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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente
Autoren: Hanns Kneifel
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lag es nun nahe, in dem hinzugekommenen König Mohammed zu sehen. Und er glaubte auch, die Könige identifizieren zu können, die von den Muslimen gedemütigt wurden: den byzantinischen Kaiser, den König der Westgoten, der in Spanien besiegt wurde, und den König der Franken.

Der Erste Kreuzzug
    Zur Zeit des Ersten Kreuzzugs (1095-1099) waren die Inhalte der islamischen Glaubenslehre in Westeuropa völlig unbekannt. Als ein eindrucksvoller Beleg dafür kann die Predigt angesehen werden, mit der Papst Urban IL (PM 1088-1099) am 27. November 1095 auf dem Konzil von Clermont zum Kreuzzug aufrief. Diese Rede ist in verschiedenen Fassungen überliefert, auch von seinerzeit Anwesenden, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass der tatsächliche Wortlaut niedergeschrieben wurde. Doch durch den Vergleich der einzelnen Überlieferungen lässt sich mit einiger Sicherheit das Wesentliche, das der Papst sagte, erschließen. Urban II. hatte von der Bedrohung des Byzantinischen Reichs durch die Seldschuken im März des Jahres 1095 auf dem Konzil von Piacenza erfahren. Dorthin waren Boten des Kaisers Alexios I. (Bas. 1081-1118) gesandt worden, die dem Papst und der versammelten Gesellschaft von den Nöten der Byzantiner berichtet hatten. Seit der Schlacht bei Mantzikert im Jahr 1071 hatten die Seldschuken nach und nach große Gebiete Anatoliens erobert. Um den gewaltigen Strom der nomadischen Reiterkrieger aufhalten zu können, benötigte der byzantinische Kaiser Soldaten. Und diese Soldaten sollten in Europa geworben werden, von wo schon zuvor viele Söldner nach Byzanz gekommen waren. Dieses Hilfeersuchen muss den Papst tief bewegt haben. Als er schließlich in Clermont sein Wort an die Menge richtete, hatte er den Kampf gegen den neuen Feind im Osten längst zu seiner eigenen Sache gemacht. Die Pilgerwege ins Heilige Land seien durch die seldschukischen Eroberungen bedroht und die Christen im Byzantinischen Reich grausamen Misshandlungen durch die Eroberer ausgesetzt, sagte er. Mit keinem Wort geht Urban II. auf die Religion der Eroberer ein. Laut dem Zeugnis von Fulcher von Chartres rief er seinen Zuhörern zu, ihre im Osten lebenden Glaubensbrüder benötigten dringend Hilfe, da »die Türken und Araber sie angegriffen haben und das Gebiet Romanias [d. i. das Byzantinische Reich; JD] so weit westlich wie die Küste des Mittelmeeres und des Hellespont […] erobert haben«. Der Papst soll auch von den zerstörten Kirchen gesprochen haben, um dann auszurufen: »Wenn ihr ihnen erlaubt, dies eine Zeit lang mit Unreinheit weiter fortzusetzen, werden die Gläubigen noch viel mehr von ihnen angegriffen werden.« Und dann soll Urban II. geklagt haben: »Oh, was für eine Schande, wenn ein Volk, so verachtet, entartet und versklavt von Dämonen, auf diese Weise ein Volk überwindet, begabt mit dem Glauben an den allmächtigen Gott und glänzend im Namen Christi!« Hier wird deutlich, dass Urban II. die Situation so versteht und darstellt, dass die ganze Christenheit von einem andersgläubigen Volk angegriffen wird. Doch welchen Glauben dieses Volk hatte, sagt er nicht. Auch nach Robert dem Mönch bleibt der Papst hinsichtlich der Feinde ungenau. Seinen Aufzeichnungen nach nannte Urban II. diese »eine Rasse aus dem Königreich der Perser, eine verfluchte Rasse, eine Rasse gänzlich von Gott entfremdet, wahrlich eine Generation, die ihr Herz nicht leitet und ihren Geist Gott anvertraut«. Mit grausigen Details werden hier die Gräuel der Eroberungen ausgemalt. Der Feind »hat die Kirchen Gottes entweder völlig zerstört oder verwendet sie für die Riten seiner eigenen Religion. Sie zerstören die Altäre, nachdem sie diese mit ihrer Unreinheit entweiht haben. Sie beschneiden die Christen, und das Blut der Beschneidung spritzen sie entweder auf die Altäre oder gießen es in die Taufsteine.« Eine vage Kenntnis muslimischer Riten – hier der Beschneidung – scheint der Mönch Robert gehabt zu haben. In der Version der Papstrede, die Balderich von Dol überliefert, heißt es, im Tempel Salomos »stellten die barbarischen Völker ihre Idole auf, entgegen dem Gesetz«. Auch diese Behauptung – die gewiss nicht von Urban II. stammte, denn auch sie ist nur in dieser einen Niederschrift enthalten – belegt in Ansätzen Vorurteile über den Islam, wenn sie die Religion selbst auch nicht beim Namen nennt. Es lässt sich aus diesen genannten Aufzeichnungen der Papstrede und unter Einbeziehung der in der »Gesta Francorum« überlieferten
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