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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin
Autoren: Aufbau
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noch dampften und rosig leuchteten. Es gab Zuckererbsen und Wurzeln, mit geschmolzener Butter begossen. Äpfel, Pfirsiche und die ersten Birnen – noch hart, aber schon voller Geschmack, rundeten das Mahl ab. Margaretha nahm von der Rinderbrühe, kostete das Gemüse. Viel konnte sie nicht essen, zu müde und kraftlos war sie.
    »Kommt«, sagte Pastorius mitfühlend. »Ich zeig Euch Euer Zimmer. Ihr müsst schlafen.«
    »Noch einmal möchte ich nach den Kranken sehen.« Sie stieg die Stiege empor, jeder Schritt war voller Anstrengung. Die beiden Frauen schliefen. Mögen sie sich gesund schlafen, dachte Margaretha voller Hoffnung. Vielleicht war das Schlimmste überstanden. Das Zimmer, welches Pastorius ihr zuwies, war klein, aber das Bett weich und komfortabel. Sie ließ sich in die Kissen sinken, zog die Decke über sich. Der Gedanke an Pastorius und seine Worte hallten nach. Er benahmsich anders als zuvor, schien weicher, verständnisvoller zu sein. Oder bildete sie sich das nur ein? Hatte er ein schlechtes Gewissen? Die Dinge, die ihr Bruder ihr auf dem Weg hierhin gesagt und die sie bisher erfolgreich verdrängt hatte, kamen nun wieder hoch. Sollte Pastorius wirklich in die Heimat geschrieben, tatsächlich dort um die Hand einer anderen Frau angehalten haben? Sie war sich monatelang sicher gewesen, dass Franz Daniel sie heiraten wollte, doch ausgesprochen hatte er es nie. Sie hatten sich geküsst, mehrfach, hatten sich ihre Zuneigung versichert, hatten über die Zukunft gesprochen, und Margaretha war davon ausgegangen, dass er die gemeinsame Zukunft meinte. War das eine Illusion? Ihre hoffnungsfrohen, aber fehlgeleiteten Gedanken? Nein, er hatte nie einen Termin genannt. Sie fiel in einen unruhigen Schlaf, wachte immer wieder auf, träumte von Gretje und Isaak, von Eva und Jonkie.
    Früh am nächsten Morgen – die Sonne war gerade erst über den Horizont gekrochen – wachte sie auf und fand nicht mehr zurück in den Schlaf. Auf der kleinen Truhe neben ihrem Bett stand ein Krug mit Wasser, eine Waschschüssel. Ein Leinentuch und ein Lappen lagen daneben. Obwohl sie am Abend zuvor gebadet hatte, fühlte sie sich dreckig und verschwitzt. Sie wusch sich, das kalte Wasser erfrischte sie. In der Küche kochte schon der Brei aus Mais, Speck und Weizen über dem Feuer. Auch noch Brühe war reichlich da. Sie füllte zwei Schüsseln, nahm sie mit nach oben. Penns Köchin ging es wesentlich besser. Sie war noch schwach, aber das Fieber war von ihr gewichen. Gerne nahm sie den Napf mit der Brühe, aß hungrig.
    Auch Ruth hatte gut geschlafen, wirkte aufgeweckter und nahm die Suppe dankbar an.
    »Heute werde ich zu unserer Siedlung gehen«, sagte Margaretha. »Ich brauche neue Heilkräuter.«
    Erschrocken sah die junge Magd sie an. »Das heißt, niemand wird sich um uns kümmern.«
    »Verzagt nicht.« Margaretha lächelte. »Ich komme ja wieder. Und auch gestern seid ihr nicht alleine geblieben, als ich nach den anderen Kranken geschaut habe.«
    »Dann war Mijnheer Pastorius tatsächlich hier? Es war kein Traum?«
    »Nein, es war kein Traum.«
    »Er hat mir Suppe gereicht und Wein, mir die Stirn abgewischt.« Mit großen Augen sah die Magd sie an. »Dabei ist er ein feiner Herr.«
    »Und doch ist er auch nur ein Kind Gottes, meine Liebe. So wie wir alle. Nun ruh dich aus. Hier ist ein Krug mit dem Aufguss, davon solltest du alle Stunde etwas trinken.«
    »Es schmeckt grässlich. Bitter.«
    »Ich lasse dir etwas Honig bringen, das mildert den Geschmack und schadet nicht.« Margaretha lachte leise. »Aber wenn dir der Geschmack schon auffällt, dann bist du auf dem guten Weg der Besserung.«
    Sie nahm ihre Sachen, ging die Treppe hinunter. An der Haustür wartete Pastorius auf sie.
    »Ich begleite Euch.«
    »Aber das ist doch nicht nötig. Es gibt ja nur den einen Weg nach Germantown.« Sie lachte leise.
    »Und doch kann ich Euch nicht alleine gehen lassen.« Er nahm ihr den Korb ab. Gemeinsam verließen sie das Haus. Einige Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her. Immer wieder hatte Margaretha das Gefühl, dass Pastorius etwas sagen wollte und es sich dann aber verkniff. Lange vorbei schien die Zeit, in der sie ungezwungen und heiter miteinander umgegangen waren. Der Gedanke betrübte sie. Schließlich fragte sie ihn: »Lieber Franz Daniel, bedrückt Euch etwas?«
    »Nun ja, schon.« Er räusperte sich, schwieg dann.
    »Sind es die Kranken? Dreien geht es wirklich schlecht, möglicherweise überleben sie die Nacht
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