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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel
Autoren: Jules Verne
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Stapellauf etwa in zehn Tagen stattfinden könne.
    Schon kehrte einige Hoffnung in das Herz der Colonisten zurück, die in diesem vierten Jahre ihres Aufenthaltes auf der Insel so sehr hart geprüft wurden! Pencroff selbst schien etwas aus der tiefen Schweigsamkeit zu erwachen, in welche die Zerstörung und der Untergang ihrer Reichthümer ihn versetzt hatte. Jetzt dachte er eben nur noch an das Schiff, in dem sich alle seine Hoffnungen concentrirten.
    »Wir werden damit fertig, Herr Cyrus, sagte er, und es ist auch die höchste Zeit, denn bald befinden wir uns in den Aequinoctien. Nun, falls es drängt, begeben wir uns für den Winter nach der Insel Tabor. Doch die Insel Tabor nach der Insel Lincoln! O Unglück! Hätte ich mir das jemals träumen lassen!
    – Beeilen wir uns!« sagte unabänderlich der Ingenieur.

    Und man arbeitete, ohne einen Augenblick zu verlieren.
    »Mein Herr, fragte einige Tage später Nab, glauben Sie, daß Alles das auch bei Lebzeiten des Kapitän Nemo hätte geschehen können?
    – Gewiß, Nab, antwortete Cyrus Smith.
    – Nun, ich glaube es nicht! sagte Pencroff leise Nab in’s Ohr.
    – Ich auch nicht!« erwiderte ihm Nab ganz ernsthaft.
    In der ersten Märzwoche ward der Franklin wieder drohender. Tausend aus geschmolzener Lava bestehende Glasfäden fielen wie Regen nieder. Der Krater füllte sich auf’s Neue mit Laven, die an allen Seiten desselben herabflossen. Der Strom ergoß sich über die früheren, erhärteten Massen und zerstörte vollends die einzelnen Baumskelette, welche der ersten Eruption widerstanden hatten. Die Lavafluth, welche diesmal dem südöstlichen Ufer des Grant-Sees folgte, wälzte sich über den Glycerinesluß hinaus und verbreitete sich über das Plateau der Freien Umschau. Dieser letzte Schlag gegen das Werk der Colonisten war furchtbar. Von der Mühle, den Baulichkeiten des Hühnerhofes und den Ställen blieb nichts mehr übrig. Das erschreckte Geflügel zerstob nach allen Richtungen. Top und Jup gaben Zeichen der heftigsten Unruhe; ihr Instinct sagte ihnen, daß sich eine Katastrophe nahe. Eine große Menge Thiere der Insel waren bei der ersten Eruption schon umgekommen. Die Ueberlebenden fanden nur in den Tadorne-Sümpfen noch eine Zuflucht bis auf wenige, die auf dem Plateau der Freien Umschau umher irrten Jetzt wurde ihnen auch dieses letzte Asyl genommen, und fing der Lavastrom, der den Kamm der Granitmauer überstieg, schon an, seine feurigen Katarakten auf den Strand zu ergießen. Das Entsetzliche dieses Anblicks spottet jeder Beschreibung. Die ganze Nacht über gab er das Bild eines Niagara von geschmolzenem Eisen mit seinen glühenden Dünsten in der Höhe und den brodelnden Massen in der Tiefe!
    Die Colonisten sahen sich nun nach ihrer letzten Zuflucht gedrängt, und obwohl die obersten Fugen der Schiffswand noch nicht kalfatert waren, beschlossen sie doch, das Fahrzeug ins Meer zu lassen.
    Pencroff und Ayrton trafen also die nöthigen Vorbereitungen für den zum nächsten Morgen, dem 9. März, angesetzten Stapellauf.
    Aber in dieser Nacht vom 8. zum 9. stieg unter furchtbarem Krachen eine riesige Dampfsäule aus dem Krater wohl bis 3000 Fuß in die Höhe. Offenbar hatte die Wand der Dakkar-Krypte dem Drucke der Gase nachgegeben und stürzte sich das Meerwasser in den feuerspeienden Schlund, um dort sofort in Dämpfe verwandelt zu werden. Diesen Dämpfen konnte der Krater keinen hinreichenden Austritt gewähren. Eine Explosion, die im hundertmeiligen Umkreise hörbar sein mußte, erschütterte den Luftkreis. Ganze Berge stürzten in den Pacifischen Ocean, und in wenigen Minuten wälzte sich das Meer über die Stelle, an der sich früher die Insel Lincoln ausdehnte.
Zwanzigstes Capitel.
Ein einzelner Felsen im Stillen Weltmeere. – Die letzte Zuflucht der Colonisten der Insel Lincoln. – Der Tod in Aussicht. – Unerwartete Hilfe. – Wie das zuging. – Die letzte Wohlthat. – Eine Insel mitten im Festland. – Das Grab des Kapitän Nemo.
    Ein isolirtes Felsstück von dreißig Fuß Länge und fünfzehn in der Breite, das kaum zehn Fuß hervorragte, bildete den einzigen festen Punkt, den die Wogen des Pacifischen Oceanes nicht überflutheten.
    Das war Alles, was von dem Gebirgsstock des Granithauses übrig geblieben war. Die Mauer stürzte in sich zusammen, schob sich durcheinander, und dabei hatten sich einige Felsentheile von dem großen Saale der früheren Wohnung übereinander gethürmt, und bildeten auf diese Weise jenen aufragenden Punkt.
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