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Die Kampagne

Titel: Die Kampagne
Autoren: David Baldacci
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Schlag auf den Hinterkopf. Es war ein exakt bemessener Hieb, der betäuben, nicht töten sollte, obwohl Shaw ernsthaft versucht war, den Kerl ins Jenseits zu befördern. Als der Mann bewusstlos am Boden lag, drückte Shaw dem Jungen 100 Euro in die Hand und schickte ihn mit einer ernsten Warnung auf Niederländisch weg. Als die schnellen Schritte des Kindes verhallten, hatte Shaw wenigstens die Gewissheit, dass der Junge zumindest nicht in dieser Nacht verhungern oder sterben würde.
    Als er sich wieder in Richtung seines ursprünglichen Ziels auf den Weg machte, bemerkte er zum ersten Mal, dass die alte Börse direkt gegenüber vom Rotlichtbezirk stand. Das kam ihm irgendwie seltsam vor, bis er genauer darüber nachdachte. Geld und Prostitution waren schon immer Bettgefährten gewesen. Er fragte sich, ob einige der Damen wohl auch Aktien statt Bares akzeptierten.
    Doch noch seltsamer als seine Nähe zur Börse war die Tatsache, dass der Rotlichtbezirk von allen Seiten die Oude Kerk umgab, die Alte Kirche, das älteste und größte Gotteshaus der Stadt. 1306 als schlichte Holzkapelle errichtet, war sie im Laufe der folgenden zwei Jahrhunderte immer mehr erweitert und vergrößert worden. Irgendein Witzbold hatte sogar zwei Brüste in den Messinggehweg vor dem Portal eingearbeitet. Shaw war schon ein paarmal in dem Gotteshaus gewesen. Dabei waren ihm besonders die Schnitzereien im Chorgestühl aufgefallen, die Männer mit offenkundigen Verdauungsaktivitäten zeigten. In früheren Zeiten mussten die Messen wirklich lang gewesen sein.
    Heilige und Sünder, Gott und Huren, sinnierte Shaw, als er das Zentrum der Lastermeile erreichte. Die Holländer nannten dieses Viertel Walletjes oder »Kleine Mauern«. Angeblich gelangte nichts, was hinter den Mauern von Walletjes geschah, je nach außen - und genau darauf würde Shaw sich in dieser Nacht verlassen müssen.
    Der Rotlichtbezirk war nicht allzu groß, vielleicht zwei Kanäle lang; doch es gab eine Menge zu sehen. Nachts waren die bestaussehenden Prostituierten auf dem Strich, darunter viele atemberaubende Osteuropäerinnen, die man mit falschen Versprechungen hierher gelockt hatte. Nun waren sie »im Gewerbe« gefangen, wie man es beschönigend nannte. Ironischerweise waren die Nachtnutten mehr Show als sonst etwas, denn wer wollte schon durch die schreiend-wollüstig aufgemachten Eingänge gehen, wenn Tausende einen dabei beobachten konnten? Morgens und nachmittags war es hier wesentlich ruhiger; dann kamen auch ernsthaft interessierte Kunden zu den zwar nicht ganz so gut aussehenden, aber effizienten Damen der zweiten und dritten Schicht.
    Die Zimmer der Nutten waren dank des grellroten Neonlichts kaum zu verfehlen. In den Zimmern selbst gab es fluoreszierendes Licht, sodass die kaum vorhandene Kleidung der Mädchen leuchtete wie in der hellen Sommersonne. Shaw ging an einem Fenster nach dem anderen vorbei, in dem die Frauen standen oder tanzten oder erotisch posierten. In Wahrheit kamen die meisten Leute nur hierher, um zu gaffen, nicht um zu bumsen; trotzdem wurde in den Betten hier ungefähr eine Milliarde Euro pro Jahr erwirtschaftet.
    Shaw hielt den Kopf gesenkt. Seine Füße führten ihn auf direktem Weg zu einem ganz bestimmten Ziel. Er war fast da.

Kapitel 5
    D ie Dame im Fenster war jung und schön. Sie hatte rabenschwarzes Haar, das sich in Wellen um ihre nackten Schultern legte. An Kleidung trug sie einen winzigen, kaum noch als solchen zu bezeichnenden String-Tanga, Highheels und eine billige Halskette zwischen den großen Brüsten, deren Nippel mit Sonnenblumenblüten bedeckt waren.
    Interessante Aufmachung, dachte Shaw.
    Er hielt Blickkontakt mit ihr, während er sich einen Weg durch die Masse der Fußgänger bahnte. Die Frau empfing ihn an der Tür, wo er sein Interesse bestätigte. Trotz ihrer Highheels war sie gut einen Kopf kleiner als er. Im Fenster hatte sie größer ausgesehen; aber im Schaufenster sahen ja viele Dinge größer aus, als sie tatsächlich waren. Und besser. Wenn man die Ware dann mit nach Hause nahm, sah sie mit einem Mal gar nicht mehr so toll aus.
    Die Frau schloss die Tür und zog die roten Vorhänge zu - die einzigen Zeichen, dass Zimmer und Frau belegt waren. Der Raum war klein. Er hatte ein Waschbecken, eine Toilette und natürlich ein Bett. Neben dem Waschbecken befand sich ein Knopf, den die Nutte im Notfall betätigen konnte, um die Polizei zu alarmieren, die jeden Kunden einkassierte, der auf der Suche nach Befriedigung zu
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