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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dorthin zurückkehren, aber nicht mit Feuer und Schwert, nicht, um Leid und Unrecht durch noch mehr Leid und Unrecht zu tilgen. Sie empfand keinen Rachedurst, und auch das war etwas, was ihre Mutter irgendwann, vor sehr langer Zeit, einmal zu ihr gesagt hatte und was sie wie so vieles erst jetzt wirklich verstand. Rache machte nichts wieder gut, sondern alles nur noch viel schlimmer.
    Arianrhod drehte sich in die andere Richtung, dorthin, wo das Hügelgrab ihrer Mutter lag, ebenso verborgen in der Schwärze wie Goseg, aber näher, vertrauter und wärmer. Der Schmerz in ihrer Brust war immer noch nicht verstummt, und ganz würde er das vielleicht nie tun, aber nun auf eine schwer greifbare Art dennoch versöhnlicher. Vielleicht, weil sie spürte, dass ihre Mutter zwar tot war, trotzdem aber auf eine gewisse Weise immer bei ihr sein würde.
    Nein, sie wollte keine Rache. Sie würde tun, was ihre Mutter von ihr verlangt hatte - was sie wirklich gemeint hatte -, und mit Dragosz gehen, und all das uralte und kostbare Wissen, das sie von ihr geerbt hatte, würde ganz gewiss nicht der Rache dienen, auch wenn Dragosz das vielleicht im Augenblick noch annehmen mochte. Sie würde seinem Volk helfen, so wie ihre Mutter Nors Volk geholfen hatte, und vielleicht würde sie ihm ermöglichen, in eine Zukunft zu gelangen, in der das Leben ein winziges bisschen besser war. Und bis dahin - und darüber hinaus bis ans Ende ihres Lebens - würde sie das sein, wozu ihre Mutter sie erzogen hatte: die Hüterin der Himmelsscheibe.

Nachwort
    Die Idee, einen großen Romanzyklus zur Himmelsscheibe zu schreiben, die man kurz vor der Jahrtausendwende unter spektakulären Umständen in der Nähe des mitteldeutschen Städtchens Nebra gefunden hatte, gefiel mir auf Anhieb. In diesem besonderen Fall darf ich das sagen, weil die Idee nicht von mir, sondern von Dr. Wolfgang Ferchl stammt, dem Verleger des Piper Verlags und profunden Kenner historischer Stoffe. Bei einem Treffen Anfang 2004 fingen wir beide Feuer bei der Vorstellung eines Himmelsscheibenepos, das szenisch einfängt, wie zwei verschiedene Kulturen und damit Wertevorstellungen aufeinander prallen.
    Wahrscheinlich erinnern Sie sich: Zwei Jahre zuvor konnte die »Nebra-Scheibe« bei einer fingierten Verkaufsaktion im schweizerischen Basel sichergestellt werden. Erst nach und nach kam ans Licht, dass sie bereits Jahre zuvor aus der Erde gebuddelt und zuerst für einen alten Eimerdeckel gehalten worden war, bevor sie eine abenteuerliche Reise von Hehler zu Hehler antrat. Erst der Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt, Dr. Harald Melier, machte dem ein Ende. Als ihm die 3600 Jahre alte Scheibe angetragen wurde, bot er zum Schein 350.000 EUR, um dann bei der Übergabe Sicherheitskräfte zuschlagen und die Himmelsscheibe sicherstellen zu lassen.
    Wieder zurück ins Jahr 2004. Am 6. Mai ergab sich für mich die Gelegenheit, eine Einladung von Dr. Melier anzunehmen und das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle aufzusuchen, in dem die Nebra-Scheibe und andere Bronzezeitfunde gerade für die Ausstellung »Der geschmiedete Himmel« zusammengestellt wurden. In dem aufschlussreichen Gespräch mit Dr. Melier und seinen Kollegen erfuhr ich nicht nur, welch erstaunlich präzise Himmelskarte die Scheibe darstellt, sondern auch viele Details über das alltägliche Leben in der frühen Bronzezeit, die ich später in meinen Roman einfließen lassen konnte. Am überwältigendsten für mich aber war der Moment, als ich von Dr. Meiler persönlich die Erlaubnis bekam, die Himmel sscheibe in die Hand zu nehmen. Mit speziellen Handschuhen entnahm ich die Scheibe ihrer Umhüllung. Obwohl darauf vorbereitet, überraschte mich ihr enormes Gewicht. Es mag vielleicht komisch klingen: Aber der Augenblick, in dem ich diese fast viertausend Jahre alte Metallscheibe in den Händen hielt, erfüllte mich mit Ehrfurcht.
    Mich faszinierte nicht nur die archäologische Sensation, die älteste bekannte Darstellung des Universums in den Händen zu halten - älter als alles, was aus dem Zweistromland und dem alten Ägypten in dieser Richtung gefunden wurde -, sondern auch die langsam in mir aufdämmernde Erkenntnis, dass wir alle bislang vollkommen falsche Vorstellungen von der frühen Bronzezeit in Mitteleuropa hatten. Es war eine Hochkultur, gemessen am astronomischen Wissen, an den Fertigkeiten in der Metallverarbeitung und den weit verzweigten Handelsbeziehungen. Allerdings überlieferte sie uns keine geschriebenen Texte und
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