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Die Gespenstergruft

Die Gespenstergruft

Titel: Die Gespenstergruft
Autoren: Jason Dark
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einigen Stellen abzulecken. Daß er sich dabei wie ein Tier benommen hatte, störte ihn nicht. Ihm ging es um das eigene Leben.
    Er war in eine Ecke gekrochen und hatte sich dort zusammengedrückt.
    Manchmal fürchtete er sich davor, daß ihn der Wahnsinn überkommen könnte, denn Erlebnisse, wie er sie hinter sich hatte, ließen sich nicht so einfach verkraften.
    Er spürte den Druck der Wand im Rücken. Mit entzündeten Augen starrte er in die Finsternis. Bisher hatte er dem Wahnsinn noch einen Riegel vorschieben können, doch er glaubte nicht daran, daß er einen zweiten Angriff überstehen würde.
    Nein, das nicht.
    Da würde er durchdrehen, denn die Gespenster der Hölle warteten darauf, ihn zu packen.
    Sie hatten ihm schon einen kleinen Eindruck von dem gegeben, was ihn später noch erwartete, vorausgesetzt, er lebte noch. Seine Wunden brannten, die Höllengespenster hatten ihn gequält, gefoltert, sie hatten ihn verletzt.
    Jetzt saß er da und stierte in die schwarze, wattige Finsternis, ohne dort etwas erkennen zu können. Sie lag dicht wie dunkles Blei, doch Walter wußte genau, daß die unheimlichen Wesen dort lauerten und nur darauf warteten, zuschlagen zu können.
    Irgendwann würden sie den Befehl erhalten…
    Er wunderte sich selbst über seine Kraft. Walter Cohn hatte es tatsächlich geschafft, sich in eine sitzende Haltung zu drücken. Mit dem Rücken stemmte er sich gegen die rauhe Wand.
    Kamen sie…?
    Nein, sie hielten sich zurück, aber sie waren in der Nähe, denn plötzlich hörte er wieder die unheimlichen Geräusche, die sie so gern von sich gaben.
    Eine Mischung aus Flüstern und Wispern. Manchmal ein leiser Schrei, dann wieder ein hartes Kratzen irgendwelcher krummen Fingernägel, die über den Boden schleiften, als wollten sie Spuren auf dem harten Untergrund hinterlassen.
    Blut klebte auch in seinen schmutzigen Haaren. Als Walter mit der Hand darüber hinwegfuhr, da kam es ihm vor, als hätte er klebrige Konfitüre an den Fingern.
    Er ließ die Hand sinken. Sie fiel, ebenso wie der Arm, schwer nach unten. Mit der Fläche stützte er sich ab. Auch sein Kopf sank nach vorn, was er nicht wollte, denn das bedeutete für ihn so etwas wie die endgültige Aufgabe. Soweit war er noch nicht. Er wollte einfach nicht so enden wie der Tote, und deshalb hob er den Kopf wieder an und schaute weiterhin in die alte Richtung.
    Dort bewegte sich etwas. Es waren keine Schatten in der Dunkelheit, auch wenn es im ersten Augenblick so erschien. Was dort von einer Seite zur anderen huschte, kannte er. Es waren die brandgefährlichen Höllengespenster, die sich wieder versammelt hatten, um ihn zu beobachten. Gräßliche Fratzen schälten sich hervor, furchtbare Gesichter, verzerrt, unheimlich. Da saß oft nichts an seinem Platz, wo es eigentlich hingehört hätte.
    Er sah Gesichter wie Ballons mit schiefsitzenden, wimpernlosen Glotzaugen und gräßlich breiten Mäulern. Er sah auch kreidebleiche Gesichter, so wie man sich eben die Gespenster vorstellte, und es gab bei ihnen keinen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Geistern, denn irgendwo waren sie alle gleich.
    Sie tanzten vor ihm.
    Sie zeigten ihm ihre Waffen. Oft nur die Finger, die ihn an lange, kratzige Zweige erinnerten, schon leicht verdorrt, aber er hatte sie gespürt, wie sie durch seine Kleidung hindurchgedrungen waren, um auf der Haut die blutenden Wunden zu hinterlassen.
    Dann tauchte die weiße Frau wieder auf.
    Sie war ein furchtbares Gespenst, obwohl sie nicht monsterhaft aussah.
    Vielleicht war es gerade die kalkige Blässe, die für diesen schrecklichen Anblick sorgte, denn die weiße Frau wurde oft genug in den Sagen und Geschichten der Völker erwähnt. Da lernten die Kinder bereits, sich vor ihr zu fürchten.
    Sie war wieder mit ihrem Messer bewaffnet, als sie auf Walter Cohn zuschwebte. Das Haar wirkte dabei wie eine strohige gelbe Fülle, die ihren bleichen Kopf umwehte, als sie, die Arme ausgebreitet und dicht über dem Boden schwebend, auf den Mann zuglitt.
    Für Walter war es ein Omen.
    Das erste und das letzte Omen. Sie würde ein Zeichen setzen, sie würde an ihn herankommen und mit ihrer Waffe zustoßen. Es war so etwas wie ein Messer, jedenfalls eine schmale Klinge, die tief in seinen Körper hineindringen konnte, um ihm das Leben zu rauben.
    Er zitterte plötzlich.
    Hatte er schon immer Furcht vor diesen Gespenstern gehabt, so überkam ihn jetzt die kalte Todesangst. So schlimm war es noch nie gewesen, und das
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