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Die irische Heilerin

Die irische Heilerin

Titel: Die irische Heilerin
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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    Eileen unterdrückte ihre Enttäuschung, als sich seine Augen wieder schlossen. Sie veränderte ein wenig seine Position, damit er bequemer lag. Seine Hände waren auf beinahe das Doppelte ihrer normalen Größe angeschwollen, die Haut prall gespannt von Blut. Wenn Winter wäre, hätte sie die Schwellungen mit Schnee lindern können. So goss sie stattdessen kaltes Wasser in Holzschüsseln und legte seine Hände vorsichtig hinein.
    Sie eilte nach draußen und lief in ihre eigene Hütte, um passende Schienen zu holen. Schnell sammelte sie sauberes Leinen und Holz zusammen, aber in ihrer Eile ließ sie das Bündel fallen. Das war der Augenblick, in dem sie das Zittern ihrer Finger bemerkte. Sie musste ihr rasendes Herz beruhigen und sich ganz auf die Behandlung konzentrieren.
    Hör auf, dich wie ein dummes Mädchen zu benehmen, warnte ihre innere Stimme sie. Er wird sich vermutlich nicht einmal an dich erinnern.
    Sie hüllte das Leinen und die Schienen in eine Falte ihres wollenen Umhangs und benutzte ihn, um alles in die Krankenhütte hinüberzutragen.
    Beim Feuer hielt sie kurz an und füllte eine Schüssel mit heißem Wasser aus dem Kessel. Die Flusssteine! Beinahe hätte sie sie vergessen. Sie legte die Schienen und Bandagen auf der Schwelle der Hütte ab und stellte den Topf mit dem heißen Wasser neben ihre Kräuter. Danach kehrte sie noch einmal zum Feuer zurück und benutzte einen eisernen Stab, um die heißen Granitsteine in das Innere der Hütte zu rollen, um sie auf diese Weise zu erwärmen.
    Connor hatte das Bewusstsein noch immer nicht wiedererlangt. Eileen nahm einen tiefen Atemzug und sammelte sich. Sie kniete sich neben ihn und schnitt ihm die Reste seiner blutgetränkten Tunika mit einem Dolch vom Leib. Er bewegte sich kein einziges Mal. Stimmen des Zweifels fingen an, ihr Selbstvertrauen zu untergraben. Was, wenn er schon zu weit über die Schwelle zwischen Leben und Tod gewandert war?
    Hör auf, dir Sorgen über das zu machen, was du nicht zu än dern vermagst. Konzentriere dich auf das, was du ändern kannst. Sie durchsuchte ihr Gehirn nach den Lehren, die sie von der alten Heilerin Kyna empfangen hatte. Lilienwurzeln und Malvenblätter, falls die Schwellungen noch zunahmen. Würde das ausreichen? Connor war der Pflegesohn des Clanoberhaupts, die Familie liebte ihn sehr. Wenn es ihr gelang, ihn zu heilen, würde das vielleicht die feindlichen Gefühle mildern, die sie ihr entgegenbrachten.
    Eileen entfernte die Leinenbandage und die Zwiebel. Anschließend tauchte sie ein Tuch in sauberes Wasser und wusch das Blut von seinem Gesicht. Sie intonierte einen leisen Heilgesang, nicht zuletzt, um ihre aufgewühlten Gefühle zu beruhigen.
    Ein weiteres Mal untersuchte sie die Wunden auf seiner Brust und entschied, welche Schnitte genäht werden mussten. Als ihre Finger über seinen Oberkörper wanderten, schweiften ihre Gedanken ungewollt ab.
    Der verbotene Geschmack seines Kusses hatte einst ihre Träume erfüllt. In einer mondhellen Nacht hatte Connor sie umarmt, unwillkürlich erinnerte sie sich an das Gefühl seiner harten Muskeln auf ihrer Haut. Ein Zittern durchlief sie, und Eileen unterdrückte die früher so vertrauten Gefühle des Verlangens. Sie stand auf und zwang sich, sich wieder auf seine Verletzungen zu konzentrieren.
    Als sie von Connor wegtrat, ging sie an einigen Bündeln getrockneter Kräuter vorbei, die von der Decke hingen. Der aromatische Duft half ihr, ihre Gedanken zu klären. Sobald sie an dem kleinen Tisch ankam, wo sie die Medikamente aufbewahrte, entschied sie sich für Beinwell. Sie griff nach Stößel und Mörser und zerdrückte die Wurzeln, bis sie einen feuchten Brei ergaben. Danach goss sie heißes Wasser darüber.
    Eileen setzte sich neben Connor und stellte den Mörser in der Nähe ab. Sie fädelte einen Faden in eine Nadel aus Knochen und begann, den tiefen Riss an seiner Schläfe zu nähen. Seine wächserne Haut, seine Reglosigkeit trotz der Nadelstiche ließen sie befürchten, dass er doch noch sterben würde.
    Ein leises Gefühl von Bedauern entfaltete sich tief im Inneren ihres Herzens. Sie hatte versucht, ihn zu hassen, die Gefühle, die sie einst für ihn gehabt hatte, zu verdrängen. Aber ein Teil von ihm würde immer bei ihr sein, egal, wie sehr sie die Vergangenheit vergessen wollte.
    Eileen hielt die von Schnitten durchzogene Haut auf seiner Brust zusammen und schloss auch diese Verletzungen mit kleinen Stichen. Schon unzählige Schnitte hatte sie genäht
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