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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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auch, daß Leute, besonders Frauen, die von der Spielwut gepackt
    sind, nicht mehr sehr empfindlich sind in der Wahl ihrer Verbindungen, wenn diese sie nur ans Roulette fuhren. 80 geschah es, daß ich mich einst in Monte Carlo in einer schwierigen Lage befand, aus der mir ein Mann heraushalf, dem ich es nachher teuer bezahlen mußte. Bald war ich mir darüber klar, von welcher Gattung er war – ein berufsmäßiger Spieler und Betrüger, ein Abenteurer, dem beständig die Polizei auf den Fersen war. Als ich diese Entdeckung gemacht hatte, verließ ich sofort die Stadt und das Land, in dem er sich aufhielt. Aber er folgte mir, und es gelang mir nur mit knapper Not, ihm zu entkommen. Erst als ich mich für die Dauer wieder hier zu Hause niederließ, fühlte ich mich sicher. Doch da – denken Sie sich meinen Schrecken – tauchte er eines Tages plötzlich auch hier auf. Er stellte mir nach und verlangte, daß ich Aakerholm die Ehe verweigern sollte. Aber da beschloß ich, diesen Verfolgungen ein für allemal ein Ende zu machen und wies ihn energisch ab. Gestern abend besuchte er mich trotzdem wieder. Dieser Besuch endete mit einer heftigen Szene, er verließ mich in rasender Wut und gelobte, Rache an mir zu nehmen. Als er ging, war es elf Uhr, und er war es, der Aakerholm begegnete. Es ist ein furchtbarer Schmerz für mich, wenn ich mir vorstelle, es könne womöglich der unglückselige Zufall sein, daß Aakerholm
    diesen Mann aus meiner Villa kommen sah, was ihn veranlaßt hat ...«
    Sie vermochte nicht weiterzusprechen, die Bewegung schnürte ihr die Kehle zu.
    Krag fragte:
    »Wie heißt er?«
    »Ich kenne ihn unter dem Namen Jim Charter.«
    »Amerikaner?«
    »Ja.«
    »Wie erfuhr er, daß Sie nach Norwegen gegangen waren?«
    »Er wußte es gar nicht. Als ich ihm hier begegnete, sagte er mir, daß sein Erstaunen, mich hier zu treffen, ebenso groß sei, wie das meine, ihn hier zu sehen.«
    Da steigerte sich Krags Interesse und Eifer noch mehr.
    »Das konnte ich mir denken«, murmelte er. »Wie sieht dieser Jim Charter aus?« fragte er dann.
    »Er ist groß, muskulös, hat rotes Kopf- und Barthaar und graue, stechende Augen. Er ist etwa vierzig Jahre alt.«
    »Sprach er niemals von seinem Äußeren?« fragte Krag. »Zum Beispiel von seinem roten Haar?«
    Frau Hjelm sah ihn erstaunt an. »Ja«, antwortete sie, »jetzt, da Sie mich darauf hinweisen, erinnere ich mich ganz bestimmt, daß er einmal die Bemerkung machte, sein Äußeres sei viel Geld wert.«
    Der Detektiv sprang auf.
    »Ausgezeichnet«, rief er aus, »da hätten wir also das letzte Glied der Kette.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich denke an die drei Zimmer.«
    »An die drei Zimmer?«
    Krag trat näher auf Frau Hjelm zu, die ihn mit reuigen, fragenden Blicken ansah.
    »Glauben Sie wirklich, daß Aakerholm Selbstmord beging?« fragte er.
    »Ja, wie sollte ich es nicht glauben ...?«
    »Nein, Frau Hjelm, er wurde erschossen, ermordet.«
    »Großer Gott! Ermordet? Und von wem?«
    »Von Jim Charter.«
    »Das begreife ich nicht.«
    »Sie werden es bald genug begreifen.«
    Frau Hjelm barg das Gesicht in die Hände und sank weinend in ihren Stuhl zurück.
    Krag sah sie mitleidig an und murmelte:
    »Arme, unglückliche Frau! Aber du sollst gerächt werden, ehe der Tag graut.«––
    Gegen elf Uhr abends saß Doktor Rasch in seinem Zimmer und wartete auf Krag. Alle Menschen waren bereits zur Ruhe gegangen, im Hause herrschte absolute Stille.
    Der Arzt öffnete das nach dem Park hinausgehende Fenster und löschte die Lampe, um sich in der Dunkelheit draußen besser orientieren zu können.
    Eine merkwürdige Stimmung überkam ihn, während er am Fenster saß und in den finsteren Park hinausschaute, in dem sich vor kaum vierundzwanzig Stunden das fürchterliche Drama abgespielt hatte.
    Er vermeinte Gestalten zu sehen, die sich zwischen den Bäumen bewegten; aber es waren nur die Schatten der vom Winde erfaßten Zweige.
    *
    Nun war der Zeitpunkt da, für den sie Krags Rückkehr verabredet hatten. Und richtig, da kam eine menschliche Gestalt über den Hof herangeschlichen.
    Sie blieb vor seinem Fenster stehen, und der Arzt vernahm ein Pfeifen.
    Er beantwortete es, indem er ein Seil hinunterließ, dessen Ende an dem Fensterpfosten befestigt war.
    Der Arzt hörte, daß jemand an dem Seil emporkletterte. Einen Augenblick später sprang ein Mann durch das Fenster ins Zimmer herein. Doktor Rasch zündete die Lampe an.
    Aber da schien ihm das Blut in den Adern gerinnen
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