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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin
Autoren: Karla Weigand
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waren.
     
    Donna Clara Maria di Ruspoli-Mirandola konnte in der Tat zufrieden sein: Ihr Kloster ginge unbeschadet aus der Sache hervor und niemand würde dem Knecht Giorgio verfängliche Fragen stellen. Der gute Ruf der Contessa di Pietrasanta bliebe makellos und der Jüngling Rupert Wolfgang, Graf zu Mangfall-Pechstein, würde in keinerlei Zusammenhang mit dem Kloster und seinen Novizinnen gebracht.
    »Eine Weile wird das sicher gutgehen«, prophezeite Pater Winfried, der insgesamt nicht ganz so zufrieden war, seinem Herrn.
    »Aber, vergesst nicht, Euer Gnaden, es handelt sich um ein Nonnenkloster ! Und ein Haus voller Weiber - verzeiht meine Offenheit - ist ein Ort, wo in Kürze die obskursten Gerüchte üppig ins Kraut schießen werden. Da mag die Äbtissin zwar alle zum Stillschweigen verdonnern: Das Getratsche von Klosterfrauen und Novizinnen wird sie auf Dauer kaum unterbinden können.«
    »Ihr glaubt demnach, Pater, dass die unrühmliche Rolle meines Sohnes dennoch offenbar werden könnte?«
    »Davon solltet Ihr lieber ausgehen, Herr.«

    Der Graf zu Mangfall-Pechstein, dem der Verlust seines Sohnes bislang noch gar nicht so richtig bewusst war, erblasste. »Gott im Himmel! Das würde ja bedeuten, dass unsere Familie beim Herzog mit seiner ausgeprägten Bigotterie für alle Zeiten unten durch wäre. Was sollen wir denn bloß tun?«
    »Ich werde Gott, den Herrn, um Erleuchtung bitten«, schlug der Benediktiner dem unglücklichen Vater vor.
    »Hoffentlich hilft’s«, murmelte der Graf skeptisch.
     
    Rupert sollte seine letzte Ruhe in der Familiengruft finden, auf dem Anwesen seiner väterlichen Ahnen in Oberbayern - wenn auch unter einem anderen Namen. So hatte es sein Vater, mit ausdrücklicher Unterstützung durch den langjährigen Beichtvater Winfried, nach langer nächtlicher Beratung beschlossen. Eine Entscheidung, die den Jüngling nicht mehr stören würde …
    Diejenige, deren Leben dadurch allerdings gehörig durcheinandergewirbelt wurde, war Ruperts Zwillingsschwester Alberta Amalia.

PROLOG, DRITTER TEIL
    Etwa zur selben Zeit in Bayern
     
    DIE SIEBZEHNJÄHRIGE ALBERTA weilte, nichts Böses ahnend, auf Schloss Pechstein, dem Schloss ihrer Eltern, unterhalb der Kampenwand und hoch über dem Chiemsee. Sie wurde zwar tagtäglich von ihrer Mutter Eleonora darauf hingewiesen, dass ihr noch eine Menge fehle, um die Braut eines Edelmannes abzugeben, dennoch führte sie das sorglos-angenehme, wohlbehütete Dasein einer jungen Dame der Oberschicht.
    Vor allem ihr ausufernder Wissensdurst und ihr Drang nach Gelehrsamkeit, nach Büchern und lebhaften Diskussionen mit gebildeten Menschen wurden von der Gräfin Eleonora nicht besonders begrüßt.
    »Merke dir, kein vernünftiger Mann will eine Frau haben, die klüger ist als er selbst, mein Kind. Was du wissen musst, um eine gute Partie zu machen und einmal einen hochadeligen Haushalt zu leiten, das kann ich dir beibringen. Und das genügt; dein Bücherwissen kannst du dir an den Hut stecken«, schimpfte beinahe regelmäßig die hübsche, etwas zur Üppigkeit neigende Eleonora, die aus einem toskanischen Adelsgeschlecht kam, das weitläufig mit einer Nebenlinie der Visconti, sowie mit den Medici verwandt war.
    Insgesamt hatte sie ihrem Gemahl vier gesunde Kinder geschenkt. Ihren beiden Ältesten, den Zwillingen Rupert und Alberta, hatte sie ihren leicht bräunlichen Teint, die schwarzlockige Haarpracht, das heitere Gemüt und das lebhafte Temperament
vererbt. Dazu besaßen beide Kinder die blauen Augen ihres Vaters Wolfgang Friedrich, seine schlanke drahtige Figur und seine Neigung zum gründlichen Nachdenken, Hinterfragen und Sinnieren.
    Sowohl Sohn als auch Tochter waren hochgewachsen und gertenschlank - und sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Als sie noch kleiner waren, hatten sie sich oft einen Spaß daraus gemacht, ihre Kleidung zu tauschen und die unterschiedlichen Frisuren unter einer Mütze oder Haube zu verstecken, um sich dann schiefzulachen, wenn alle sie für die oder den anderen hielten …
    Beide waren fröhlich, fromm und gutwillig, im Allgemeinen folgsam und intelligent - wobei die Tochter zum heimlichen Kummer des Grafen ihren Bruder bei weitem an Lerneifer und Kombinationsgabe, sowie an gesundem Menschenverstand übertraf. Herr Wolfgang Friedrich und die Gräfin hätten sich diese Eigenschaften lieber für ihren Sohn und Erben gewünscht.
    Der Vater hatte darauf bestanden - gegen den Wunsch seiner Gemahlin -, beide Kinder von denselben
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