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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition)
Autoren: Oliver Kern
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verloren. Ich war noch nie auf dem Teil des Grundstücks gewesen. Es gab viele Büsche, hinter denen sie sich verstecken konnte. Und dieses Gartenhaus.« Doreen zögerte. »Ein Geräusch hat sie verraten. Ich glaube, sie wurde von einer Wespe gestochen, als sie durch die Johannisbeersträucher ist. Ich griff mir die Axt, die im Hackklotz steckte. Nur, um meine Absichten deutlich zu machen. Es war wie ein Reflex, ich hatte nicht die Absicht, sie damit zu verletzen. Mit dem Beil in der Hand drückte ich mich ebenfalls durch die Büsche. Sie stand an der Rückwand des Schuppens, das Päckchen fest umklammert. Sie hatte nicht vor, mit mir zu teilen«, wiederholte sie. »Auch nicht, als ich ihr mit der Axt drohte. Sie brüllte laut und hysterisch, ich solle sie in Ruhe lassen. Dann hörte sie abrupt damit auf, glotzte entsetzt über meine Schulter hinweg, und ich wusste, dass jemand hinter mir stand. Wir hatten ihn nicht kommen hören, aber ihm war das Geschrei nicht entgangen. Ohne ein Wort holte er sein Handy aus der Tasche. Ich konnte nicht zulassen, dass er die Polizei rief, das müssen Sie doch verstehen!«
    Mit Louises Hilfe konnte Daniel aufrecht stehen. Seine Beine zitterten. Louise beäugte ihn kritisch von der Seite, während sie ihren Arm unter seine Achsel schob. Er legte seinen um ihren Nacken. Sie hatte annähernd seine Größe, das machte es einfacher. Eng umschlungen wie ein Liebespaar, bereit für einen romantischen Spaziergang. Und sie war stark, mit breiten Schultern.
    Trotzdem kamen sie nur langsam voran. Er war der Bremsklotz, und er konnte es ihr nicht verdenken, wenn sie ihren stützenden Griff löste, sobald sie erkannte, dass er sie angelogen hatte.
    »Versuchen wir’s«, flüsterte sie und hievte ihn hinaus in den dunklen Gang.
    Daniel warf einen letzten Blick auf den unförmigen, röchelnden Klumpen Mensch, der da zwischen seinen Schnapsflaschen lag, dann schloss Louise die Tür. Dunkelheit hüllte sie ein.
    »Es gibt kein Licht, nehme ich an?«, sagte er.
    »Entweder der Sturm hat die Stromleitung gekappt oder jemand war am Sicherungskasten. Ich habe sämtliche Lichtschalter probiert, die ich ertasten konnte. Wohin jetzt?«, herrschte sie ihn ungeduldig an.
    Daniel kam noch mehr ins Schwitzen. Er hatte keine Ahnung, es war stockdunkel, und irgendwo lauerte der Mörder. Daniel musste diese lähmende Furcht ablegen.
    Finde den Weg, du hast es versprochen!
In Bewegung zu bleiben war in jeder Hinsicht besser, als Wurzeln zu schlagen.
    »Nach links«, murmelte er und versuchte, zuversichtlich zu klingen.
    Sie widersprach nicht, weshalb er annahm, dass sie aus der anderen Richtung gekommen war. Ein Pluspunkt für ihn.
    Louise schleppte ihn mehr, als dass er ging. Ihr Atem klang laut in seinen Ohren. Mit der freien Hand tastete er sich an der unverputzten Ziegelmauer entlang. Es roch nach Moder, feuchten Kartoffeln und Fäkalien. Nach wenigen Schritten stießen sie an eine Wand. Eine T-Kreuzung, bei der es nach rechts weg heller wurde. Entweder ein Lichtschimmer, oder die Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit.
    Daniel zögerte nicht und lenkte sie auf das Licht zu, davon angezogen wie eine Motte.
Ins sichere Verderben?
    Mit jedem Meter, den sie zurücklegten, kehrte mehr Kraft in seine Beine zurück. Die Bewegung wirkte den erschlafften Muskeln entgegen. Die in Gang gebrachte Blutzirkulation schwemmte das Medikament aus seinem Körper, und die Zuversicht wuchs mit jedem schlurfenden Schritt. Sie konnten es schaffen.
    Dann stolperte er. Louise stieß einen schrillen Schrei aus. Es ging zu schnell, sie konnte ihre Umarmung nicht mehr lösen, er riss seine Fluchthelferin mit sich. Der Boden war hart und kantig. Daniel schlug sich den Ellbogen auf, doch der Schmerz war weniger elektrisierend, als er erwartet hatte. Die Drogen, die man ihm gespritzt hatte, betäubten nach wie vor die Nerven.
    Louise fiel auf seinen Brustkorb und presste ihm die Luft aus den Lungen. Ein heiseres Stöhnen entwich seinem Mund. Seine Füße hatten sich in etwas Weichem verheddert. Auch wenn er es nicht sehen konnte, sein Instinkt tippte auf einen Menschen, über den sie gefallen waren. Klebrige Feuchtigkeit war überall um ihn herum verteilt, und für eine Sekunde dankte er der Dunkelheit.
    »Was ist da?«, zischte Louise. In ihre Stimme mischte sich Panik.
    Daniel sagte nichts. Er stemmte sich auf die Knie und tastete sich widerwillig nach hinten. Fand ein Bein, dann den Rumpf. Es kostete Überwindung. Der Statur nach war
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