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Die Jaeger

Die Jaeger

Titel: Die Jaeger
Autoren: Johanna Marthens
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zu wem ich jetzt gehörte. Es war eine Gruppe, so etwas wie eine Sekte, die furchtbare Rituale durchführte. Sie opferte Menschen, auch Kinder, und machte grausame Dinge mit ihnen. Ich war immer mit dabei, ich habe so viele schreckliche Sachen getan, die du dir gar nicht vorstellen kannst. Und die ich dir nicht erzählen kann. Ich habe sie einmal aufgeschrieben, es war entsetzlich. Ich habe ein paar Jahrzehnte mit dieser Gruppe gelebt und alles mitgemacht, irgendwann bin ich dann zur Vernunft gekommen. Doch sie wollten mich nicht gehen lassen und drohten damit, jeden umzubringen, der mit nahestand. Deshalb habe ich niemanden aus meiner Familie je wiedergesehen. Meine Lieben wähnten mich tot, und ich ließ sie in dem Glauben. Irgendwie war ich es ja auch.«
    Er hielt inne. Ich sah, dass ihn die Erinnerungen schmerzten.
    »Und wie bist du ihnen entkommen?«, fragte ich.
    »Ich bin eines Tages geflohen. Ich hatte es geschafft, sie zu überlisten. Ich hielt mich lange versteckt, erst Jahre später kam ich wieder ans Tageslicht und glaubte mich in Sicherheit. Doch sie fanden mich. Sie finden mich immer wieder. Ich weiß nicht, wie sie es anstellen, doch irgendwie kommen sie mir stets auf die Spur und stöbern mich auf.«
    »Was passiert dann?«
    »Sie wollen mich zurückholen. Es darf ihnen niemand entkommen. Wer sie verlässt, muss entweder zurück oder sterben.«
    Ich schwieg für einen Moment. Er sah mich nachdenklich an.
    »Denkst du, sie finden dich in Mullendorf? Darauf kommen sie bestimmt nicht.«
    Er lächelte. »Sie finden mich überall. Sie hatten mich erneut aufgespürt und ich war auf der Flucht, als mein Auto an deiner Tankstelle liegenblieb. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie mich hier aufstöbern. Deshalb muss ich bald weg, Moona.«
    Ich schluckte. »Ich verstehe.«
    »Es ist nicht, weil ich dich oder das Dorf nicht mag, sondern weil ich dich beschützen muss. Sie würden furchtbare Dinge mit dir anstellen, wenn sie mich in deiner Nähe fänden.«
    Ich nickte. »Das Leben als Vampir ist wirklich anstrengend, wie mir scheint. Nicht nur ein unheimlicher Kult, sondern auch Vampirjäger verfolgen dich. Da bin ich richtig froh, Mensch zu sein. Ich muss mich nur vor ganz normalen irren Mördern fürchten.«
    Er versuchte ein weiteres Lächeln. Dieses Mal gelang es ihm besser.
    »Eigentlich dürftest du dich wirklich nicht mit mir abgeben. Oder mit Leif. In unserer Nähe bist du in Gefahr.«
    »Würden die Vampirjäger mir etwas antun?« Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, dass auch Sympathisanten im Fadenkreuz stehen könnten.
    »Sie würden dich nicht ins Reservat bringen, aber zumindest stundenlang verhören und möglicherweise sogar foltern. Das Kriegsrecht von 1624 ist wieder in Kraft getreten, seitdem es uns offiziell gibt.«
    Ich erzählte ihm nun von meinem Traum. Er hörte mir aufmerksam zu, wirkte besorgt, doch ebenfalls nicht zu Tode erschrocken.
    »Leif hat Recht«, sagte er schließlich. »Es werden Spione sein, die herausfinden wollen, ob es sich lohnt, die Truppen hierherzuschicken. Wenn wir uns unauffällig verhalten, kann es sein, dass sie wieder abziehen.«
    »Und wenn ihr in die Falle lauft? Den ersten erkenne ich, den zweiten nicht.«
    »Wir halten uns von jedem fern. Bei mir ist das einfach, ich gehe einfach nicht aus dem Haus. Leif hat es als Bürgermeister schon schwerer. Aber wir müssen es durchziehen. Ich habe keine Lust auf ein Reservat. Und den endgültigen Tod.«
    »Ich will das auch nicht.«
    Er sah mich an und wirkte so ruhig und sanft, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass er jemals schreckliche Dinge getan haben sollte.
    »Warum hilfst du mir?«, fragte er leise. »Ich bin doch ein völlig Fremder für dich. Es ist noch gar nicht so lange her, da hieltest du mich für ein Monster.«
    »Das ist nicht wahr«, protestierte ich. »Als du in meinem Auto saßt, da hast du dich selbst als Dämon bezeichnet und ich war völlig ruhig.«
    »Das stimmt. Du warst sehr tapfer, als ich dir die Wahrheit sagte.«
    »Tapfer?« Ich lachte auf. »Das klingt, als würde es wehtun. Ich finde dich und Leif wirklich nicht abschreckend oder abstoßend oder gefährlich. Ihr seid nur eine andere Rasse von Menschen.«
    Er nahm meine Hand. »Moona, das darfst du auf keinen Fall glauben. Es gibt noch einige Vampire wie Leif und ich, die sich angepasst haben und einfach unter den Menschen leben, aber es gibt auch ganz andere. Die, von denen ich vorhin erzählt habe, sind wirklich Monster,
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