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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
Autoren: Dan Simmons
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als die der Aufklärer waren, aus dem Farcaster materialisierten. Der Nachthimmel von TC 2 war vom Zenit bis zum Horizont von Narben goldroter Linien überzogen.
    Irgendwo setzte Beifall ein, und binnen weniger Sekunden hallten donnernder Applaus und heisere Jubelrufe über die Rasenflächen und Gartenanlagen im Deer Park des Regierungshauses hinweg, als die gutgekleidete Menge der Milliardäre und Regierungsangestellten und Angehörigen der Adelshäuser von hundert Welten alles vergaßen, abgesehen von Hurrapatriotismus und Kriegswahn, die nach mehr als anderthalb Jahrhunderten Schlaf nun wieder geweckt wurden.
    Ich applaudierte nicht. Unbeachtet von allen um mich herum brachte ich meinen Trinkspruch zu Ende – nicht auf Lady Philomel, sondern auf die anhaltende Dummheit meiner Rasse und kippte den Rest Champagner hinunter. Er schmeckte fad.
    Über uns waren die bedeutenderen Schiffe der Flotte ins System übergesetzt. Ich wußte nach einem kurzen Kontakt mit der Datensphäre – deren Oberfläche inzwischen so von Informationsströmen überflutet war, daß sie einem sturmgepeitschten Meer glich –, daß das Kernstück der Armada von FORCE:Weltraum aus über hundert großen Spin-Schiffen bestand: mattschwarzen Gefechtsträgern, die mit eingezogenen Geschütztürmen wie Speere im Flug aussahen; Drei-C-Kommandoschiffen, so schön und kantig wie Meteore aus schwarzem Kristall; kugelförmigen Zerstörern, die zu groß geratenen Schlachtschiffen glichen, was sie ja auch waren; Grenzverteidigungsforts, mehr Energie als Materie, deren gewaltige Sperrfelder auf totale Reflektion geschaltet waren – gleißende Spiegel, in denen sich Tau Ceti und Hunderte von Feuerspuren darum spiegelten; schnellen Kreuzern, die sich wie Haie in dem langsameren Schwarm der großen Schiffe bewegten; wuchtigen Truppentransportern, die Tausende von FORCE:Marines in ihren Null-Ge-Kojen transportierten; und Dutzenden von Logistikschiffen – Fregatten; schnelle Angriffsjäger; Torpedo-ALRs; Fatlinerelaisstationen und die Farcaster-SprungSchiffe selbst, klobige Dodekaeder mit ihrer märchenhaften Anordnung von Antennen und Scannern.
    Um die Flotte herum schwebten – von der Verkehrskontrolle in sicherer Distanz gehalten – die Jachten und Sonnensegler und privaten InSystem-Schiffe, deren Segel das Sonnenlicht einfingen und die Pracht der Armada spiegelten.
    Die Gäste auf dem Gelände des Regierungssitzes johlten und applaudierten. Der Herr im Schwarz von FORCE weinte stumm. In der Nähe übermittelten versteckte Kameras und Breitbandbildaufzeichner den historischen Augenblick zu jeder Welt im Netz und – via Fatline – zu Dutzenden Welten, die nicht dazugehörten.
    Ich schüttelte den Kopf und blieb sitzen.
    »M. Severn?« Eine Sicherheitsangestellte stand über mir.
    »Ja?«
    Sie deutete mit einem Nicken in Richtung des Verwaltungsgebäudes. »Präsidentin Gladstone möchte Sie jetzt empfangen.«
     

2
     
    Jedes mit Unordnung und Gefahren überfrachtete Zeitalter scheint einen Führer hervorzubringen, der nur für dieses Zeitalter bestimmt zu sein scheint, einen politischen Giganten, dessen Fehlen im nachhinein, wenn die Geschichte dieses Zeitalters geschrieben wird, unvorstellbar erscheint. Meina Gladstone war genau so eine Führerin für unser Letztes Zeitalter, aber damals hätte sich niemand träumen lassen, daß es außer mir keinen geben würde, der die wahre Geschichte von ihr und ihrer Zeit schreiben konnte.
    Gladstone war so oft mit der klassischen Gestalt des Abraham Lincoln verglichen worden; ich war erstaunt, als sie mich in der Nacht der Party zu Ehren der Armada schließlich zu ihr brachten, daß sie keinen schwarzen Gehrock und Zylinder trug. Die Präsidentin des Senats und Herrscherin über hundertunddreißig Milliarden Menschen trug einen grauen Hosenanzug aus weichem Wollstoff, dessen Hose und Oberteil lediglich an den Säumen und Manschetten von haarfeinen roten Litzen geschmückt wurden. Ich fand nicht, daß sie wie Abraham Lincoln aussah ... noch wie Alvarez-Temp, dem anderen Helden der Antike, mit dem sie von der Presse häufig verglichen und als Doppelgänger bezeichnet wurde. Ich fand, sie sah wie eine alte Dame aus.
    Meina Gladstone war groß und schlank, aber ihr Antlitz war mehr raubvogelgleich als lincolnesk – die gebogene Hakennase; vorstehende, spitze Wangenknochen; breiter, ausdrucksvoller Mund mit dünnen Lippen; und graues kurzgeschorenes Haar, welches tatsächlich an Gefieder gemahnte. Aber für mich
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