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Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Titel: Die Frau mit dem Muttermal - Roman
Autoren: H kan Nesser
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erzählen … das ist typisch. Du meinst wohl, wir sollten am besten schweigend die Abende verbringen. So hättest du es wohl gern. Ruhig und leise. Ich bin es dir nicht einmal mehr wert, dass du mit mir redest.«
    »So ein Quatsch. Nun werde nicht lächerlich.«
    »Vielleicht gibt es da ja einen Zusammenhang.«
    »Einen Zusammenhang? Was, zum Teufel, meinst du damit ?«
    »Natürlich zwischen den Telefonanrufen und dem Unfall. Du hast dir doch wohl die Autonummer aufgeschrieben?«
    Mein Gott, dachte Malik und kippte den restlichen Wein in sich hinein. Sie ist ja nicht ganz bei Trost. Reine Paranoia. Kein Wunder, dass sie sie im Hotel loswerden wollten.
    »Hast du was von Jacob gehört?«, versuchte er abzulenken, begriff aber sofort, dass der Schuss danebenging.
    »Seit zwei Wochen nicht mehr. Er ist dir einfach ähnlich, ihm fällt es überhaupt nicht ein, mal anzurufen. Er meldet sich nur, wenn er Geld braucht.«

    Glaub es nur, dachte Malik und hoffte, dass ihm sein bitteres inneres Lachen nicht anzumerken war. Er selbst hatte mit seinem Sohn in den letzten Tagen das eine und andere Mal gesprochen – ohne dass er auch nur einen Gulden hätte rausrücken müssen.
    »Ja ja«, sagte er und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab.
    »So ist die Jugend. Hast du nachgeguckt, ob heute Abend was im Fernsehen läuft?«
     
    Als der vierte Anruf kam, konnte er sich zumindest beglückwünschen, dass er ihn selbst entgegennahm. Ilse saß immer noch vor dem ungarischen Spielfilm auf Kanal 4, und im Schlafzimmer konnte er den anonymen Friedensstörer in unverblümten Worten darum bitten, sich zum Teufel zu scheren, ohne Risiko, dass Ilse ihn hören oder ahnen könnte, worum es ging. Aber zunächst stellte er fest, dass es sich tatsächlich um The Rise and Fall of Flingel Bunt handelte, danach lauschte er eine halbe Minute, bis er ein paar Drohungen von sich gab, die kaum misszuverstehen waren. Dann legte er den Hörer auf. Inwieweit es wirklich jemanden gab, der am anderen Ende zuhörte, davon konnte er sich jedoch keine richtige Meinung bilden.
    Vielleicht war ja jemand da. Vielleicht auch nicht.
    Dieses Lied?, dachte er anschließend, aber in seinem leicht überreizten Gehirn tauchte keinerlei Erinnerungsbild auf.
    »Wer war das?«, fragte seine Frau, als er wieder in die Sofaecke im Fernsehzimmer sank.
    »Jacob«, log er. »Er lässt schön grüßen und will keinen einzigen Nickel leihen.«

    5
    Am Freitag fuhr er bei Willies Garage vorbei, um sein Auto reparieren zu lassen. Gegen die feste Zusage, dass der Wagen am Abend auf jeden Fall fertig sein würde, ließ er diesen dort zurück und ging zu Fuß ins Büro. Er kam dort eine Viertelstunde zu spät an, und Wolff war bereits gegangen – um einen Vertrag mit einem neu eröffneten Hamburgerrestaurant zu besprechen, wie er erfuhr. Malik ließ sich hinterm Schreibtisch nieder und schaute die eingegangene Tagespost durch, die auf Veranlassung von Frau de Wiijs hereingebracht wurde. Wie meistens handelte es sich um irgendwelche Beschwerden oder um Bestätigungen von Abmachungen, die bereits per Telefon oder Fax getroffen worden waren, und nach zehn Minuten ertappte er sich, dass er diese verfluchte Melodie summte.
    Er hielt irritiert inne. Ging lieber hinaus und holte sich bei Frau de Wiijs einen Kaffee, wobei er ein belangloses Gespräch über das Wetter anfing. Doch es dauerte nicht lange, bis sie auf Katzen im Allgemeinen und Frau de Wiijs’ siamesische Katze Melisande de la Croix im Besonderen zu sprechen kamen. Trotz regelmäßiger Einnahme der Antibabypille und obwohl die empfindliche Dame so gut wie nie ihre Nase vor die Tür zu stecken wagte, hatte ihr Frauchen seit ein paar Wochen den starken Verdacht, dass Melisande schwanger war. In dem Viertel, in dem Frau de Wiijs wohnte, gab es eigentlich nur noch eine Katze – einen grauen, mageren alten Herumstreuner, der, soweit sie wusste, von einer kurdischen Einwandererfamilie versorgt wurde, obwohl er am liebsten Tag und Nacht seine wachen Stunden draußen verbrachte. Jedenfalls bei geeignetem Wetter. Wie es ihm gelungen war, die scheue Melisande de la Croix ausfindig zu machen, war, gelinde gesagt, ein Rätsel.
    Ein Rätsel und unerhört. Obwohl Frau de Wiijs natürlich noch nicht beim Tierarzt gewesen und ihre Vermutung bestätigt bekommen hatte. Aber alle Anzeichen deuteten zweifellos
in die gleiche eindeutige Richtung. Wie mit Bedauern gesagt wurde. Malik mochte Katzen. Früher hatten sie selbst zwei
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