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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition)
Autoren: Oliver Kern
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diesen Wald gefahren bin, Egon zu töten, hätte ich wahrscheinlich nicht den Mut gefunden. Es mag unglaubwürdig in Ihren Ohren klingen, aber der Alte war bereits tot, als ich seinen Grund und Boden betrat«, raunte Bruno Schwarz. »Damit fiel der erste Dominostein, der eine Ereigniskette in Gang setzte, die mich mitriss. Der Anstoß, der mein Schicksal in diese Bahn lenkte und der letztlich zu unserer Begegnung führte.«
    Kristina verstand nicht, warum sich Schwarz jetzt noch herausredete. Er stand am Abgrund, welchen Sinn hatte es, in dieser Situation noch zu leugnen? Sollte er nicht besser mit erleichtertem Gewissen diese Existenz hinter sich lassen?
    »Wer?«, verlangte sie daher.
    »Bitte nicht«, erklang die Stimme von Doreen Mezger hinter ihr.
    Kristina duckte sich und wich zur Seite, bis die nackte Mauer des Kellergangs sie stoppte. Die Bäuerin befand sich in einem nicht einsehbaren Gang links von ihr, während sich Kristina im fahlen Licht des Treppenschachts wie auf dem Präsentierteller fühlte.
    »Putzfrau oder Bäuerin?«, säuselte der Architekt. »Ich habe es nicht hinterfragt, aber ich meine, wir wissen doch alle, wer es versteht, gekonnt das Beil zu schwingen.«
    »Nein!«, schrie Doreen. »Warum tust du mir das an, du Widerling!«
    Schwarz lachte schrill.
    »Wir suchen alle nach Erlösung, Doreen. Sie auch! Daher überlasse ich Ihnen gern das Wort. Sie werden erkennen, wie befreiend es ist, alle Last von sich zu werfen. Beichten Sie, was Sie getan haben, um ein Monster zu erschaffen.«
    Was sollte das? Worauf zielte Schwarz ab? Kristina hatte keine Zeit für lange Geständnisse. Sie musste Ralf retten. Und Daniel. Doch sie saß in der Falle. Doreen und Schwarz hatten sie in der Zange.
    »Es war außer Kontrolle geraten«, wisperte die Bäuerin.
    »Von Anfang an«, mahnte der Architekt. »Helfen Sie der Kommissarin und helfen Sie sich selbst, meine Gute.«
    »Ich war im Feld, um die Kolben auf Maisbrand zu kontrollieren. Der Parasit hat uns in letzter Zeit Probleme gemacht. Schon von Weitem entdeckte ich, dass die Putzfrau mal wieder unten am Tor geparkt hatte. Ich musste später dort vorbei, runter in die Aue, wegen der Heuernte. Aber mit dem Traktor und dem Kreiselheuer im Schlepp war kein Durchkommen, wenn dort ein Wagen stand. Daher wollte ich sie bitten, wegzufahren, war fast an der Straße, als ich hörte, wie das Tor aufging. Gleich darauf hetzte sie zu ihrem Auto. Ich befand mich noch zwischen den Maisstauden, sie konnte mich nicht sehen. Sie benahm sich seltsam hektisch. Trug ein Päckchen bei sich, das sie sich unter den Arm klemmte, während sie nach dem Autoschlüssel in ihrer Handtasche kramte. Ich trat hinter sie. Sie musste mich in der Spiegelung der Seitenscheibe bemerkt haben, denn urplötzlich wirbelte sie herum. Kreidebleich war sie, und sie hat geschrien. Der Umschlag fiel zu Boden, platzte auf, und das ganze Geld rutschte heraus.« Doreen hielt inne.
    Kristina presste den Rücken gegen die kühle Steinmauer, während sie versuchte, den Bericht der Bäuerin in die Chronologie der schrecklichen Ereignisse dieses Sommers zu reihen.
    »Sie bückte sich, raffte die Scheine zusammen und stopfte sie zurück in das Kuvert«, fuhr die Frau fort. »Tat so, als wäre nicht eben ein Vermögen vor ihr in den Staub gefallen. Dabei war ihr anzusehen, dass sie dieses Geld hatte mitgehen lassen und damit abhauen wollte. Sie verstehen mich doch, ich konnte sie nicht einfach damit wegfahren lassen. Wie lange haben wir für diese beschissene Hormonbehandlung gespart, ohne dass es je ausreichte. Mir hätte doch nur eine Handvoll der Fünfhunderterscheine genügt, aber sie drückte das Bündel an sich wie eine trotzige Dreijährige, die ihre Schokolade nicht teilen wollte.« Ihre Stimme zerfaserte mit jedem Satz ein wenig mehr.
    Kristinas Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, sie konnte sowohl Schwarz als auch Doreen vage erkennen. Ihre Heckler & Koch lag nicht weit von der ersten Treppenstufe entfernt.
    »Der Motor sprang an, der das Tor automatisch schloss«, fuhr Doreen fort. »Die Putzfrau wartete, bis es nur noch einen Spaltbreit offen war, und stürmte los, zurück auf das Anwesen. Ihre Gedanken waren nicht schwer zu erraten. Ich war schnell genug, um hinterherzukommen. Sie rannte hoch zur Villa und verlor dabei ihre Handtasche und den Schlüssel. Also rannte sie zwischen Garage und Hauptgebäude hindurch in den hinteren Garten. Dort habe ich sie kurz aus den Augen
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