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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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und farblos wie der Himmel über der Wüste. Vier Deputy-Sheriffs richteten ihre Waffen auf Wyatt Dixon, dann schloss ein fünfter nach und nach die Schellen an seinen Handgelenken und Knöcheln auf. Als die Ketten wie ein Netz von ihm abfielen, traten die Männer unwillkürlich einen Schritt zurück oder streckten ihre Waffen ein Stück weiter vor.
    »Der Güterzug bringt dich bis zum Raton Pass, Wyatt«, sagte der fette Deputy.
    Ein anderer Deputy warf Wyatt eine gut gefüllte Tüte zu. »Zum Essen brauchst du auch nicht auszusteigen. Jedenfalls nicht in Texas«, sagte er.
    »Wisst ihr, wo meine Stiefel sind?«, sagte Wyatt Dixon mit steifem Grinsen, als hätte jemand einen Mundschlitz in eine Wassermelone geschnitten.
    Scheppernd wurden die Vieh- und Güterwaggons zusammengekuppelt, und der Wind wehte Streu aus dem Drehgestellwagen, in den Wyatt Dixon steigen sollte.
    »Geh lieber rein, mein Junge. Die Mücken hier fallen mit Strohhalmen über einen her«, sagte der fette Deputy.
    »Schon unterwegs, Boss«, sagte Wyatt und humpelte über Steine, als liefe er auf Murmeln, dann stemmte er sich mühelos wie ein Turner in den Güterwaggon.
    Ein Streifenwagen hielt hinter dem Bus, und ein großer Mann, der einen grauen Anzug, Stetson, Sonnenbrille und einen breiten, geblümten Schlips trug, stieg aus und brachte einen Pappkoffer zu dem Güterwagen. Ein Dienstmarkenhalter, an dem ein goldener Sheriffstern prangte, hing an seinem Waffengurt.
    »Rede dir bloß nicht ein, dass du aus irgendeinem Grund noch mal hierher musst«, sagte er und schleuderte den Koffer in den Güterwagen.
    Er platzte auf, als er am Boden aufprallte, sodass der ganze Inhalt herausflog – allerlei Kleidungsstücke, ein weißer Strohhut, eine eng zusammengefaltete amerikanische Flagge, eine Dose Clownsschminke, ein Paar mit Stollen bestückte Footballschuhe, eine orange Zottelperücke und ein wie eine Spritze aussehendes Plastikgerät, für das in Comic-Heften geworben wurde und mit dem man angeblich Mitesser entfernen konnte.
    »Oh, besten Dank, Sir. Sie behandeln einen ja wahrhaft fürstlich. Gott segne Amerika, weil es hier Leute wie Ihresgleichen gibt«, sagte Wyatt Dixon.
    »Schafft den Scheißkerl fort, bevor ich ihn erschieße«, sagte der Sheriff.
    Ein Deputy winkte dem Lokomotivführer zu.
    Ein paar Minuten später, als nur mehr die rote Glut der Sonne über die Hügel drang, rollte der Güterzug in einer weiten Schleife durch das Ödland und fuhr an dem Kleinbus und am Streifenwagen des Sheriffs vorbei, die am Bahnübergang anhielten.Wyatt Dixon stand unter der offenen Tür des Güterwaggons, hatte seinen weißen Strohhut schief auf dem Kopf sitzen und hielt die an einem improvisierten Stock befestigte amerikanische Flagge hoch. Seine bloßen Füße waren verfärbt wie zerdrücktes Obst, als er Haltung annahm und vor den Männern unter ihm salutierte.
    Drei Tage später saßen Doc, seine Tochter Maisey und ich in der nebligen Morgendämmerung in meinem Pick-up am Fuß eines breiten, grünen Berges, an dessen steilen Hängen Ponderosakiefern standen, die starr und weiß aus dem Schnee aufragten, der über Nacht gefallen war.
    Doc öffnete die Tür des Führerhauses, beugte sich über die Motorhaube und richtete seinen Feldstecher auf den Waldsaum. Dann winkte er seiner Tochter hastig zu.
    »Da kommen sie«, flüsterte er.
    Sie verzog das Gesicht, als füge sie sich widerwillig in ihr Schicksal, nahm das Fernglas ihres Vaters und schaute mit gespitztem Mund den Hang hinauf zu der Stelle, auf die er deutete.
    »Herrgott, hast du schon mal so was Schönes gesehen?«, sagte er.
    »Das ist schon toll, Doc«, sagte ich, als sie nichts erwiderte.
    Eine Herde Wapitis, vermutlich mehr als hundert Stück, auf deren knochigen Geweihstangen der Dunst glitzerte, kam aus dem Wald und zog den Hang hinab, an dem sie mit ihren Hufen grüne Narben im Schnee hinterließen. Am Fuß des Berges schwärmten sie aus, strömten wie braunes Wasser über die zweispurige Straße und trampelten mit ihrer schieren Wucht und Masse einen Weidezaun nieder, ohne auch nur einmal innezuhalten oder das Hindernis überhaupt wahrzunehmen.
    Sie ergossen sich auf eine mit wilden Blumen gesprenkelte Wiese und ästen im hohen Gras bei den Pappeln, die an einem kupferfarbenen Bachlauf wuchsen. Ihre Rücken waren mit verkrustetem Schnee bedeckt, der durch die Hitze, die ihre Leiber ausstrahlten, allmählich schmolz, sodass die ganze Herde im Schein der aufgehenden Sonne in eine
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