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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
Autoren: Susanne Pilastro
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bestätigt, als ich am
Abend am Lagerfeuer, umhüllt von Dunkelheit, all meinen Mut zusammen genommen
und Vater angesprochen hatte.
    „Vater?“
    „Ja, mein Kind?“ Er war offenbar froh, dass ich endlich
wieder mit ihm redete.
    „Ich habe eine Frage.“
    „Bitte! Ich werde versuchen, sie zu beantworten.“
    Auf einmal war ich mir doch nicht mehr sicher und
schwieg.
    „Nun?“, fragte Vater.
    Ich holte tief Luft und sprach die Worte so
schnell es ging aus, um es hinter mich zu bringen: „Beinhaltet die
Vereinbarung, am Palast zu wohnen, auch, mit dem Kaiser zu schlafen?“
    Vater spuckte vor Schreck seinen Schluck Wasser wieder
aus. „Wie bitte?“ Er musste erst einmal kräftig husten und als er sich wieder
gefangen hatte, sah er mich an. „Kind“, sagte er schließlich vorsichtig, „das
sind Dinge, die du mit deiner Mutter besprechen solltest.“
    Ich sah ihn mit großen Augen an.
    „Du hast Recht“, seufzte er. „Sie ist nicht da. –
Dann sprich doch mit Pjeng-Mi.“
    Mit noch größeren Augen sah ich hinüber zur Zofe,
die beinahe ohne zu atmen auf den Kutscher einredete.
    Vater folgte dem Blick und musste fast lachen. „Du
hast Recht. Es bleibt wohl wirklich nur dein alter Vater übrig.“ Sein Blick lag
wieder auf mir und ich konnte sehen, wie er verzweifelt nach einer passenden
Antwort suchte. Dann war ihm offenbar etwas eingefallen. „Du wirst als
kaiserliche Frau das tun, was man von dir erwartet!“
    Aus Vaters Tonfall hatte ich sofort herausgehört,
dass ich dies als unumstößliche Antwort zu nehmen hatte und keine weiteren
Fragen erwünscht waren.
    „Danke, Vater!“, seufzte ich und zog mich zurück.
Eingepackt in meine Felldecke starrte ich in die Frühlingsnacht, die erfüllt
war vom Schimmern der Sterne.
    Euch gibt es seit Urzeiten, dachte ich. Niemand
schreibt euch vor, wer ihr zu sein habt. Ich wünschte, ich könnte fliegen. Dann
wäre ich dort oben bei euch, könnte herunterschauen auf die Welt und würde
strahlen.
    „Es wird alles gut werden“, säuselte es an mein
Ohr, während ich im Halbschlaf von Mutter träumte, die mir liebevoll über das
Gesicht strich. Ich hatte alles verloren: Mutter war nicht mehr an meiner Seite
und von Vater entfernte ich mich seit diesem Abend mehr und mehr.
     
    Wir fuhren den ganzen Tag und hatten bis jetzt das
Glück gehabt, beinahe jeden Abend einkehren zu können. Auch an diesem hatten
wir wieder eine Unterkunft gefunden. Wie froh war ich, wenn ich das Schaukeln
der Kutsche hinter mir lassen konnte!
    Die Hütte, an der wir uns befanden, beherbergte
wohl des Öfteren Reisende und war dementsprechend eingerichtet: Verschiedene
Kammern standen als Schlafplätze zur Verfügung und es gab eine alte Frau, die
für die Reisenden warme Speisen zubereitete. Die letzten Tage hatten wir
hauptsächlich von Dörrfleisch gelebt, doch heute gab es gebratene Nudeln mit
getrockneten Pilzen, frischen Sprossen und Gemüse. Das Essen war eine
willkommene Abwechslung und schmeckte herrlich! Ich kaute genüsslich vor mich
hin und beobachtete meine Umgebung.
    Vater hatte sich schweigend neben mich gesetzt und
löffelte seine heiße Suppe. Pjeng-Mi saß auf der anderen Seite des Raumes neben
Queng-Do, dem Kutscher. Bei seinem Anblick musste ich leise in mich hinein
kichern; seit Tagen schon wich Pjeng-Mi nicht mehr von seiner Seite und mir
waren diese seltsamen Blicke aufgefallen, die die beiden sich zuwarfen, seit
der Nacht, in der meine Zofe ihr Schlaflager zurückgelassen hatte und
weggeschlichen war. Wenige Minuten später hatte ich ein leises Stöhnen
vernommen und daneben ein gedämpftes Grunzen. Diese Geräusche hatte ich schon
ein paar Mal aus dem Schlafzimmer meiner Eltern gehört und wusste, was sich
gerade im Schutze der Dunkelheit hinter den nahen Büschen abspielte. Ich wusste
nur nicht genau, wie das aussah. Auffällig war jedoch, dass Pjeng-Mi seitdem
wesentlich glücklicher und zufriedener war, was die ganze Reise an sich erträglicher
machte. Vielleicht war dieses „bei-einem-Mann-liegen“ ja doch eine angenehme
Sache. Und vielleicht war der Kaiser ja wirklich ein schöner junger Mann.
    Ab und an ertappte ich mich bei dem Gedanken, wie
es wohl sein würde, von einem Mann geliebt zu werden. In meiner Phantasie lag
ich unter einer Decke mit einem dunkelhaarigen Unbekannten, der mich liebevoll
in seinen Armen hielt und auf die Wange küsste. Ob es wohl so sein würde?
     
    Die Dörfer wurden immer größer und lagen dichter
beieinander – die
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