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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers
Autoren: Nora Roberts
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oder nicht. Und wenn sie sich verabredet hatte, dann hatte sie auch immer darauf geachtet, das Ganze unverbindlich zu halten.
    Bis jetzt hatte Cassidy noch keinen Mann getroffen, der sie so sehr interessierte, dass sie von ihrem direkten, schnurgeraden Weg abgewichen wäre. Es gab keine Kurven oder Biegungen in ihrem Plan. Keine Abweichungen, keine Umleitung.
    Der Abend legte sich über die Bucht, die Lichter im Hafenviertel flammten auf. Dass sie ihren jetzigen Job verloren hatte, beunruhigte Cassidy nur vorübergehend. Ihre Stimmung war schon viel besser. Sie war jung, voller Energie. Widerstandsfähig. Irgendwas würde sich schon ergeben.
    Cassidy stützte sich auf das Geländer und sah auf die Wasseroberfläche hinunter. Kleine Wellen leckten an einem Fischerboot. Sie brauchte nicht viel Geld, jeder Job wäre ihr recht. Als Verkäuferin in einem Kaufhaus zu arbeiten könnte möglicherweise tatsächlich genau das Richtige für sie sein. Vielleicht in der Haushaltsgeräteabteilung. Wenn man einen Toaster anpries, war wohl ausgeschlossen, dass sie jemandem auf die Füße trat und dessen Eitelkeit verletzte.
    Zufrieden mit dieser Lösung, verdrängte Cassidy auch die letzten trüben Gedanken und beobachtete die Nebelschwaden, die über dem Wasser wabberten und immer näher kamen, bis die ersten luftigen Fetzen sie erreichten.
    Der Wind wurde stärker, es wurde schnell kälter. Cassidy hielt ihr Gesicht in die Brise und genoss das Gefühl von Nebel und Wind auf ihrer Haut. Der Lärm von den Marktständen drang nur gedämpft bis zu ihr herüber, der Nebel verschluckte auch die Geräusche. Ein Vogel zog über den Himmel und stieß einen gellenden Schrei aus, Cassidy sah auf und folgte seinem Flug mit den Augen. Das erste Mondlicht fiel auf ihr Gesicht, und ein Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie es sich erlaubte, ein wenig zu träumen.
    Erschreckt zuckte sie zusammen und schnappte nach Luft, als sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter legte. Noch bevor sie einen Laut ausstoßen konnte, wurde sie herumgezogen, und sie blickte in das Gesicht eines Fremden.
    Er war groß, fast einen Kopf größer als sie, eine wilde dunkle Lockenmähne umrahmte sein schmales Gesicht. Er sah attraktiv aus … nein, gefährlich. Vielleicht lag es an ihrem Schreck, am schleichenden Nebel und der einbrechenden Dunkelheit, dass Cassidy dieses Wort angebrachter schien. Oder daran, dass er eher wie ein Abenteurer wirkte als ein Fischer. Seine Augen waren blau, ein tiefes, intensives Blau, das unter langen dunklen Wimpern hervorstrahlte. Über diesen Augen saßen geschwungene schwarze Augenbrauen. Seine Nase war schmal und gerade, die Lippen voll, und sein Kinn teilte ein Grübchen. Es war ein faszinierendes, markantes Gesicht. Die Jeans und der schwarze Wollpullover, die er trug, betonten seine maskuline Statur.
    Cassidy hatte sich von dem ersten Schock erholt. Sie umklammerte ihre Handtasche und streckte den Rücken durch. »Hören Sie, ich habe nur zehn Dollar bei mir.« Furchtlos schob sie das Kinn vor. »Und die brauche ich mindestens so dringend wie Sie.«
    »Seien Sie still«, befahl er knapp und kniff die Augen zusammen. Sein Blick lag beunruhigend intensiv auf ihrem Gesicht, musternd, durchdringend, suchend. Es jagte Cassidy einen Schauer über den Rücken, als der Fremde ihr Kinn fasste und ihren Kopf hin und her drehte. Ohne ein Wort zu sprechen, betrachtete er sie mit absoluter Konzentration. Seine Augen waren geradezu hypnotisierend. Cassidy konnte nichts anderes tun, als ihn stumm anzusehen und mitzuverfolgen, wie seine Augenbrauen sich zusammenzogen und er die Stirn runzelte. Erwartung lag in seinem Blick. Cassidy versuchte sich seinem Griff zu entziehen.
    »So halten Sie doch still!«, ordnete er barsch an. Seine Stimme war tief, und er klang eindeutig verärgert. Sein Griff wurde fester.
    Cassidy schluckte unmerklich. »Ich habe den schwarzen Gürtel in Karate, das sollten Sie wissen«, sagte sie mit bemühter Ruhe. »Ich werde Ihnen die Arme brechen, sollten Sie versuchen, sich an mir zu vergreifen.«
    Sie sah über seine Schulter und musste feststellen, dass die Lichter der Restaurants durch den dichten Nebel nur noch schwach zu erkennen waren. Sie waren also praktisch allein hier auf dem Dock.
    »Mit einem Handkantenschlag breche ich eine vier Zentimeter dicke Holzplanke in der Mitte durch«, fügte sie hinzu, als der Mann sich weder beeindruckt noch eingeschüchtert zeigte. Ihr war aufgefallen, wie kräftig seine
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