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Die Hexe von Salem

Die Hexe von Salem

Titel: Die Hexe von Salem
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vonnem?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht«, erwiderte ich steif. Ich trat zurück, nahm den Hut ab und deutete eine Verbeugung an – ohne ihn dabei auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. »Mein Name ist Craven«, sagte ich. »Robert Craven. Bitte melden Sie mich Mister Howard – und sagen Sie ihm, dass ich Grüße von seinem Freund Andara bringe. Ich bin sicher, er wird mich empfangen.«
    Wieder blickte mich der andere eine Sekunde zweifelnd an, als brauche er so lange, um meine Worte zu verarbeiten, dann zuckte er mit den Achseln. »Meinetwegn«, nuschelte er. »Aber wundernse sich nich, wenner nich kommt. H.P. kriegt so gut wie nie Besuch.« Er schüttelte den Kopf, legte umständlich die Kette wieder vor, drehte sich um und schlurfte vor mir den Gang hinab. An seinem Ende befand sich eine zweiteilige nur halb geschlossene Tür, durch deren Ritzen warmes rotes Licht schimmerte. Mein seltsamer Führer stieß einen der Türflügel vollends auf, deutete eine einladende Geste in den dahinterliegenden Raum an und drehte sich gleichzeitig um. Direkt neben der Tür führte eine Treppe in die oberen Stockwerke des Hauses hinauf.
    »Wartense hier«, sagte er unfreundlich »Ich geh H. P. fragen.«
    Ich sah ihm kopfschüttelnd nach, wandte mich aber nach einem Moment gehorsam um und trat in den Raum, den er mir angewiesen hatte. Erneut ertappte ich meine Hand dabei, wie sie nervös über den Griff des Stockdegens strich, den ich unter meinem Umhang verborgen hatte. Auch wenn ich es selbst nicht zugeben wollte – aber dieses heruntergekommene Haus und sein seltsamer Türwächter flößten mir Unbehagen ein, ja, beinahe schon Furcht. Es war etwas schwer in Worte zu fassendes Düsteres, Bedrohliches an diesem alten Gemäuer.
    Der Raum, in dem ich war, schien eine Mischung aus Bibliothek und Salon zu sein. Eine Wand wurde ganz von einem deckenhohen, bis zum Bersten gefüllten Bücherregal eingenommen, die beiden anderen wurden von einem gewaltigen, marmornen Kamin und einem nicht minder gewaltigen Tisch, der von einem halben Dutzend kostbarer Stühle flankiert wurde, beherrscht. Der Raum war wesentlich eleganter – und auch sauberer – als ich erwartet hatte. Und trotzdem verstärkte sich der Eindruck, den ich von diesem Gebäude hatte, noch. Es war irgendwie … düster.
    Ich blieb einen Moment unschlüssig unter der Tür stehen, sah mich um und trat schließlich zum Kamin. Die Flammen brannten hoch und erfüllten den Raum gleichermaßen mit Licht wie behaglicher Wärme. Ich legte meinen Mantel ab, ging vor dem Kamin in die Hocke und hielt die Hände über die Flamme. Meine Finger prickelten vor Kälte, aber das war wohl etwas, woran ich mich gewöhnen musste. Zu Hause in New York hätte ich zu dieser Jahreszeit unter freiem Himmel übernachten können; hier in London mit seinem Nebel und seinem berüchtigten Klima wurde es selbst im Hochsommer nach Dunkelwerden empfindlich kalt.
    Nach einer Weile hörte ich Schritte. Ich richtete mich wieder auf und wandte mich um, aber zu meiner Enttäuschung erschien nicht Howard, sondern wieder das Bulldoggengesicht unter der Tür.
    »H.P. kommt gleich«, knurrte er unfreundlich. »Sie sollens sichn bisschen bequem machen, bisser da is.« Er schlurfte an mir vorüber, öffnete einen Schrank und nahm zwei Gläser und eine geschliffene Glaskaraffe hervor. Mit einer Kopfbewegung dirigierte er mich zum Tisch, schenkte eines der Gläser voll und stellte das andere umgedreht auf den Tisch.
    »Ich geh dann«, nuschelte er. »Er wird gleich kommn. Wennse was brauchn, dann rufense mich.« Ohne eine Antwort abzuwarten, schlurfte er zur Tür, warf sie hinter sich ins Schloss und polterte lautstark die Treppe hinauf. Ich sah ihm kopfschüttelnd nach, griff nach dem Glas, das er mir eingeschenkt hatte, und nippte vorsichtig daran.
    Die rote Flüssigkeit darin war Sherry, ein ganz ausgezeichneter Sherry sogar. Kein Getränk, das man in einem Haus wie diesem anzutreffen erwartete.
    Ich leerte das Glas, stellte es behutsam auf den Tisch zurück und stand auf, um mich gründlicher umzusehen.
    Die Bücher auf den Regalbrettern erregten meine besondere Neugier. Ich hatte mich nie sonderlich für Bücher interessiert, aber seit ich vor einem halben Jahr meinen Vater wiedergefunden hatte – ohne dies indes damals schon zu ahnen –, hatte sich ohnehin viel in meinem Leben geändert. Wenn nicht alles.
    Ich kam nicht dazu, die Bände genauer in Augenschein zu nehmen. Ich war kaum an
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