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Die goldene Göttin

Die goldene Göttin

Titel: Die goldene Göttin
Autoren: Larry Maddock
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gesehen noch gehört oder erahnt werden durfte.
    Fortune hätte Harkness lieber von Angesicht zu Angesicht getroffen und vielleicht einen oder zwei Tage mit ihm verbracht, denn der Mann gehörte offenbar zu jenen Historikern, die sich der Wissenschaft um ihrer selbst willen verschrieben hatten. Wäre es anders gewesen, hätte er niemals mit dieser archäologischen Ausgrabung angefangen, die das Kronos-Fundstück zutage gebracht hatte. Seine offizielle Aufgabe bestand in der Überwachung der ihm zugewiesenen zwei Dekaden. Er hatte lediglich Ereignisse und Entdeckungen zu melden, die nicht mit den bereits bekannten geschichtlichen Tatsachen jener Zeit übereinstimmten; Ausgrabungen zur Erlangung von Hinweisen auf frühere, nicht überwachte Zeiten gehörten nicht zu seinen Pflichten. Aber Harkness war Wissenschaftler, und er war von der Neugier und der Wißbegierde des wahren Gelehrten erfüllt. Er wußte, daß dreiunddreißig Jahre später, also in der unmittelbaren Zukunft des Jahres 1476 v. Chr. der Vulkan der Insel Santorin ausbrechen würde, nur wenig mehr als hundert Kilometer im Norden. Er wußte, daß eine Flutwelle die Stelle überschwemmen würde, die er jetzt so sorgfältig erforschte, und daß sie danach unter Schlamm und abgerutschten Erdmassen verschüttet bliebe, die alle künftigen archäologischen Untersuchungen unmöglich machten.
    Da sie nur für das Auffinden und Korrigieren unbefugter Eingriffe in das Raumzeitgefüge zuständig waren, hatten Pohl Tausig und seine Helfer kein Interesse daran, zur bloßen Befriedigung der Neugierde eines Historikers einen wertvollen Raumtransporter und seine ganze Ausrüstung einzusetzen. Fortune erinnerte sich noch gut an das Jammergeschrei, das die Zentrale erfüllt hatte, als festgestellt worden war, daß der Einsatzagent Garth Stoneman in einem Krieg auf Larnak IV verschwunden war und mit ihm sein Raumtransporter. Fortune und ein paar andere hatten um Stoneman selbst getrauert, aber die höheren Ränge der Organisation waren hauptsächlich über den Verlust der Ausrüstung bekümmert gewesen. Der Unfall, so erinnerte sich Fortune, hatte zur Einführung einer nützlichen Neuerung beigetragen: von da an hatte jeder Raumtransporter einen eigenen radioaktiven Spurenfinder erhalten, ganz ähnlich dem, den er in den nächsten Minuten in die Kronos-Platte zu praktizieren gedachte. Jetzt war es theoretisch unmöglich, daß ein Außenagent in der Zeit verlorenging – was manche für Stonemans Schicksal hielten, obwohl er offiziell für tot erklärt worden war.
    Die Regeln der Zeitwanderung hinderten Fortune daran, auch nur die flüchtigste Begrüßung mit Harkness und Murag auszutauschen, denn die beiden hatten den Fund der Kronos-Tafel noch nicht an die TERRA-Zentrale gemeldet. Wüßten sie in diesem Augenblick, daß ein Einsatzagent den Fall bereits bearbeitete, würden sie vielleicht anders handeln und damit die ganze Mission in Gefahr bringen.
    Obschon die Beschränkungen zu ihrem eigenen Vorteil waren, litten Fortune und seine Mitagenten unter ihnen. TERRAS Techniker hingegen betrachteten solche Vorschriften als Herausforderung ihres Einfallsreichtums und hatten ein Verfahren entwickelt, das gewöhnlichen Menschen vielleicht als Ausgeburt einer Haschischphantasie erscheinen mochte. Die Theorie dahinter war falsch, wenn man den besten Theoretikern der Raumzeitlehre glauben durfte, aber in der Praxis funktionierte die Methode.
    Fortune drückte einen Knopf. Außerhalb des Transporters hörte jede Bewegung auf. Der Wind fuhr nicht mehr durch Morags seidiges Fell. Die Bürste in Harkness’ Hand gefror inmitten der Bewegung, während der Staub vom Fundstück in der Luft hängenblieb, ohne zu verwehen. Oben im Himmel unterbrach eine große Raubmöwe ihren Segelflug. Die Zeit selbst schien stillzustehen, obwohl Fortune wußte, daß sein Knopfdruck lediglich die Geschwindigkeit des Transporters durch das Zeitkontinuum verändert hatte. Von seinem Aussichtspunkt aus war die Welt draußen ein gefrorener Augenblick, aber er wußte, daß er, beobachtete er lange genug, den Staub langsam niedersinken und die Möwe ein paar Meter weiterziehen sehen würde.
    Nachdem er die notwendigen Gegenstände an sich genommen hatte, öffnete Fortune die Luke und trat hinaus in die zeitstarre Welt. Er ging über Gras, das unter seinem Gewicht nicht nachgeben konnte, es sei denn, er bliebe minutenlang auf einer Stelle stehen. Sogar die Atmosphäre leistete starken Widerstand; es war, wie wenn
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