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Die Herrin von Rosecliffe

Die Herrin von Rosecliffe

Titel: Die Herrin von Rosecliffe
Autoren: Rexanne Becnel
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und Türklopfer hin, hatte Isolde schon oft gedacht. Doch im Augenblick war sie überaus froh über den Vorhang, der es ihr nämlich ermöglichte, das Gespräch zu belauschen.
    »Wann findet die Krönung statt?«, hörte sie die Stimme ihres Vaters.
    »Mitte Dezember in der Westminster Abbey«, antwortete ein Mann. »Aber vorher möchte er sich mit seinen Baronen beraten und ihren Treueschwur erhalten. Deshalb solltet Ihr schon in den nächsten Tagen aufbrechen.«
    »So bald?«, rief Isoldes Mutter. »Aber Rand, wie soll ich in dieser kurzen Zeit alle Vorbereitungen treffen?«
    »Beruhige dich, Josselyn«, sagte Randulf Fitz Hugh. »Du brauchst doch nur zu packen, und dann reisen wir ab.«
    »Aber was ist mit den Mädchen? Und Gavin hält sich in Ludlow auf!«
    »Wir werden ihm eine Nachricht zukommen lassen, dass er nach London kommen soll.«
    London!
    Isolde umklammerte den Vorhang mit einer Hand. Die ganze Familie würde nach London reisen, um an einer Krönung teilzunehmen? Dann dämmerte ihr, was das zu bedeuten hatte: Anfang des Jahres war Heinrich, der Herzog der Normandie, als König Stephens Erbe proklamiert worden. Wenn er jetzt gekrönt werden sollte, musste der alte König gestorben sein.
    »Vielleicht wird mein Bruder John auch zugegen sein, denn Aslin Castle ist nicht allzu weit von London entfernt. Und mit Halyard können wir bei dieser Gelegenheit über Isoldes Zukunft sprechen.«
    Isoldes freudige Erregung verflog im Nu. Sie hatte ihren Onkel nie kennen gelernt und eine Reise nach London wäre ein großartiges Abenteuer. Allerdings nicht wenn es damit endete, dass sie Lord Halyards ältesten Sohn Mortimer heiraten musste!
    Ohne zu überlegen zerrte sie den Vorhang zur Seite und stürzte ins Arbeitszimmer. Sechs Köpfe drehten sich verwundert um, sechs Augenpaare musterten sie mit gehobenen Brauen. Außer ihren Eltern saßen zwei fremde Männer am Tisch, außerdem noch Osborn, der Hauptmann der Garde, und Odo, der Haushofmeister.
    »Isolde ... «, rief ihre Mutter flehend.
    Die Augen ihres Vaters schleuderten Blitze. »Wie du siehst bin ich beschäftigt Tochter. Warte in der Halle auf mich.«
    »Aber Vater, ich will Mortimer nicht heiraten!«, platzte sie heraus. »Das weißt du genau.«
    Seine eisige Miene verriet ihr sofort dass sie einen gravierenden Fehler begangen hatte. Ihre beharrliche Weigerung, geeignete Ehekandidaten zu akzeptieren, stellte seine Geduld schon seit geraumer Zeit auf eine harte Probe. »Warte in der Halle auf mich«, wiederholte er grimmig.
    Die Stille im Raum war beklemmend, doch trotz ihrer Furcht war Isolde nicht gewillt einen Rückzieher zu machen, und reckte trotzig ihr Kinn. »Gut ich werde in der Halle warten, aber ich werde niemals einem so idiotischen Plan zustimmen!«
    Einer der Besucher schnappte erschrocken nach Luft, weil die Tochter des mächtigen Randulf Fitz Hugh sich solche Unverschämtheiten erlaubte. Isolde machte wütend auf dem Absatz kehrt und verließ das Zimmer. Vergessen war die Kapelle, vergessen auch ihr gewagter Entwurf für das Kruzifix. Sie konnte nur noch daran denken, dass die ganze Familie zur Krönung des neuen Königs nach London reisen würde. Und dort wollte ihr Vater sie einem tollpatschigen jungen Ochsen zur Frau geben!
    Er ließ sie absichtlich lange warten. Zuerst verließen die Kuriere sein Arbeitszimmer, kurz danach Odo und Osborn. Isolde kaute an ihren Fingernägeln, knirschte mit den Zähnen und warf Gwen, die gemütlich auf einer Fensterbank hockte und sie beobachtete, einen zornigen Blick zu.
    Es schien ihr eine Ewigkeit zu dauern, bis ihre Mutter die Halle betrat und sich zu ihr auf die Bank setzte. »Wirst du den richtigen Umgangston mit deinem Vater denn niemals lernen?«, tadelte Josselyn milde. »Durch deinen ungestümen Auftritt hast du deine Lage nur viel schwieriger gemacht.«
    »Er ist schwierig, nicht ich!«, rief Isolde. »Er weigert sich, mir zuzuhören.«
    »Und du hörst mir offenbar nie zu. Habe ich dir nicht oft gesagt, dass ich nie zulassen werde, dass meine Kinder gegen ihren Willen verheiratet werden?«
    »Doch, Mama, aber ... «
    »Aber du glaubst mir nicht und erschwerst dadurch alles, Isolde!« Josselyn warf frustriert die Hände hoch. »Werden Gavin, Gwen und Elyssa auch so schwierig wie du sein?«
    Isolde senkte beschämt den Kopf, starrte ihre auf dem Schoß gefalteten Hände an und kratzte getrockneten Kalk von einem Finger ab. »Ist Vater sehr böse auf mich?«
    »Er ist fuchsteufelswild.« Josselyn
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