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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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gefangen.
    Lucinda warf Tyler einen warnenden Blick zu, während das Pferd den Wagen an dem alten Getreidesilo vorbeizog. Der hohe, graue Holzbau sah wie ein Spukhaus aus einem Horrorfilm aus, in Wirklichkeit aber war er leer und barg das größte Geheimnis der Farm: die Verwerfungsspalte, ein Durchgang zu anderen Zeiten und Räumen, den Octavio Tinker einst entdeckt hatte. Tyler wusste nicht, was Lucinda ihm mit ihrem Blick sagen wollte, und es war ihm auch egal: Sie hatte ihre Drachen und er hatte die Verwerfungsspalte. Soweit Tyler wusste, war er der einzige Mensch auf der Welt, der sie ohne Hilfe eines Instruments in beide Richtungen unbeschadet passieren konnte. Bildete sich seine Schwester wirklich ein, er würde sich den ganzen Sommer von der Spalte fernhalten?
    Eine Menschentraube drängte zur Begrüßung zur Tür des Farmhauses hinaus auf die überdachte Veranda, und die beiden blickten in viele lächelnde, bekannte Gesichter. Noch bevor der Wagen zum Stehen gekommen war, kamen die Farmbewohner auf sie zugeeilt.
    »Da seid ihr ja! Das ist aber schön, sehr schön!«, rief Sarah, die Köchin, und wischte sich die Hände an der Schürze ab; ihre roten Backen waren noch röter als sonst. Tyler ließ sich von ihr bereitwillig umarmen, obwohl ihn die kleine, aber kräftige Frau fast zerquetschte. Als nächste kam seine Schwester an die Reihe und wurde gedrückt, bis ihr fast die Luft wegblieb. Sarah war der gute Geist des Hauses und sorgte dafür, dass es auf der alten Farm heimelig und gemütlich zuging.
    |31| Pema, eine schweigsame junge Frau aus dem Tibet vergangener Zeiten, und Azinza aus Afrika, hochgewachsen, dunkel und stolz, schlossen die Geschwister als nächste in die Arme.
    »Ihr habt uns gefehlt«, sagte Azinza. »Es war hier richtig langweilig, nachdem ihr weg wart.«
    »Aber heute war es wohl nicht so langweilig«, bemerkte Sarah mit einem Seitenblick auf Colin, der von Gideon ins Haus gebracht wurde. »Was ist mit ihm?«
    Doch bevor Lucinda antworten konnte, fielen die anderen Bewohner der Farm über sie und ihren Bruder her. Der Wikinger Ragnar, ein bärtiger blonder Großvater mit der Statur eines Profiringers, grinste wie ein Honigkuchenpferd und überraschte Tyler mit einer Umarmung, die so fest war, dass sie ihm fast die Rippen brach. Kiwa, Jeg und Hoka, die mongolischen Hirten, die von den Jenkins-Kindern »die drei Amigos« genannt wurden, warteten lächelnd mit selbstgebastelten Geschenken für Lucinda und Tyler, Armbänder, die aus langen Haaren geflochten waren.
    »Pferdehaar?«, fragte Lucinda.
    »Nicht Pferd«, sagte Kiwa, der Älteste. »Einhorn. Von Schweif, Mähne. Bleibt hängen an Zaun und Sträucher.«
    »Wow«, sagte Tyler. Mit Jegs Hilfe band er sich seines ums Handgelenk. Die geflochtenen Haare waren erstaunlich dick und schwer und glänzten wie Platindraht.
    »Ist ja irre«, sagte Lucinda, während sie ihr Armband bewunderte. »Vielen Dank!«
    Die Letzte, die vortrat, war Oola, das Mädchen, das Tyler aus der Eiszeit mitgebracht hatte, blitzsauber und in einem normalen Kleid, aber mit langen braunen Ringellocken, die aussahen, als wären sie mit neuzeitlichen Bürsttechniken nicht ganz zu bezähmen. Oola nahm Tylers Hand und drückte sie sich feierlich an die Stirn. Tyler lächelte sie an, wusste aber |32| nicht recht, was diese Geste bedeuten sollte. »Es ist schön, dich zu sehen«, sagte sie und blinzelte ihn durch ihre langen Wimpern scheu an. Da schien ihr etwas einzufallen, was sie vergessen hatte, und sie eilte in die Küche zurück. Tyler blieb stehen und wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.
    Selbstverständlich gab es zur Feier ihrer Rückkehr ein großes Festessen. Tyler fand es nur anständig, die Arbeit zu ehren, die sich die Köchinnen gemacht hatten, und sich den ganzen Abend voll und ganz dem Essen zu widmen. Der Tisch, an den er sich setzte, war gedeckt mit Brathühnchen, schön saftig unter der knusprigen Haut, Enchiladas mit selbstgebackenen Maistortillas, mehreren Salaten und großen Schüsseln voll gegrillter Artischocken und grüner Sommerbohnen. Sarah hatte außerdem eine Spezialität aus ihrer alten Heimat gekocht, Sauerbraten mit Rotkohl und Backobst. Tyler war zuerst etwas misstrauisch, doch nach einer kleinen Kostprobe tat er sich eine große Portion auf. Irgendwie schien er auf der Ordinary Farm stets noch hungriger zu sein als zu Hause.

    Am späteren Abend tischte Sarah Bier für die Erwachsenen und einen Krug mit Erdbeerlimonade für
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