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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Autoren: Tatjana Stöckler
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auf, als der Henker seine Beute präsentierte. Das zweite Mal sah Luzia nicht hin, hörte aber, dass genau das gleiche noch einmal geschah. Der Oberamtmann sprach weiter. Sie verstand nur Wortfetzen und sah eine Lücke zwischen den Zuschauern, durch die sie schlüpfte. Luzia atmete auf, die Menschen standen hier nicht mehr so gedrängt und es wurde einfacher. Nun drehte sie der Tribüne den Rücken zu.
    »Des brennt nit«, hörte sie ein kleines Mädchen neben sich. Der Vater hob es hoch und setzte es auf seine Schulter, damit es besser sehen konnte. Jetzt jubelte es auf. »Sie brennt, sie brennt!«
    Begleitet von den langgezogenen Schreien der Hexe verließ Luzia den Marktplatz. Die Straßen dahinter lagen menschenleer, aber das Gelächter und Jubeln der Menge tönte durch den ganzen Ort. Die Hexe jaulte leiser, nun übertönt von dem Knacken und Fauchen der Flammen. Als Luzia ihr Quartier erreicht hatte, hörte sie nichts mehr davon.
    Niemand befand sich in der Stube des Böttchers, und wer achtete auf Luzias Habe? Das ärgerte sie, missmutig verzog sie ihren Mund und kletterte die enge Stiege zu ihrer Dachkammer hoch. Die Böttchersfrau hatte ihr doch versichert, dass immer jemand da sei, um auf die vermieteten Zimmer aufzupassen.
    Kaum hatte Luzia ihre Beute unter dem losen Boden verstaut, hörte sie Gerumpel in der Stube. Das musste die Böttchersfrau sein. Luzia schluckte ihren Ärger herunter, sie sollte sich die Wirtin nicht zum Feind machen. Sie ging zu ihr hinab und reichte ihr die Kreuzer, die sie ihr an Miete schuldete, dann nahm sie eine Scheibe Brot von ihr.
    »Ist sie tot?«, fragte sie.
    »Zuckt nit mehr«, gab die Böttchersfrau zwischen zwei Bissen von sich. »Das brennt noch zwei Tage. Dann wird die Asche zerschlagen und in den Bach geworfen.«
    »Bleibt wirklich nichts von einer Hexe übrig?«
    »Vor elf Jahren, da hat der Henker anfangs nit gewusst, wie’s geht, da lebte die Erste noch, als das Feuer ausging. Es hätt‘ zu lang gedauert, neues Holz beizuschaffen. Die hatten ja alles für den Scheiterhaufen gesammelt, was sie besaßen. Da wurde ein Loch gescharrt vor der Kirchhofmauer und der Kadaver hingeschleift. Hat noch gejauchzt, als sie’s vergruben. Vier Hexen waren’s damals: die Witwe vom Besenbinder, die Bierbrauerin, die Hebamme und die Tochter vom Tuchhändler. Ganze acht Jahre war die.«
    »Acht Jahre? Was tut denn ein achtjähriges Mädchen?«
    »Die Bierbrauerin hatte kein eigenes Kind. Sie wollte aber dem Satan gefällig sein und ihm ein Kind darbringen. Da betäubte sie die Frau des Tuchhändlers mit ihrem Bier, damit die nichts merkt, und nahm das Mädchen von der Mutterbrust ab. Im Namen Satans hat sie’s getauft. So wurde das Kind verdorben. Hat immer nur die andern Kinder drangsaliert und war wild. Oft ist sie fortgelaufen, gab die Mutter zu, auch nachts. Da hat sie mit den andern Hexen getanzt.«
    Luzia nahm sich von dem gesalzenen Speck, den die Böttcherin aufgetischt hatte. Sie liebte die Gastfreundschaft der einfachen Frau, die ihre wichtigste Informationsquelle darstellte. Wenn man erfolgreich in einer Stadt sein wollte, musste man besonders auf das Geklatsche und Getratsche hören. Wo etwas zu holen war, erfuhr man nur im vertraulichen Gespräch. Da erwies sich die Böttcherin als Goldgrube. »Aber tanzen ist doch nicht todeswürdig!«
    »Wohl. Mit dem Satan tanzen schon. Die Hexen trafen sich nachts im Wald und tanzten auf der Lichtung, bis der Böse erschien.« Die Stimme der Böttcherin sank zu einem Flüstern. »Er war ganz rot, mit zwei Bocksfüßen und einem Schwanz, an dem eine Quaste aus Dornen hing. Seine Haut loderte und er hatte Hörner wie ein Schafbock. Sie knieten vor ihm nieder, küssten seinen nackten Hintern und dann seinen du-weißt-schon-was.«
    »Nein!«, rief Luzia aus. »Nein, ich weiß nicht, was.«
    Erstaunt bog die Böttcherin sich zurück. »Du weißt nicht was? Oh, Mädelchen, bist denn noch unschuldig?«
    Es fiel Luzia leicht, zu erröten. Sicherlich vermutete die gute Frau nicht, dass eine Lüge die Wangen ihrer Gasttochter färbte, sondern dachte, Luzia würde sich wegen des Themas schämen.
    »Böttcherin, ich sagte dir, ich warte, bis mein Verlobter von der Wallfahrt kommt. Er gab mir die Waren, dass ich sie verkaufe und wir nach seiner Rückkehr heiraten. War ich ihm je untreu?«
    »Nein, Mädchen, das warst du nicht. Du bist keusch, bei der Liebe des Herrn. Die Tuchhändlers Wulp war es nicht.«
    »Wulp?«
    »Walpurga. Wulp
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