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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut
Autoren: Jane Feather
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werden, Mylord?«
    William zuckte unter der Bitterkeit ihres Vorwurfs zusammen. Sie verstand nicht, dass es sein Gewissen war, das ihn zu diesem Opfer zwang, wiewohl es bedeutete, dass seiner Familie Armut und Heimatlosigkeit bevorstanden und ihr stolzer Name fortan mit dem schändlichen Makel des Verrates behaftet sein würde.
    Ehe er antworten konnte, drang lautes Hufgeklapper durch das offene Fenster. Clarissa rang um Fassung, und der junge, Rufus, Viscount Rothbury, Sohn und Erbe des seiner Ehre beraubten Earl of Rothbury, wich seiner Mutter von der Seite und ging zu seinem Vater, als wolle er sich weiblicher Schwäche entziehen.
    Der Earl blickte auf den rothaarigen jungen hinunter und begegnete dem klaren, unverwandten Blick des Kindes, dessen Augen von ebenso leuchtendem Blau wie seine eigenen waren. William lächelte, ein halbes Lächeln, das jedoch von tiefer Sorge um dieses Kind geprägt war, das, seines Geburtsrechtes beraubt, dazu verdammt sein würde, das Leben eines Geächteten zu führen. Er legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter und zog ihn zu sich, als er sich zum Fenster umdrehte.
    Die Abteilung nahm in der einbrechenden Dunkelheit in Reih und Glied auf der kiesbestreuten Fläche vor der verwitterten Fassade des elisabethanischen Herrenhauses Aufstellung. Bewaffnet mit Piken und Musketen, stand die Infanterie hinter drei Reihen Kavallerie. Die Königsstandarte James Stuarts, Königs von England, knatterte im Abendwind.
    Doch war es nicht die Flagge seines Königs, die bewirkte, dass der Blick des Earls sich zornig verfinsterte. Es war das Banner, das daneben flatterte. Das Banner des Hauses Granville. Darunter saß auf seinem schwarzen Hengst George, Marquis of Granville, barhäuptig, die behandschuhten Hände locker auf dem Sattel.
    Ein Herold ließ ein Signal ertönen, und eine Stimme rief herauf: »William Decatur, Earl of Rothbury, ergebt Euch im Namen des Königs der Gerichtsbarkeit der Krone.«
    Es war, als sei der Bann im Raum gebrochen. Der Earl wandte sich vom Fenster ab und ging zum Kamin, um mit den Fingern die Steinumrahmung abzutasten, worauf ein großer Feldstein zurückschwang und die schwarze Höhlung eines Versteckes preisgab. »Clarissa, du weißt, was du zu tun hast. Nimm Rufus und fliehe. Meine Brüder erwarten dich jenseits des Waldes. Ich halte dieses Gesindel im Zaum, bis ihr in Sicherheit seid.«
    »Aber William …« Clarissa sprach nicht weiter, und die Hand, die sie ihrem Mann reichen wollte, wurde nicht gedrückt.
    »Ich werde euch folgen«, sagte er kurz. »Jetzt tut, was ich will, und geht.«
    Eine Frau war ihrem Mann nicht ungehorsam, auch nicht in dieser Notlage. Clarissa griff nach der Hand ihres Sohnes, doch dieser entzog sie ihr.
    »Ich bleibe bei Vater.« Er sah seine Mutter nicht an. Sein Blick hing unbeirrt an William, und dieser begriff, dass sein Sohn die Wahrheit kannte und wusste, dass der Earl of Rothbury Frau und Sohn nicht ins Exil folgen würde. Er würde sich dem Gericht des Königs nicht entziehen, da er neben der Schmach des Verrates nicht auch jene der Feigheit auf sich laden wollte.
    Er nahm den jungen an den Schultern und sagte leise: »Rufus, du bist der Hüter deiner Mutter und von nun an ihr Schutz und Schirm. An dir liegt es, unsere Ehre zu rächen.«
    Er drehte sich zum Tisch um und griff nach dem Pergament, das er sorgfältig zusammenrollte und dem Jungen übergab. »Rufus, mein Sohn, ich vertraue fest darauf, dass du Rache am Haus Granville übst und unseren Namen voller Stolz trägst, auch angesichts jener, die ihn entehrt nennen. Durch deine Taten wirst du das Haus Rothbury zum Inbegriff für Wahrheit, Gerechtigkeit und Ehre machen, selbst wenn du verdammt sein solltest, außerhalb des Gesetzes zu leben, und dir eine eigene Welt, eine eigene Ehre und Wahrheit schaffen musst.«
    Rufus schluckte, als er das Pergament in Empfang nahm. Unter dem schrecklichen Gewicht der Worte seines Vaters war ihm seine Kehle eng geworden. Er war erst acht, doch straffte er seine Schultern, wie um die schwere Verantwortung besser tragen zu können, die sein Vater ihm aufgebürdet hatte.
    »Schwörst du es mir?«
    »Ich schwöre es.« Seine eigenen Worte klangen Rufus fremd und wie aus großer Ferne kommend in den Ohren.
    »Dann geh.« Der Vater legte segnend seine Hand auf das Haupt des jungen, dann küsste er seine Frau und drängte sie zum Geheimgang. Rufus blickte sich kurz um. Sein Haar flammte auf im Licht der Öllampe, die der Bote hochhielt. In
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