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Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
Autoren: Jacques Berndorf
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haben Residenten des BND an den Botschaften. Einheimische, die uns über die aktuelle politische Lage informieren. Die könnten doch vieles vor Ort erledigen? Dadurch wären fast fünfzig Prozent der Kosten dieser Einsätze vermeidbar. Übers Jahr gesehen geht es dabei um viele Hunderttausende.«
    »Sie bewegen sich jetzt auf dünnem Eis«, sagte Krause gefährlich leise und starrte auf seine Schuhe. Dieser Vorschlag kam mit jedem neuen Erbsenzähler erneut auf den Tisch. Es war weniger ein konstruktiver Vorschlag als ein lächerliches Mantra.
    »Ich will es nur verstehen«, sagte der Mann sanft wie ein Lamm.
    »Agenten sind absolute Spezialisten«, erklärte Krause geduldig. »Sie sind für Einsätze im Ausland ausgebildet. Sie sprechen mehrere Sprachen, ihr Wissen ist breit gefächert, sie sind in körperlicher Höchstform, und sie stehen extreme Situationen durch. Es sind Situationen, in die Sie und ich niemals geraten dürften, weil wir sie nicht überleben würden. Und sie sind geschult auf die besonderen Umstände, die jeder Informant bedeutet. Kein Resident kann Agenten ersetzen, die Leute in der Botschaft schon gar nicht. Sie haben andere Dinge zu erledigen, zum Beispiel wichtige Beurteilungen ihres Gastlandes zu liefern, die wiederum von den Agenten gebraucht werden. Ich erwähne das nur, weil Sie nicht zu wissen scheinen, über was Sie eigentlich mit mir reden wollen.« Dann wedelte er kurz mit beiden Händen. »Diese Agenten, mein Lieber, von denen Sie nichts zu wissen scheinen, halten im Dienst dieses deutschen Gemeinwesens ihren Arsch hin, um es mal poetisch auszudrücken.«
    »Ich will lediglich mit Ihnen gemeinsam Geld sparen«, bemerkte Herbert Nieswandt. Seine dunklen Augen wirkten völlig leblos, wie Steine.
    »Weiß Ihr Vorgesetzter, dass Sie mich in dieser Sache kontaktieren?«, fragte Krause scharf.
    »Nein. Aber das muss er auch nicht.«
    »Das muss er sehr wohl«, sagte Krause wütend. »Tut mir leid, aber für derartige Diskussionen sehe ich keinerlei Anlass.« Krause stand auf und setzte hinzu: »Ich nehme zu Ihren Gunsten an, dass Sie einfach mal auf den Busch klopfen wollten. Ausgerechnet auf einem Sektor, von dem Sie offensichtlich keine Ahnung haben. Das ist leider fehlgeschlagen.«
    »Da ist noch etwas«, sagte Nieswandt leise und ohne erkennbare Regung. Er saß jetzt weit zurückgelehnt und hatte den Kopf ein wenig eingezogen, als würde er einen Angriff befürchten. »Es gibt da in den Einzelabrechnungen wiederholt einen Posten unter der Bezeichnung AX (d). Da sind einmal vierzigtausend Euro eingesetzt, dann dreimal sechzigtausend Euro, dann einmal hunderttausend, also insgesamt dreihundertzwanzigtausend Euro binnen drei Jahren. Und das in bar! Ich nehme an, dass es sich bei der Bezeichnung um einen Mann namens Arthur Schlauf handelt, der als international agierender Kaufmann bekannt ist, ohne eine feste Adresse. Er wird von einigen deutschen Finanzämtern wegen Steuerhinterziehung gesucht. Er ist des Weiteren unter der Bezeichnung ›großer Leichenfledderer‹ bekannt, weil er nach Katastrophen, Krisen und Kriegen in den jeweiligen Ländern auftaucht, um sämtlichen nur erdenkbaren Schund zu verkaufen, von Aspirin bis hin zu Lokusbürsten. Er hat eine, gelinde ausgedrückt, streng riechende und unangenehme Nähe zu unserer Regierung und der Kanzlerin und …«
    »Stopp!« Krause war schnell aufgestanden und hatte beide Hände ausgebreitet, als würde er bedroht. Aber er sprach plötzlich sehr sanft. »Bevor Sie anfangen, über Dinge zu sprechen, von denen Sie absolut keine Ahnung haben können, sage ich Ihnen, dass ich den von Ihnen angesprochenen Mann nicht kenne, nicht einmal eine Ahnung von seiner Existenz habe. Tun Sie sich jetzt den Gefallen und verschwinden Sie ganz schnell aus meinem Büro.« Er zeigte mit einem kurzen, dicken Zeigefinger auf die Tür seines Büros. »Raus hier!«
    Nieswandt erhob sich und verließ mit steinernem Gesicht den Raum.
    Krause drückte eine Taste: »Gillian, ich brauche Esser und Sowinski. Jetzt.«
    Sie kamen nach zwei Minuten, und sie sahen aus wie Männer, die hier zu Hause waren, was der Realität genau entsprach. Sie trugen beide einfache karierte Hemden und darüber ausgebeulte, offensichtlich uralte Strickwesten. Der eine in Blau, der andere in Grün.
    Der eine war einundsechzig Jahre alt, der andere vierundfünfzig.
    Esser sagte noch in der Tür erwartungsvoll: »Ich vermute, sie haben Gaddafi.«
    »Irrtum. Ich verlasse vorübergehend dieses
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