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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin
Autoren: Helena Marten
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verlaufen wird!«, fuhr sie ungerührt fort.
    In dem Moment hob Sybilla drohend ihren Stößel und trat auf die Frau zu, als wollte sie ihn ihr über den Kopf schlagen. Ängstlich duckte sich die Kaffeeguckerin, während Johanna Sybilla mit ihrer freien Hand signalisierte, sich zurückzuhalten. Fieberhaft überlegte sie, was nun am besten zu tun sei. Aus der Frau schien man nicht mehr herauszukriegen. Aber lange konnten sie hier nicht mehr zu viert auf engstem Raum verweilen, zumal man sie in der Stube draußen sicher brauchte.
    Das Bimmeln der Türglocke aus dem Nachbarzimmer riss sie aus ihren Überlegungen. Kurz darauf war eine laute, herrische Stimme zu hören.
    »Uns wurde mitgeteilt, dass hier eine Kaffeeguckerin tätig ist. Wo steckt die Frau?«
    Ein eisiger Schauer lief Johanna über den Rücken. Anne hatte sich erschreckt die Hand vor den Mund geschlagen, nur Sybilla verzog wie immer keine Miene. Allen war klar, was die Stimme bedeutete: Der Schultheiß hatte seine Piketts ausgeschickt – wie die Frankfurter ihre Polizei nannten. Man hatte sie angezeigt.
    Nur die Betroffene selbst blieb ungerührt. Die Gunst der Stunde nutzend, befreite sie ihren Arm aus dem Griff der völlig überraschten Johanna und trat auf die Tür zur Gaststube zu. Sie hatte die Hand schon nach dem Knauf ausgestreckt, als Anne blitzschnell ein Bein ausstreckte und sie zum Stolpern brachte. Geistesgegenwärtig fing Johanna die fallende Frau auf und legte ihr sogleich eine Hand über den Mund.
    »Mmhhmm …. mhmmmm«, versuchte die Kaffeeguckerin auf sich aufmerksam zu machen. Sie schlug und trat heftig um sich, konnte sich aber in ihren vielen Gewändern nicht frei bewegen.
    Schließlich wurde es Sybilla zu bunt. Die Magd ließ ihren Stößel fallen und drehte der Frau so fest den Arm auf den Rücken, dass sie augenblicklich verstummte.
    »Hier war niemand«, vermeldete von nebenan die Stimme von Schosch.
    Endlich einmal übernimmt er so etwas wie Verantwortung, dachte Johanna erleichtert. Den Hauch von Verunsicherung in seinem Timbre hörte hoffentlich nur sie, die ihn so gut kannte.
    »Wo ist die Wirtin?«, schnarrte der Polizist wieder.
    »Ich muss wieder rüber«, flüsterte Johanna den beiden Mägden zu. »Ihr müsst sie allein in Schach halten.«
    Anne nickte eifrig, während Sybilla der Frau vorsichtshalber noch einmal gegen das Schienbein trat, sodass sie nur ja keinen Mucks von sich geben würde, wenn Johanna die Hand von ihrem Mund nahm.
    »Aber tut ihr nichts!«, raunte sie Anne ins Ohr, damit die Frau sie nicht hörte.
    Sybilla machte ihr manchmal Angst. Sie konnte nicht nur Tiere schlachten, Hühnern den Hals umdrehen, Katzenjunge ertränken und Ratten fangen – nein, nicht einmal vor einer Giftschlange war sie im letzten Sommer zurückgeschreckt. Das Tier hatte sich in der Mauer im Hof eingenistet: Ein Stein, mit dem Sybilla ihm den Kopf zertrümmert hatte, hatte verhindert, dass aus ihrem Hof ein Schlangennest wurde. Nie spiegelten sich irgendwelche Gefühle auf dem breitflächigen Gesicht der Magd. Johanna wollte später nicht auch das Tassenweib mit gebrochenem Genick vorfinden.
    »Sitzt meine Haube?«, fragte sie Anne.
    Mit konzentriertem Blick strich die Magd über die weiße Leinenhaube ihrer Herrin, dann glättete sie Johannas Schürze, während diese selbst die Bänder hinter ihrem Rücken neu befestigte.
    »Alles in Ordnung, Frau Johanna. Man sieht nichts von einem Kampf.«
    Sybilla hatte währenddessen die Kaffeeguckerin mit dem Oberkörper auf einen Tisch bugsiert, als wollte sie sie zum Schlachten bereitlegen. Mit einer Hand hielt sie ihr noch immer den Mund zu, mit der anderen versuchte sie ihr Zappeln zu unterdrücken.
    »Schnell, das Küchentuch!«, befahl sie Anne mit ihrer heiseren Stimme, die sofort begriff und das blau bestickte Tuch in lange Streifen riss.
    Die beiden würden schon ohne sie zurechtkommen, dachte Johanna in einer Mischung aus Erleichterung und Unruhe und atmete noch einmal tief durch. Dann öffnete sie die Tür zur Gaststube und schloss sie schnell wieder hinter sich zu.
    »Ah, die Herren von der Justiz!«, begrüßte sie die Männer mit gespielter Munterkeit. »Guten Tag! Wie schön, Sie auch einmal bei uns zu haben. Was dürfen wir Ihnen anbieten?«
    »Uns liegt eine Anzeige gegen Sie vor«, kam der dickere der beiden Piketts sofort zur Sache. »In Ihrer Wirtschaft soll ein Weib aus der Tassenweiberzunft ihrem Handwerk nachgehen.«
    Sein barscher Tonfall stand in einem merkwürdigen
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