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Die Gespenstergruft

Die Gespenstergruft

Titel: Die Gespenstergruft
Autoren: Jason Dark
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verlassen, ihr Leben als Gruftie aufgeben würde. Das würde sie nicht ertragen können, denn bisher hatte sie sich eine falsche Vorstellung von dem Tod gemacht. Hier schaute sie in das gräßliche und kalte Gesicht des Todes hinein, aber auch in das echte.
    Sie schüttelte sich. Der Druck auf ihren Augen nahm zu. Ihr fiel ein, daß der Tod schrecklich war. Daß er brutal zuschlagen konnte und einen Menschen quälte, bevor dieser den Weg ins Jenseits ging. Er war nichts, auf das man warten und sich freuen konnte.
    Er war so absolut, so verflucht grausam, und er war es nicht wert, daß man sich nach ihm sehnte.
    Mit diesen Gedanken richtete sich Sady wieder auf. Sie schaute gegen die Gesichter ihrer Freunde. Sie waren starr. Janina weinte leise, Ricardo mußte ebenfalls schlucken, und Creel wischte über seine Augen. Wahrscheinlich war ihnen klargeworden, mit welchen Kräften sie sich letztendlich eingelassen hatten. Daß diese Mächte einer anderen Welt entsprangen, eben der Hölle, und daß ihnen ein Menschenleben überhaupt nichts galt.
    Sady wollte irgend etwas sagen, was die anderen womöglich tröstete.
    Sie suchte nach Worten, es war wie ein Krampf, dann aber brach es aus ihr heraus.
    »Er war allein, er war so verflucht allein in dieser Hölle! Er hat sich nicht wehren können, versteht ihr? Wir aber sind zu viert, und wir werden es schon schaffen. Wir müssen uns nur auf uns verlassen, wir müssen zusammenbleiben. Wir dürfen uns nicht trennen! Keiner von uns darf einen anderen Weg gehen!«
    Sady hatte zwar keine Antwort erwartet, war aber trotzdem enttäuscht, als sie keine Reaktion bekam.
    Schweigen.
    »Warum sagt ihr nichts, zum Henker?«
    »Weißt du denn, wie viele es sind, die sich in dieser Dunkelheit verbergen?« fragte Creel. »Auch wenn wir zu viert sind, was wollen wir denn machen, wenn uns die zehnfache Übermacht angreift? Gar nichts. Wir können nichts tun!«
    Er hatte ein wahres Wort gelassen ausgesprochen.
    Seine Stimme war normal gewesen, Creel hatte sich in der Gewalt, aber er bewegte ruckartig seinen Kopf, als er in die verschiedenen Richtungen schaute, um die Finsternis zu durchdringen.
    Neben ihm stand Janina. Sie hielt beide Hände gegen ihren Bauch gepreßt, als wollte sie eine gewisse Übelkeit unterdrücken. Auch der letzte Gruftie sah aus, als könnte er sich nicht mehr lange auf den Beinen halten. Sein Gesicht sah aus, als wäre es von einer dünnen Maske überzogen worden. Er bewegte seine Lippen, ohne etwas zu sagen.
    Sady hatte ebenfalls Angst. Sie dachte aber an die Rolle, die sie immer gespielt hatte. Sie war die Anführerin, sie mußte einfach Stärke zeigen, denn das verlangte man von ihr.
    Deshalb riß sie sich zusammen. »Paßt mal auf, wir werden…«
    Ihre Stimme endete in einem Krächzen, aus dem ein leiser Schrei hervorstieg.
    Zugleich hatten die Grufties das Schreckliche gesehen. Sie merkten plötzlich, daß sie von zahlreichen Wesen umkreist waren, die zuvor noch in der pechschwarzen Dunkelheit im Hintergrund gelauert hatten, sich nun hervorschoben und ein halbkreisförmiges, lebendiges Gemälde des Schreckens bildeten.
    Janina schrie.
    Auch Creel heulte auf.
    Und die Höllengespenster genossen ihren Triumph. Ihr grausames Kichern übertönte alle anderen Geräusche.
    Sie waren bereit, um zu töten!
    ***
    Wir hatten den Friedhof erreicht, doch weder Suko noch ich fühlten uns glücklich. Wir kamen uns vor wie zwei Menschen, die unbedingt etwas an einem gewissen Punkt ändern wollten, dies auch in der Theorie wußten, aber in der Praxis zu spät gekommen waren.
    Pech… vorbei…
    Ich schaute meinen Freund an, auf dessen Gesicht ebenso der Schweiß lag wie auf dem meinen. Unter den Bäumen war es unwahrscheinlich schwül, und es würde bald zu einem Gewitter kommen, denn weit im Westen hatte der Himmel bereits eine leichte gelbe Färbung angenommen.
    »Was hast du?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Einfach das Gefühl, nicht rechtzeitig genug gekommen zu sein.«
    »Dann laß uns weitergehen.«
    Wir hatten unser Ziel leider noch nicht erreicht und mußten die Gruft finden, was nicht einmal einfach war, denn der dichte Bewuchs nahm uns viel von einem freien Blick.
    Die Zweige der Sträucher griffen ineinander. Sie hatten sich verhakt, sie duckten sich unter dem mächtigen Geäst der Bäume hinweg, sie bildeten grüne Mauern, über die Insekten tanzten und uns mit ihrem Summen begleiteten.
    Wir durchsuchten den alten Teil des Friedhofs nach einem bestimmten System und zogen
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