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Die irische Heilerin

Die irische Heilerin

Titel: Die irische Heilerin
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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und selbst die schlimmsten klaffenden Wunden geheilt, diesmal war es ihr jedoch, als würde die Nadel in ihr eigenes Fleisch dringen.
    Warum erschreckte es sie so, ihn um sein Leben kämpfen zu sehen? Sie hatte gedacht, ihre Gefühle für ihn lange hinter sich gelassen zu haben.
    Nun strich sie den warmen Kräuterbrei auf seine Brust und verband sie ein weiteres Mal. Es war an der Zeit, ihre Aufmerksamkeit etwas anderem zuzuwenden – seinen Knochen. Der unnatürliche Winkel des Gelenks und die dunkelvioletten Verfärbungen an seiner rechten Hand ließen auf ein gebrochenes Handgelenk schließen. Seine linke Hand hatte geschwollene Finger und aufgeschlagene Knöchel.
    Seltsam. Diese Verletzungen stammten nicht aus einem Kampf. Jemand hatte ganz bewusst versucht, die Knochen zu zertrümmern. Wieder kam ihr der Gedanke an Folter. Ihr Magen zog sich zusammen, und Zweifel überfielen sie.
    Hatte sie das Wissen, solche komplizierten Wunden zu heilen? Oder noch schlimmer, hätte sie den Mut, seine Hände zu amputieren, wenn es nötig werden würde, um sein Leben zu retten? Sollte sich die Haut grün oder schwarz färben, würde sie keine Wahl haben. Ihr Herz schien zu stolpern, und ihr wurde übel bei dem Gedanken, ihm solche Schmerzen bereiten zu müssen. Sie schickte wieder ein Gebet gegen die Dämonen der Krankheit gen Himmel.
    „Mutter, ist alles in Ordnung?“ Ihre Tochter Rhiannon trat in die Hütte. Eileen erstarrte kurz bei ihrem Anblick. Das hatte sie ganz vergessen. Ihre Tochter, die bei einer Pflegefamilie aufwuchs, kam häufig zu Besuch, um die Heilkunst von ihr zu lernen.
    Eileen warf einen schnellen Blick zu Connor hinüber und sah, dass er noch immer bewusstlos war. Sie legte ihren Arm um Rhiannon und führte sie aus der Hütte. „Es ist alles in Ordnung.“
    Auf Rhiannons Gesicht zeigte sich Verwirrung.„Willst du, dass ich dir helfe? Der Mann in der Hütte …“
    „Heute nicht.“ Eileen bemühte sich, ihre Stimme ganz ruhig klingen zu lassen. „Aber du kannst für ihn beten.“
    Rhiannon sah sie mit kritischem Blick an. „Werden die Gebete helfen, ihn zu heilen?“ Sie drehte ihren dunkelbraunen Zopf zwischen den Händen. Ein besorgter Ausdruck trat auf ihr Gesicht.
    „Es kann zumindest nicht schaden.“
    „Lass mich dir doch helfen“, bettelte ihre Tochter.
    „Nein.“ Ihre Antwort kam schärfer, als sie beabsichtigt hatte. Eileen zwang sich zu einem Lächeln. „Es wird ihm bald besser gehen. Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.“ Die Lüge vergrößerte ihre Schuld nur noch.
    „Du bist eine gute Heilerin, Mutter. Egal, was sie behaupten“, sagte Rhiannon und fügte mit leuchtenden Augen hinzu: „Ich will so sein wie du.“
    Eileens Haut überzog sich vor Verlegenheit mit einer sanften Röte. „Ich hoffe, dass du einmal eine viel bessere Heilerin als ich sein wirst.“ Sie war dankbar, dass sie so ein enges Verhältnis zu ihrer Tochter hatte. Die meisten Kinder standen ihren Pflegeeltern näher als ihrem eigenen Fleisch und Blut. Aber Rhiannons häufige Besuche sorgten dafür, dass ihre Tochter sie mit jedem vergehenden Jahr nur umso mehr liebte.
    „Sie holen eine neue Heilerin“, berichtete Rhiannon ihr mit einem Stirnrunzeln. „Ich habe gehört, wie Tómas davon gesprochen hat.“
    „Wann?“
    „Noch diese Woche.“ Rhiannon nahm die Hand ihrer Mutter. „Aber sie kann unmöglich so gut sein wie du. Es war nicht deine Schuld, was passiert ist. Sie …“
    „Es ist mir gleichgültig“, unterbrach Eileen sie. „Deine Pflegeeltern werden schon auf dich warten. Du gehst jetzt besser.“
    „Kann ich dich morgen sehen?“
    „Nicht solange der Mann noch da ist.“
    „Aber warum denn nicht? Ich habe dir doch auch schon vorher bei der Versorgung von Kampfwunden geholfen.“
    „Tu bitte einfach, was ich dir sage. Wenn er zu seinen Leuten zurückgekehrt ist, kannst du wieder zu mir kommen.“ Eileen zog ihre Tochter nah zu sich heran und umarmte sie. Ihr dunkles braunes Haar streichelnd, murmelte sie: „Wir werden uns hinterher wiedersehen.“
    Rhiannon erwiderte ihre Umarmung. „Ich komme bald wieder, um dich zu besuchen, Mutter.“
    „Ich liebe dich, mein Kind . Sei artig.“ Sie stupste ihre Nase gegen die von Rhiannon.
    „Werd ich.“
    Eileen wartete, bis ihre Tochter die Kuppe des Hügels erreicht hatte, bevor sie zu Connor zurückkehrte. Sie dankte den Heiligen, dass Rhiannon sie nicht weiter ausgefragt hatte.
    Im Inneren der Hütte lag Connor noch immer völlig
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