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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes
Autoren: Steven Erikson
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neben ihr drehte sich halb zu der Schotterpiste um. »Wir waren auf der anderen Seite«, sagte er, und in seiner Stimme schwang so etwas wie Erheiterung mit. »Wir haben gewartet, genau wie ihr.«
    Der andere kicherte. »Auf der anderen Seite, in der Tat.« Er sah die Straße entlang und hob die Arme.
    Das Mädchen sog scharf die Luft ein, als es plötzlich dunkel wurde. Ein lautes Geräusch - als würde etwas zerreißen - erfüllte für eine Sekunde die Luft, dann löste sich die Dunkelheit auf. Die Augen des Mädchens weiteten sich.
    Sieben gewaltige Hunde saßen um den Mann auf der Straße herum. Die Augen der Tiere leuchteten gelb, und alle blickten in die gleiche Richtung wie der Mann.
    Sie hörte ihn zischen: »Gierig, was? Dann los!«
    Lautlos hetzten die Hunde die Straße entlang.
    Ihr Herr drehte sich um und sagte zu dem Mann neben ihr: »Das wird Laseen ein bisschen was zu knabbern geben.« Er kicherte erneut.
    »Musst du die Dinge unbedingt komplizierter machen?«, fragte der andere müde.
    Der kleine Mann versteifte sich. »Sie sind in Sichtweite der Kolonne.« Er legte den Kopf schief. Ein Stück weiter vorn auf der Straße erklang schrilles Gewieher entsetzter Pferde. Er seufzte. »Bist du zu einem Entschluss gekommen, Cotillion?«
    Der andere grunzte amüsiert. »Da du mich mit meinem Namen angesprochen hast, Ammanas, hast du ja wohl gerade die Entscheidung für mich gefällt. Jetzt können wir sie wohl kaum noch hier lassen, oder?«
    »Natürlich können wir das, alter Freund ... sie darf nur nicht mehr atmen.«
    Cotillion blickte auf das Mädchen hinunter. »Nein«, sagte er ruhig. »Es wird schon gehen.«
    Das Fischermädchen biss sich auf die Lippe. Immer noch Riggas Kerze umklammernd, machte sie einen Schritt zurück. Ihre Blicke huschten von einem Mann zum anderen. »Schade«, sagte Ammanas.
    Cotillion nickte leicht, dann räusperte er sich. »Es wird einige Zeit dauern.«
    »Haben wir die denn?«, wollte Ammanas mit einem amüsierten Unterton wissen. »Zur wahren Rache gehört das langsame, vorsichtige Anschleichen an das Opfer. Hast du die Qualen vergessen, die Laseen uns bereitet hat? Sie steht schon mit dem Rücken zur Wand. Vielleicht wird sie stürzen, ohne dass wir etwas dazu beitragen. Wo läge dann die Befriedigung?«
    Cotillions Antwort war kühl und trocken. »Du hast die Imperatrix schon immer unterschätzt. Deshalb sind wir jetzt auch in dieser Lage ... Nein.« Er deutete auf das Fischermädchen. »Wir brauchen sie. Laseen hat sich den Zorn von Mondbrut zugezogen, und das ist so ziemlich das größte Hornissennest, das es jemals gegeben hat. Der Zeitpunkt ist perfekt.«
    Ganz schwach drangen zwischen dem angsterfüllten Gewieher der Pferde nun auch die Schreie von Männern und Frauen an das Ohr des Mädchens; die Geräusche schnitten ihr tief ins Herz. Ihre Blicke huschten zum Straßenrand, wo die leblose Gestalt von Rigga lag, und dann zurück zu Ammanas, der langsam auf sie zukam. Sie wollte fortlaufen, doch ihre Knie waren weich und zitterten. Er trat ganz nah an sie heran und schien sie sorgfältig zu mustern, obwohl die Schatten unter seiner Kapuze undurchdringlich blieben.
    »Du bist ein Fischermädchen?« Die Frage klang freundlich.
    Sie nickte.
    »Hast du einen Namen?«
    »Das reicht!«, knurrte Cotillion. »Sie ist keine Maus, mit der du spielen kannst, Ammanas. Außerdem habe ich sie ausgewählt, und daher werde ich auch ihren Namen bestimmen.«
    Ammanas wich einen Schritt zurück. »Schade«, sagte er noch einmal.
    Das Mädchen hob flehend die Hände. »Bitte«, bettelte sie, an Cotillion gewandt, »ich habe nichts getan! Mein Vater ist ein armer Mann, aber er wird Euch alles geben, was er hat. Er braucht mich, und das Garn ... er wartet bestimmt schon auf mich!« Sie spürte, dass sie sich nass gemacht hatte, und setzte sich schnell auf den Boden. »Ich habe nichts getan!« Scham stieg in ihr auf, und sie legte die Hände in den Schoß. »Bitte.«
    »Mir bleibt keine andere Wahl, mein Kind«, sagte Cotillion. »Du kennst jetzt unsere Namen.«
    »Ich habe sie noch nie gehört«, schluchzte das Mädchen.
    Der Mann seufzte. »In Anbetracht dessen, was gerade da vorn auf der Straße passiert, wird man dich ausfragen, Kind. Und zwar auf sehr unerfreuliche Weise. Es gibt nämlich Leute, die unsere Namen kennen.«
    »Du musst wissen, Schätzchen«, fügte Ammanas hinzu und bemühte sich, ein Kichern zu unterdrücken, »dass wir eigentlich gar nicht hier sein sollten. Es gibt
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