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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers
Autoren: Nora Roberts
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herangeschlichen.«
    »Nun, von meiner Warte aus betrachtet wirkte das aber ganz anders.« Sie nippte an ihrem Kaffee. Ihr Blick fiel auf die Skizze, die er angefertigt hatte. Überrascht riss sie die Augen auf und setzte die Tasse ab. »Aber das ist ja großartig!«, entfuhr es ihr impulsiv.
    Mit wenigen schwungvollen Strichen hatte er ihr Gesicht zu Papier gebracht. Und nicht nur das, er hatte die Stimmung eingefangen, hatte das Wesen wiedergegeben, das sie als das ihre erachtete. »Es ist wunderbar«, sagte sie, als er auch schon eine zweite Skizze begann. »Sie sind ja wirklich talentiert. Und ich dachte, Sie wollten nur angeben.«
    »Ich bin geradezu schonungslos ehrlich«, murmelte er, während der Bleistift zwischen seinen Fingern über das Papier flog.
    Ihre Begeisterung nahm zu, als sie die Qualität seiner Arbeit erkannt hatte. Eine zweimonatige Beschäftigung … das war jetzt genau das, was sie brauchte. Nach Ablauf dieser Zeit würde sie bestimmt von dem Verlag gehört haben, bei dem im Moment ihr Manuskript lag. Zwei Monate, in denen sie schon einmal keine Toaster verkaufen musste! Die Abende würden frei bleiben, sodass sie an ihrer neuen Geschichte weiterarbeiten konnte. Die Vorteile drängten sich regelrecht auf, es wurde immer besser! Das Schicksal musste Mrs. Sommerson eingegeben haben, ausgerechnet heute Nachmittag ein Kleid kaufen zu wollen.
    »Und Sie wollen wirklich, dass ich Ihnen Modell sitze?«
    »Sie sind genau das, was ich brauche.« Er hörte sich an, als sei für ihn alles bereits beschlossene Sache. Die zweite Skizze war schon fast fertig. Die Tasse stand noch immer unberührt neben ihm. Der Kaffee musste inzwischen kalt geworden sein. »Ich will, dass Sie morgen anfangen. Um neun, das müsste früh genug sein.«
    »Ja, aber …«
    »Lassen Sie Ihr Haar offen, und übertreiben Sie es nicht mit dem Make-up, sonst werden Sie es nur abwaschen müssen. Ihre Augen könnten Sie vielleicht etwas betonen, aber nicht mehr.«
    »Ich habe noch nicht gesagt, dass ich …«
    »Natürlich brauchen Sie die Adresse.« Er überging ihre Einwände völlig. »Kennen Sie sich hier in der Stadt aus?«
    »Ich wurde hier geboren und bin hier aufgewachsen«, teilte sie ihm leicht überheblich mit. »Aber ich …«
    »Umso besser, dann werden Sie auch keine Probleme haben, mein Atelier zu finden.« Er kritzelte eine Anschrift auf den Rand der Papierserviette. Dann hob er jäh den Blick und musterte sie wieder.
    Eine Weile starrten sie einander schweigend an, inmitten des Geklappers von Geschirr und der Gespräche der anwesenden Gäste. Was Cassidy in diesem Moment fühlte, hätte sie nicht beschreiben können, sie wusste nur, dass sie so etwas noch nie gefühlt hatte. Und so schnell es aufgekommen war, so schnell war es auch wieder vorbei. Er stand auf, und Cassidy fühlte sich, als wäre sie soeben eine lange Strecke in einer extrem kurzen Zeit gerannt.
    »Neun Uhr«, sagte er nur. Er stutzte, überlegte kurz und ließ einen Geldschein für die beiden Kaffee auf den Tisch fallen. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Café.
    Cassidy griff nach der Serviette mit den Skizzen und der Adresse. Eine Weile betrachtete sie ihr Gesicht, so wie er es gesehen hatte. Hatte ihr Kinn wirklich diese Form? Automatisch befühlte sie mit Daumen und Fingern die Form und ließ dann ihre Hand dort ruhen. Ihr fiel auf, dass er sie genauso gehalten hatte.
    Mit einem Achselzucken ließ sie ihre Hand sinken und faltete die Serviette akkurat zusammen. Es konnte ja wohl nichts schaden, wenn sie morgen früh zu seinem Studio ging, dachte sie, als sie das Stück Papier in ihre Handtasche steckte. Sie würde sich alles erst einmal genau ansehen, und dann konnte sie immer noch entscheiden, ob sie für ihn Modell sitzen wollte oder nicht. Falls ihr die Sache nicht behagte, brauchte sie nur Nein zu sagen, und dann würde sie wieder gehen.
    Cassidy erinnerte sich an die gleichmütige Überlegenheit, mit der er die Kontrolle über die Situation an sich gerissen hatte und runzelte die Stirn.
    Ich brauche nur Nein zu sagen und zu gehen, sagte sie sich still vor. Und an diesem Gedanken festhaltend, stand sie auf und schlenderte zum Café hinaus.

2. K APITEL
    Es war ein klarer und warmer Morgen, der versprach, in einen sommerlichen Tag überzugehen. Cassidy wählte lässige Kleidung. Sie war unsicher, was für ein potenzielles Künstlermodell angemessensein mochte. Jeans und eine langärmelige weiße Bluse schienen ihr passend zu sein.
    Wie
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