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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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neben dem Strohhaufen, auf dem sie schlief, in den Betonboden des Käfigs eingelassen war. »Was ist das für ein Ding, das sie da umgeschnallt hat?«
    »Ein Geschirr«, sagte Gideon. »Das ist im Moment nötig. Sie wird bald fliegen lernen, weißt du. Ich will nicht, dass sie plötzlich über das Anwesen hinausfliegt.«
    »Das muss ihr doch lästig sein.«
    »Vermenschliche die Tiere nicht«, sagte ihr Großonkel. »Das ist immer ein Fehler.« Auf einmal knurrte Meseret, und obwohl die Drachenmutter ein gutes Stück von ihr entfernt war, spürte Lucinda das langsame, tiefe Grollen in ihren Füßen.
    »Warum machst sie das?«, fragte sie. »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
    |27| »Vollkommen in Ordnung«, sagte Gideon. »Sie hat wahrscheinlich nur Hunger.«
    Meseret hob ihren mächtigen Kopf und drehte ihn mit geblähten Nüstern hin und her, als witterte sie etwas.
    »Gideon«, sagte Colin, »vielleicht sollten wir lieber … vielleicht wäre es besser …« Es war für Lucinda nicht zu überhören, dass der ältere Junge ausgesprochen ängstlich klang. »Ich werde mal …«
    Dann war auf einmal ein lautes Geräusch zu hören, das Lucinda erschreckte, ein feuchtes Ploppen, das wie ein unter Wasser abgefeuerter Startschuss klang. Colin Needle machte einen Satz und kreischte vor Schreck und Schmerz. »Auuuu! Au, Hilfe, ist das heiß! Ich
verbrenne!«
    Lucinda wirbelte herum und sah Colin wie verrückt herumspringen und um sich schlagen. Etwas Zähes und Klebriges lief an seinem Jackett hinunter – etwas, das
qualmte.
Im nächsten Moment ging Colins Jackett in Flammen auf.
    Zum Glück war Walkwell nur wenige Meter entfernt. Der drahtige alte Grieche bewegte sich derart schnell, dass Lucinda nicht einmal dazu kam, vor Schreck aufzuschreien, als er Colin bereits das brennende Jackett vom Leib riss und es wegschleuderte. Er stieß den wimmernden Jungen zu Boden und wälzte ihn hin und her, bis er sicher war, dass dieser nirgends mehr brannte. Als die Flammen gelöscht waren, hielt er Colin noch eine Weile am Boden fest. Der schwarzhaarige Junge zitterte heftig und atmete schwer.
    »Hat er was abbekommen?«, fragte Lucinda. »Colin, alles okay?«
    »Es ist nicht so schlimm«, sagte Walkwell. »Seine Mutter wird ihm etwas für die Brandwunden geben.« Er klang nicht allzu besorgt.
    Während Walkwell und Gideon dem kreidebleichen Jungen |28| aus dem Stall halfen, schob sich Tyler an Lucindas Seite und sagte leise: »Wie’s aussieht, vergessen Drachen nicht so schnell, was? Destas Mama weiß noch genau, wer ihr Ei gestohlen hat.«
    »Sei nicht so gemein, Tyler.« Dann begriff sie, was er damit gemeint hatte. »Moment mal, du meinst Meseret? War sie das? Was hat sie gemacht?«
    »Ich vermute, Colin ist ihr vom vorigen Sommer noch gut in Erinnerung. Sie hat ihn aus sechs, sieben Meter Entfernung
angespuckt.
Ein Riesenflatsch.« Er rieb sich den Mund, um sein Grinsen zu verbergen. »Ein feuriger Rotzbollen.« In der Ferne donnerte es leise. Das Gewitter schien abzuziehen.
    Lucinda fand das gar nicht witzig. Ihr war sogar ein bisschen unbehaglich zumute: Sie hatte doch bloß freundlich sein wollen! »Der arme Colin. Er wollte den Drachen nicht zu nahe kommen, aber ich habe ihn überredet.«
    »Dem ist doch gar nichts passiert, Luce. Und verdient hat er’s auf jeden Fall. Zumindest, wenn es nach Mama Drache geht!«
    So hatte Lucinda den Sommer ganz gewiss nicht beginnen wollen.

|29|
    3
ZUM BERG ZION
    D urch ihren Abstecher zum Reptilienstall näherten sie sich der Farm nun von der anderen Seite. Tyler fand es spannend, diese Route zu fahren und zwischen den Nebengebäuden und Ställen hindurch auf die Farm zuzukommen, statt sie erst aus der Ferne von oben zu sehen. Von der Hügelstraße aus wirkten die Gebäude im Tal wie eine Flotte kunterbunt gestrichener hölzerner Raumschiffe, rot, gelb, braun und weiß, nun aber erhoben sie sich vor ihnen wie die Bauten einer gewaltigen Spielzeugstadt mit Sägezahndächern und Türmen, erbaut von betrunkenen Weihnachtswichteln mitten in einem gottverlassenen kalifornischen Tal.
    »Schau mal, Luce!«
    Seine Schwester blickte auf. »Oha«, sagte sie. »Wir sind |30| wirklich wieder da.« In der Zwischenzeit hatte sie sich um Colin gekümmert, der mit roten Augen und zusammengebissenen Zähnen neben ihnen auf der Ladefläche kauerte. Tyler glaubte nicht, dass der Typ so schlimm verbrannt war, wie er tat, denn nur ein paar kleine Stellen auf seiner Jacke hatten tatsächlich Feuer
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