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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers
Autoren: Nora Roberts
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Finger waren, und trotzdem er schlank und sehnig war, hatte er breite Schultern. »Außerdem kann ich sehr laut schreien. Also schauen Sie besser, dass Sie davonkommen.«
    »Perfekt«, murmelte er und fuhr mit den Daumen über ihr Kinn. Cassidys Herz begann stürmisch zu pochen. »Absolut perfekt. Doch, Sie sind genau richtig.« Mit einem Schlag schwand die Intensität aus seinem Blick, und er lächelte. Die Veränderung ging so blitzschnell vor sich, war so verblüffend, dass Cassidy nichts anderes tun konnte als wortlos starren. »Warum sollten Sie das tun wollen?«
    »Was?« Sie war noch zu verdattert über diesen abrupten Wandel, sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    »Eine vier Zentimeter dicke Holzplanke mit der bloßen Hand in der Mitte durchbrechen.«
    »Wie bitte?«, fragte sie verständnislos. Den eigenen Bluff hatte sie längst vergessen. Sie runzelte die Stirn. »Oh, das«, fiel es ihr wieder ein. »Nun, zur Übung, vermute ich mal. Man muss seine Gedanken ganz auf das Brett richten und sich praktisch durch das Brett denken, oder so ähnlich, um dann …« Sie brach ab, als ihr bewusst wurde, dass sie hier auf einem verlassenen Dock stand und eine völlig unsinnige Unterhaltung mit einem potenziell Wahnsinnigen führte, der ihr Kinn noch immer eisern mit seinen Fingern packte. »Sie sollten mich jetzt besser loslassen, bevor ich etwas wirklich Drastisches tue.«
    »Sie sind genau das, wonach ich gesucht habe«, sagte er, ohne ihrer Aufforderung nachzukommen. Cassidy hörte den Anflug eines Akzents heraus, aber sie nahm sich jetzt nicht die Zeit, darüber nachzudenken, welchen ethnischen Hintergrund er haben könnte.
    »Nun, das tut mir leid für Sie, aber ich bin nicht interessiert. Mein Mann ist Football-Profi und spielt als Verteidiger bei den San Francisco 49ers. Er ist fast zwei Meter groß, wiegt hundertzwanzig Kilo und ist extrem eifersüchtig. Er müsste eigentlich jede Minute hier sein, wir sind nämlich hier verabredet. Und jetzt lassen Sie mich endlich los. Meine zehn Dollar können Sie von mir aus haben.«
    »Wovon zum Teufel reden Sie da überhaupt?« Wieder runzelte der Fremde die Stirn. Mit den Nebelschwaden im Rücken sah er regelrecht wild aus. Er riss eine Augenbraue hoch, sodass sie unter ungebändigten schwarzen Locken verschwand. »Glauben Sie etwa, ich will Sie überfallen?« Verärgerung huschte über seine Miene und gab ihm ein noch grimmigeres Aussehen. »Ich bin weder an Ihren zehn Dollar interessiert noch habe ich es auf Ihre Ehre abgesehen. Ich will Sie malen.«
    »Mich malen?«, wiederholte Cassidy fasziniert. »Sie sind Künstler? Sie sehen nicht aus wie ein Künstler.« Sie musterte seine Züge, die so sehr an die eines Piraten erinnerten, genauer. »Was für eine Art Künstler sind Sie?«
    »Ein exzellenter«, erwiderte er nur und hob ihr Gesicht ein wenig höher. Ein Mondstrahl fiel darauf. »Ich bin berühmt, talentiert und passioniert.« Da war das charmante Lächeln wieder – und auch der irische Akzent. Cassidy reagierte auf beides.
    »Ich bin beeindruckt.« Dieser Mann war offensichtlich nicht ganz bei Trost, aber er war interessant. Ihre Furcht war vergessen.
    »Natürlich sind Sie das«, pflichtete er ihr wie selbstverständlich bei und drehte ihr Gesicht ins Profil. »Das ist schließlich zu erwarten.« Endlich ließ er ihr Kinn los, aber ihre Haut prickelte, dort, wo seine Finger gelegen hatten. »Ich wohne auf einem Hausboot, etwas außerhalb der Stadt. Wir gehen dorthin, und ich werde noch heute Abend die ersten Skizzen von Ihnen machen.«
    Cassidy schaute ihn halb belustigt, halb argwöhnisch an. »Müssten Sie mir jetzt nicht anbieten, mir Ihre Skizzensammlung zu zeigen, sozusagen als Variation eines alten, immer gleichen Themas?« Sie fühlte sich nicht länger bedroht von dem Mann, auch wenn er wirklich hartnäckig zu sein schien.
    Er seufzte. »Diese Frau denkt wirklich immer nur an das eine. Hören Sie … wie heißen Sie eigentlich?«
    »Cassidy«, antwortete sie automatisch. »Cassidy St. John.«
    »Oh nein. Halb irisch, halb englisch. Das könnte Probleme geben.« Er stopfte die Hände in die Hosentaschen, ohne die Augen von ihrem Gesicht zu nehmen. Er schien entschlossen, sich jeden Millimeter einzuprägen. »Cassidy, lassen Sie mich Ihnen versichern, dass ich weder Ihre zehn Dollar brauche noch plane, Ihre Ehre zu verletzen. Was ich will, ist Ihr Gesicht. Und ja, meine Skizzenmappe und alles andere, was noch so dazugehört, ist tatsächlich auf
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