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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Pancol
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bitten, den Riss zu nähen. Doch dann fiel ihm ein, dass er auszog. Er war dabei, seine Sachen zu packen. Er zog die Hosentaschen heraus: Auf beiden Seiten war das Futter kaputt.
    Er ließ sich aufs Bett fallen und starrte auf seine Schuhspitzen.
    Arbeit zu suchen war entmutigend; er war nichts als eine Nummer in einem Umschlag mit einer Briefmarke darauf. Er dachte daran, wenn er in Mylènes Armen lag. Er erzählte ihr, was er tun würde, wenn er eines Tages sein eigener Herr wäre. »Mit meiner Erfahrung«, erklärte er, »mit meiner Erfahrung …« Er hatte die ganze Welt bereist, er sprach Englisch und Spanisch, er kannte sich mit Buchführung aus, ihn schreckten weder Hitze noch Kälte, weder Staub noch Monsunregen, weder Mücken noch Reptilien. Sie hörte ihm zu. Sie vertraute ihm. Sie besaß etwas Geld, das sie von ihren Eltern geerbt hatte. Er hatte noch nicht Ja gesagt. Er hoffte immer noch, einen verlässlicheren Partner zu finden, mit dem er sich ins Abenteuer stürzen könnte.
    Er hatte sie kennengelernt, als er Hortense an ihrem zwölften Geburtstag zum Friseur begleitet hatte. Mylène war vom selbstsicheren Auftreten des kleinen Mädchens so beeindruckt gewesen, dass sie angeboten hatte, ihr eine Maniküre zu machen. Hortense hatte ihr ihre Hände überlassen, als gewährte sie ihr ein besonderes Privileg. »Ihre Tochter ist eine richtige kleine Königin«, hatte sie gesagt, als er sie wieder abholte. Seitdem polierte sie die Nägel des Kindes, sooft sie Zeit dazu hatte, und Hortense ging mit gespreizten Fingern davon und spiegelte sich in ihren schimmernden Nägeln.
    Er fühlte sich wohl in Mylènes Gegenwart. Sie war eine lebhafte kleine, sahnig weiche Blondine. Ihre verschämte Art und ihre Schüchternheit lösten seine Anspannung und stärkten sein Selbstbewusstsein.
    Er nahm seine Anzüge von den Bügeln. Sie waren alle perfekt geschnitten
und aus bestem Stoff. Ja, er hatte Geld gehabt, eine Menge Geld. Es hatte ihm Spaß gemacht, es auszugeben. »Und ich werde auch wieder Geld haben«, sagte er laut. »Du bist erst vierzig, Mann, dein Leben ist noch nicht vorbei! Noch lange nicht!« Der Koffer war schnell gepackt. Trotzdem tat er so, als suchte er nach seinen Manschettenknöpfen, und schimpfte dabei lautstark vor sich hin, weil er hoffte, Joséphine würde ihn hören, ins Zimmer kommen und ihn anflehen zu bleiben.
    Er ging zurück in den Flur und blieb vor der Küchentür stehen. Er zögerte, hoffte immer noch, dass sie eine versöhnliche Geste machen würde … Doch sie hatte ihm den Rücken zugewandt. Und als sie keine Anstalten machte, sich umzudrehen, sagte er: »Also dann … Ich bin fertig! Ich gehe jetzt…«
    »Schön. Die Schlüssel kannst du behalten. Du hast bestimmt noch das eine oder andere vergessen und musst noch mal herkommen, um es zu holen. Sag aber vorher Bescheid, damit ich nicht da bin. Das ist besser so …«
    »Du hast recht, dann nehme ich sie mit … Was wirst du den Mädchen sagen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht …«
    »Ich wäre lieber dabei, wenn du mit ihnen redest …«
    Sie drehte den Wasserhahn zu und lehnte sich gegen das Becken.
    »Wenn du nichts dagegen hast, sage ich ihnen die Wahrheit«, sagte sie, immer noch ohne sich umzudrehen. »Ich habe keine Lust zu lügen … Es ist so schon schwierig genug.«
    »Aber was genau wirst du denn sagen?«, fragte er ängstlich.
    »Die Wahrheit: Papa hat keine Arbeit mehr, Papa geht es nicht gut, Papa muss auf andere Gedanken kommen, darum ist Papa weggegangen …«
    »Auf andere Gedanken kommen?«, wiederholte er wie ein sanftes Echo.
    »Genau! So werde ich es ihnen sagen. Du musst auf andere Gedanken kommen.«
    »Das ist gut, ›auf andere Gedanken kommen‹ … Das klingt nicht endgültig. Das ist gut.«
    Er hatte den Fehler gemacht, sich gegen den Türrahmen zu lehnen,
und erneut überkam ihn Wehmut, nagelte ihn an Ort und Stelle fest und raubte ihm alle Kraft.
    »Geh endlich, Antoine. Es ist alles gesagt … Ich bitte dich, geh!«
    Sie hatte sich umgedreht und starrte auf den Boden neben ihm. Er folgte ihrem Blick und entdeckte den Rollkoffer neben seinen Füßen. Den hatte er völlig vergessen. Also war es wirklich ernst: Er zog aus!
    »Na dann … Mach’s gut … Wenn du mich erreichen willst …«
    »Du kannst ja anrufen … oder ich hinterlasse eine Nachricht in Mylènes Salon. Ich nehme an, sie wird wissen, wo sie dich finden kann.«
    »Die Pflanzen müssen zweimal
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