auf dem Bett räkelte. Die Vorhänge waren noch immer zugezogen, und ihr Taxameter lief.
    »Willst du mich jetzt ficken?«, fragte die Frau gelangweilt und zog ihren Tanga hinunter. »Ist alles bezahlt«, fügte sie hinzu, als müsse sie Shaw erst noch verführen. »Eine ganze Stunde. Für weitere dreißig Euro halte ich mich auch nicht an die Liste.«
    »Ne, bedankt«, sagte Shaw und lächelte höflich. Wenn man eine Dame in sexuellen Fragen abwies, tat man es am besten in ihrer Sprache.
    »Warum denn nicht? Gibt es ein Problem?«, fragte sie offensichtlich beleidigt.
    »Ich bin verheiratet«, sagte
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