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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2
Autoren: cook
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Bank ein Stückchen von mir ab. Er nahm drei Karten aus seiner Hülle und ließ sie zur Übung verschwinden und wieder zum Vorschein kommen. Dabei bewegte er die Finger absichtlich sehr langsam, um die Muskeln zu dehnen und zu kräftigen. Ich war fasziniert – ich hätte schwören können, dass er sich die Sonne in den Ärmel geschoben hatte, doch es war der Jäger, den er daraus hervorzog.
    Wir hoben die Köpfe, als Haron die Treppe herunter und zu seiner Kabine stapfte, immer noch vor sich hin schimpfend. Der erste Offizier hatte Nachtwache, und ich wusste, dass es noch zu früh für ihn war. Alex’ Stimme, die Contessa abwechselnd zu besänftigen und weiter aufzustacheln versuchte, wurde lauter und war über dem Knarren der Taue und dem Brausen des Wassers bald deutlich zu hören. Ich seufzte tief.
    »Willst du ihn nicht zur Vernunft bringen?«, fragte Duncan, als wir das scharfe Klicken hörten, mit dem sich die Tür zu Harons winziger Kabine hinter uns schloss. »Sie klingt ganz so, als würde sie ihm gleich eine Ohrfeige versetzen.«
    Müde schüttelte ich den Kopf. Als ich auf Bitten meiner Schwester den Posten als Gesandte des Königreichs angenommen hatte, war ich davon ausgegangen, dass ich gewichtige politische Probleme lösen würde. Nun spielte ich Kindermädchen und Schiedsrichter zwischen meiner Schwester und ihrem frisch angetrauten Ehemann.
    »Nein«, sagte ich, legte die verschränkten Arme auf den Tisch und ließ den Kopf darauf sinken. »Ich habe ihr gesagt, dass er das nur tut, weil er sehen will, wie sie mit dem Fuß aufstampft und ihr die Röte in die Wangen steigt, aber sie hört mir ja nicht zu.«
    »Vielleicht gefällt es ihr.«
    »Das vermute ich, ja.« Ich neigte den Kopf zur Seite, um ihn durch meine braunen Locken hindurch sehen zu können. Contessa war alles andere als gelassen oder ausgeglichen. Äußerlich mochte sie das Ebenbild unserer verstorbenen Mutter sein, doch bei ihrem Gezeter würde niemand sie je für eine Königin halten. Daher diese königliche Rundreise. Auf Kavenlows Rat hin bemühte ich mich, der Unschuld vom Lande ein wenig gesellschaftlichen Schliff zu verpassen, während sie zugleich die Menschen kennenlernte, für die sie nun verantwortlich war. Es klappte nicht. Und ich mochte Prinz Alex, aber er war mir nicht gerade eine Hilfe.
    Die Worte »Exekution« und »hungriger Dieb«, rasch gefolgt von »barbarisch«, drangen in kreischender Lautstärke an unsere Ohren, und Duncan rutschte unbehaglich auf der Bank herum. Der Streit über den Umgang mit Verbrechern und Verdächtigen in Costenopolis hatte heute Morgen angefangen, als wir ausgelaufen waren. Ich sollte wohl wirklich eingreifen – und sei es nur, um sie davon abzuhalten, sich laut über die Hinrichtung von Dieben zu unterhalten, während Duncan in Hörweite war. Er war kein Dieb; er war ein Falschspieler. Das war ein Unterschied. Gewissermaßen.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte ich und raffte die Röcke, um aufzustehen. Als ich Duncans Hand auf meiner Schulter spürte, hielt ich inne. Überrascht drehte ich mich um und blinzelte, als ich die Sorge und den leicht flehentlichen Ausdruck auf seinem Gesicht sah.
    »Tess, du schuldest ihr gar nichts. Und Kavenlow noch weniger. Warum kommst du nicht einfach –«
    Ich entwand mich ihm, stand auf, stützte mich an einem der Balken ab, die das Deck trugen, und fiel ihm ins Wort: »Ich schulde ihr alles. Und Kavenlow verdanke ich mein Leben, weil er mich aus der Gosse geholt hat. Dich hält hier nichts. Wenn du gehen willst, bitte, aber sie braucht mich. Costenopolis braucht mich.« Ich war frustriert, weil diese uralte Auseinandersetzung schon wieder auftauchte, und klang deshalb barscher, als ich beabsichtigt hatte. Aber ich weigerte mich, die Augen niederzuschlagen.
    Er lachte leicht höhnisch auf und lehnte sich zurück. »Gott steh dir bei, Tess. Costenopolis wird schon nicht fallen, wenn du es verlässt«, sagte er bissig und runzelte dann die Brauen, um seine scharfen Worte zu mildern.
    Ich errötete. Das könnte es tatsächlich. Aber das durfte ich ihm nicht sagen. Er hatte keine Ahnung davon, dass hinter der Fassade königlicher Macht auf dem ganzen Kontinent ein geheimes Spiel der Intrigen und Eroberungen tobte. Nur sehr wenige Menschen wussten davon. Ich war im Palast aufgewachsen, und nicht einmal ich hatte etwas davon geahnt, bis Kavenlow mir von der Magie erzählt hatte, um deretwillen er insgeheim meine Kräfte trainiert hatte.
    Ich schwieg,
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