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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers
Autoren: Karla Weigand
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war.
    Griseldis konnte in ihrer Vision erkennen, dass ihre Mutter es aufgegeben hatte, sich zu wehren. Zum Glück, denn angesichts dieser Übermacht wäre jeder Widerstand sinnlos gewesen. Die Kerle würden sie nur schwer verletzen oder vielleicht sogar totschlagen.
    Griseldis erinnerte sich, dass die Mutter ihr einst geraten hatte, wenn sie je in eine solch missliche Lage geraten sollte, sich zu ergeben, weil es sonst noch viel schlimmer enden würde. Und die Gefahr, zum Krüppel geschlagen oder gar ermordet zu werden, wäre um ein Vielfaches größer. Außerdem verdürbe es den Schweinen den Spaß, weil die es lieber hätten, wenn ihre Opfer versuchten, sich bis zuletzt zu wehren.
    Griseldis war froh, dass die Mutter, solange dieses Grauen andauerte, ihr Gewand über den Kopf geschlagen hatte und so wenigstens die verkommenen Visagen ihrer Vergewaltiger nicht zu sehen brauchte. Den Mundgeruch sowie die Ausdünstungen der ungewaschenen Leiber und verdreckten Kutten dieser vertierten Kerle waren sicher schlimm genug und gewiss noch durch den dicken Stoff ihres Rocks zu riechen.
    Griseldis erschien es eine Ewigkeit, ehe die vier gemeinen Frauenschänder von der Mutter abließen; der fünfte Mönch hatte sich an dem demütigenden Übergriff nicht beteiligt und sich damit begnügt, das restliche Bier im Eimer auszusaufen.
    Eilig machten sich die Verbrecher mit ihrer erpressten Beute anschließend davon und ließen die missbrauchte Frau auf dem Boden liegen.
    Griseldis sah noch, wie Dietlinde sich mühsam aufrichtete, ihr Gewand ordnete und mit dem Eimer nach draußen zum Hofbrunnen ging, um Wasser zu holen. Anschließend hievte sie unter größter Kraftanstrengung den Kübel auf den Herd.
    So lange es dauerte, bis es sich erhitzte, befeuchtete die Mutter ein Tuch mit kaltem Wasser und schob sich dieses in ihren Hemdausschnitt, um ihre Brust zu kühlen, in die einer der tollen Hunde sie gebissen hatte.
    Anschließend hockte sich Froweins Frau mit gespreizten Schenkeln über den aufsteigenden Wasserdampf aus dem Eimer und wusch sich mit einem Lappen ihre malträtierten Schamteile: Teils um die Schmach loszuwerden, teils um den Schmerz zu lindern. Auch hegte sie die Hoffnung, auf diese Art gegen eine eventuelle Schwängerung Vorsorge zu treffen.
     
    »Was ist los mit dir, Seldi?«
    Griseldis erwachte aus ihrer Trance und blickte in die blauen Augen ihrer jüngeren Schwester Gertrud.
    »Nichts. Ich bin nur müde, Kindchen. Der Ritt nach Regensburg, die Behandlung von Herrn Moritz und der Weg zurück haben mich ein bisschen angestrengt. Ich werde mich gleich niederlegen, aber zuvor will ich noch nach unserer Muhme sehen. Wie geht es Bertrada denn heute?«, fragte sie und versuchte, normal zu klingen.
    »Ich hab mich um die Muhme gekümmert, während du weg warst, Seldi. Und ich hab es sehr gut gemacht«, sagte Gertrud unbekümmert und Griseldis war froh, dass niemand in der Stube bemerkt zu haben schien, dass sie wieder einmal ein Gesicht gehabt hatte…
    Sie nahm sich allerdings vor, die Mutter in der nächsten Zeit ganz genau zu beobachten. Sollte sie durch diese Untat tatsächlich schwanger geworden sein, würde sie ihr helfen, den Bankert loszuwerden. Auf keinen Fall würde sie dulden, dass Dietlinde die Hilfe der uralten Wehmutter von Tannhofen in Anspruch nähme.
    Auf die alte Helmtraut war kein rechter Verlass mehr. Im Dorf erzählten sich neuerdings die Weiber von Abgängen, bei denen die Hebamme so gepfuscht hatte, dass die betreffenden Frauen dabei gestorben waren. Auch mit einer normalen Geburt war sie gelegentlich schon überfordert.
    Außerdem würde sie darauf achten, dass die Mutter nichts Übereiltes tat. Griseldis traute Dietlinde nämlich zu, dass diese sich lieber in der Donau ertränkte, ehe sie einen Schandbalg zur Welt brächte.
     
     

KAPITEL 5
     
    A M SPÄTEN N ACHMITTAG traf Griseldis die Mutter alleine in der Wohnstube an. Sie merkte wohl, dass Dietlinde versuchte, ihr auszuweichen. Doch sie ließ nicht locker und so fing die Mutter schließlich selbst davon zu reden an:
    »Was siehst du mich so an, Tochter? Die Kerle haben mich ein wenig unsanft herumgeschubst, na und? Das macht mir nichts aus. Am meisten ärgert mich, dass die Mönche uns bestohlen haben.«
    Für die zahlreichen blauen Flecken an den Oberarmen und im Gesicht sowie die geplatzte Oberlippe hatte Dietlinde also eine Ausrede gefunden. Damit mochte sie die übrigen Familienmitglieder und das Gesinde täuschen, aber den aufmerksamen
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