Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition)
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
sah ihn durch fettige graue Haarsträhnen hindurch an, dann senkte sie den Blick. Aber die Puppe wandte sich Dave zu.
    »Hiii«, sagte sie. »Bullenbeine, heute hier, morgen dort. Knackig braune Bullenbeine. Bi-Ba-Bullenbeine.«
    »Was hast du da über Enoch gesagt?«, fragte er.
    Die Socke schien ihn mit offenem Maul anzustarren, als wäre sie über die Frage erschrocken. Ihr offenes Maul war nichts weiter als eine Falte zwischen Daumen und Fingern der alten Frau. Eine ziemlich jämmerliche Sockenpuppe, dachte er. Sie hat nicht mal Augen.
    Das Maul klappte auf und zu. »Neugier bringt den Bullen um. Klappe zu, Affe tot.«
    »Er hat Sie was gefragt, Lady«, stieß Joan hervor.
    Die Socke schauderte.
    »Lieber Himmel, Dave!«
    Dann fiel sie vornüber, als wäre sie tot.
    »Was ist mit Enoch passiert?«, fragte Dave.
    »Vorbei, vorbei, vorbei«, sang die Socke. »Bloß nix sagen. Wo war’n denn meine schönen Bullen? Zu Hause im Bett waren sie. Schluss.« Die Socke schoss nach vorn, knabberte an Daves Oberschenkel und fuhr zum Schritt hoch. Keuchend wich er zurück. Das Sockenmaul hatte den Rand seiner Shorts erwischt, musste dann aber loslassen.
    »Verdammt noch mal, Lady«, stieß Dave hervor.
    Joan klappte vor Lachen beinahe zusammen.
    Dave ging weiter, ohne noch einmal zurückzuschauen.
    Joan lief neben ihm her und lachte. »Eine erstklassige … Verhörtechnik.«
    »Sie wollte mich betatschen! «
    »Wollte sich dein bestes Stück schnappen.«
    Dave spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. »Sollen wir sie einlochen, wegen tätlichem Angriff auf einen Polizisten?«
    »Schluck’s runter, Kumpel. Du würdest nicht so dämlich lachen, wenn sie dich angefasst hätte. Lieber Himmel!« Er konnte immer noch die verdammte Socke spüren. Er rieb mit der Hand fest über seinen Oberschenkel.
    »Ich gehe nie so nah ran«, sagte Joan. »Außer vielleicht, um ihnen Handschellen anzulegen. Und dann würde ich am liebsten Gummihandschuhe anziehen. Und eine Gasmaske. Und vielleicht einen von diesen Anzügen zur chemischen Kriegsführung, wenn ich so eine anfassen müsste. Diese Typen sind widerlich. Wenn es nach mir ginge, würden wir die alle loswerden.«
    »Mach doch bei den Trolljägern mit.«
    »Wenn das unter uns bleibt: Ich würde lieber mitmachen, als sie zu erwischen. Nicht, dass eines von beiden wahrscheinlich ist. Ich hol mir jetzt einen Hotdog am Spieß. Willst du auch einen?«
    Dave starrte seine Hand an. Sie machte keinen schmutzigen Eindruck, er hatte allerdings damit seinen Oberschen kel gerieben, wo die Socke ihn berührt hatte. Aber er war hungrig. Sie waren auf Streife, seit der Vergnügungspark gegen zehn Uhr geöffnet hatte, also seit fast drei Stunden. »Bring mir einen mit, ja? Ich will mich mal schnell waschen.«
    »Nimm genug Seife. Es ist schwierig, diesen Trollschleim wieder wegzukriegen.«
    »Werd bloß nicht noch witziger, Joan. Ich glaube, das wäre nicht mehr auszuhalten.«
    Joan stellte sich in die Warteschlange an der Hotdog-Bude, und er ging zur nächsten Herrentoilette. In Funland gab es zwei Toilettenanlagen, eine an jedem Ende der Promenade. Für heute war es das sechste Mal, dass er eine von ihnen betrat.
    Bei ihrer Streife gingen sie hier regelmäßig hinein. Dave schaute in die Herrentoilette, Joan in die für Damen.
    »Wenn irgendwas Beschissenes im Gang ist«, sagte Joan oft, »dann ist das hier der richtige Ort dafür.«
    Häufig fanden sie dort herumlungernde Penner, Leute, die die verschiedensten sexuellen Vorlieben auslebten, und ab und zu Typen, die ein kleines Drogengeschäft erledigten. Heute war das bisher einzige Problem ein Wermutbruder gewesen, der in die Damentoilette gekotzt hatte. Joan hatte ihn hinausgeführt und dabei trotz der Sonnenbräune blass ausgesehen.
    Dave betrat die Herrentoilette wie immer vorsichtig. Sie war leer, mit der Ausnahme eines etwa zehnjährigen Jungen am Pissoir. Die Tür einer Kabine war geschlossen. Dave bückte sich und blickte unter der Tür durch. Nur ein paar Füße, mit heruntergelassenen Jeans darüber. Als er wieder aufstand, sah er, wie ihn das Kind über die Schulter anstarrte.
    »War’s schön heute?«, fragte Dave und ging hinüber zum Waschbecken.
    »Die Bazookas sind ganz toll!«
    Dave lächelte. »Die mag ich auch. Die Tennisbälle donnern da so richtig raus.« Er zog ein paar Papierhandtücher aus dem Spender, befeuchtete eines am Wasserhahn und rieb sein Bein damit ab.
    »Ist das eine richtige Pistole?«, fragte der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher