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Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition)
Autoren: Care Santos
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Trauergäste aufzuzählen, die den schier endlosen Zug bildeten. An dieser Stelle seien nur genannt: der Kirchenvorstand der Iglesia de la Concepción Señor Serracanta, der Präsident der Real Academia de Buenas Letras Don Francisco Carreras Candi, der ehemalige Senator Señor Durán y Ventosa sowie viele andere, an die wir uns leider nicht erinnern können.
Der Trauerkutsche folgten drei überreich mit Kränzen geschmückte Gefährte. Mit diesen zahlreichen Kranzspenden erwiesen Familienmitglieder, Freunde und Bekannte der Verstorbenen einen letzten ehrenden Dank. Ein Gebinde kam von den Angestellten der Lax-Fabriken und trug folgende Widmung: »Für unsere gute Doña Maria del Roser, die uns wie eine Mutter liebte«. Am größten Kranz, gestiftet von der spiritistischen Gesellschaft del Vallés, prangte die Zueignung: »Für unsere Freundin und Meisterin, von ihren untröstlichen Weggefährten«.
Der Trauerzug führte vom Paseo de Gracia links in die Calle Aragón zur Iglesia de la Inmaculada Concepción, wo die Gemeinde mit Unterstützung der Musikkapelle ein feierliches Responsorium anstimmte. Die Prozession endete an der Straßenkreuzung von Paseo de Gracia und Gran Via und wurde dort wie vereinbart verabschiedet. Dieser feierliche Akt des Respekts und der Ehrerbietung beanspruchte eine geraume Zeit. Die beiden Brüder Lax Golorons drückten all den Trauernden die Hände und sprachen ihnen Worte des Dankes aus.
Etwa dreihundert Menschen nahmen nicht hier Abschied, sondern begaben sich in mehr als einhundert Kutschen zum Ostfriedhof. Auf dem Weg dorthin, entlang dem Paseo de Gracia sowie der Straßen, durch die die Trauergemeinde zog, harrte eine riesige Menschenmenge aus, die beim Vorüberziehen der Sargkutsche die Hüte zog und Gebete sprach.
Der Leichnam von Doña Maria del Roser wurde in der Familiengruft christlich bestattet, neben ihrer glücklosen Tochter Violeta, die in der Blüte ihres Lebens einer schrecklichen Krankheit erlegen war. Aus diesem Anlass hatte man damals einen Bildhauer beauftragt, einen trauernden Engel in Marmor zu gestalten, der seither die Kuppel des Mausoleums zierte. Nach den liturgisch vorgesehenen Gebeten verlas die Schwiegertochter zum Gedenken an die Verstorbene ein Gedicht.
Die Familie Lax erfuhr in ihrem Schmerz Linderung und Trost durch die aufrichtige, feierliche und überwältigende Anteilnahme, die Barcelona gestern bekundete. Wir, die wir die Ehre erleben dürfen, mit der Familie freundschaftlich verbunden zu sein, begleiten sie von ganzem Herzen in ihrem Leid. Dieses Unglück hat die Zuneigung und die Wertschätzung noch mehr wachsen lassen, die sich die Familie Lax in der gesamten Gesellschaft – von der Aristokratie bis zu den niedrigsten Schichten – zu erwerben verstand.
Alle Herzen werden stets eine gute Erinnerung an diese so großartige wie tragische Dame in sich tragen, und von allen katholischen Lippen wird immer ein Gebet zu ihrem Gedenken gesprochen werden. Wir drücken noch einmal ihrer gesamten Familie unser aufrichtiges Beileid aus. Möge die Verstorbene in Frieden ruhen.

II
    Concha bewahrte viele Jahre den Zeitungsartikel aus La Vanguardia auf, in dem über die Bestattung der Señora berichtet wurde. Jedes Mal, wenn sie ihn las, war es für sie, als befände sie sich wieder inmitten der dankbaren, feierlich gestimmten Menge, umgeben von den distinguierten Damen, die von Doña Maria del Roser vor allem deren stille Kämpfe und unverstandene Revolutionen in Erinnerung behielten, über die sie kaum laut zu sprechen wagten.
    Um nichts in der Welt hätte Concha dieses Ereignis versäumt. Alles verdankte sie dieser guten Frau, die sie nun für immer verlassen hatte. Concha hatte viele Tränen vergossen, während sie mit dem Trauerzug ging, ohne sich allerdings dem so sorgsam eskortierten Sarg zu nähern. Nicht nur wegen dieses »niemals wieder«, das unmöglich zu verkraften schien; sondern auch weil sie sich sicher war, dass für die Señora diese Beisetzung ein großes Zugeständnis bedeutet hätte: Doña Maria del Roser hätte niemals all den Pomp gewünscht, den ihre Angehörigen nun für sie ausrichteten. »Schließlich und endlich müssen wir Frauen immer nachgeben«, sagte sich Concha in Erinnerung an die festen Überzeugungen von Maria del Roser, die ihr eigenes Leben so stark beeinflusst hatten. Als sie sah, wie sich die Menschenmenge in der Calle Aragón auflöste, spürte sie, dass auch ein wichtiger Teil ihres Lebens dahinging. Ohne die Señora
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